Damit Verwandte die Senioren besuchen können, gibt es im ASB-Heim in Wieblingen einen neuen Pavillon. Birgit Koßmann (l.) und Arifah Genthner (r.) erklärten, wie ein Besuch abläuft. Foto: Philipp Rothe
Von Maria Stumpf
Heidelberg. Eine pfiffige Idee, ein talentierter Handwerker, ein paar Hundert Euro – und guter Wille: Mehr brauchte es nicht, damit die 50 Bewohner der Seniorenpflegeeinrichtung Wieblingen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) endlich wieder Besuch von ihren Angehörigen empfangen können und das kategorische Besuchsverbot ein wenig ausgehebelt wird. "Auch in Zeiten von Corona haben unsere alten Menschen das Recht auf Teilhabe am Leben. Wir sind doch kein Gefängnis!", erklärt Einrichtungsleiterin Arifah Genthner ihr Engagement.
Seit rund einer Woche steht im Garten hinter dem Haus ein drei auf vier Meter großer neuer Metallpavillon, einfach in der Selbstmontage, wind- und wetterfest. Darunter hat Hausmeister Gert Genthner mit Holzlamellenwänden zwei "Räume" eingerichtet, getrennt durch eine Plexiglasscheibe, nach oben zur Decke mit viel Luft dazwischen. Scherzhaft bezeichnet Birgit Koßmann von der Hauswirtschaftsleitung die Konstruktion als "Besucherbox". Auf beiden Seiten steht je eine Bank mit Kissen, Kunstrasen macht die Szenerie grün, Blumentöpfe machen sie bunt: eine Oase der Begegnung.
Die Senioren des Hauses können hier ihre Angehörigen empfangen. Die Beschäftigten der Einrichtung haben sich genau überlegt, wie der Ablauf sein muss: Angehörige melden ihren Besuch telefonisch mit genauer Zeitangabe an und kommen über einen Seiteneingang des Gartens auf das Gelände. Sie betreten das Heim nicht. Ist der Besucher in einem Teil der Besucherbox angekommen, begleiten Mitarbeiter des Hauses die mit Mundschutz ausgerüsteten alten Menschen zum Pavillon – auf die andere Seite der Plexiglasscheibe. "Wir bleiben immer dabei, das ist besonders bei Demenzkranken wichtig. So kommt es auf keinen Fall zu einem direkten Kontakt. Auch nicht in der Box", betont Birgit Koßmann.
Die Nachfrage sei sehr groß, deshalb sei der Zeitplan genau getaktet. "Pro Besuch planen wir 30 Minuten ein, mehr geht nicht." Denn bevor der nächste Gast kommt, müssen Bänke und Scheibe und alles andere im Häuschen mit einer Grundreinigung desinfiziert werden.
"Unser Besucher-Modell ist natürlich mit dem Gesundheitsamt abgestimmt", betont Arifah Genthner. "Aber wir sehen ja seit Tagen, wie viel Freude die Besuchsmöglichkeiten bereiten und wie gut es allen tut." Der Einsatz, so ist sie sich sicher, lohne sich allein schon deshalb. "Jetzt stehen die Angehörigen nicht mehr vor der Tür und brüllen zum Fenster rauf, um ihre Eltern zu sprechen." Jetzt sehen sie sich wieder von Angesicht zu Angesicht und könnten sich fast normal unterhalten. "Hand auf Hand, nur die Plexiglasscheibe dazwischen. Es sind manchmal herzzerreißende Szenen", seufzen die beiden Mitarbeiterinnen der ASB-Senioreneinrichtung. Und wünschen sich, dass ihre Idee – die Umsetzung kostete rund 600 Euro und zwei Tage Handwerkerarbeit – viele Nachahmer bei anderen Einrichtungen findet.