Das war wohl nichts: Weil Karin Katzenberger-Ruf den Salatkopf zu hoch abgeschnitten hatte, zerfiel er ihr in den Händen. Jürgen Grieser ist allerdings nachsichtig. Er weiß: Mit den Erntehelfern aus Osteuropa kann so schnell keiner mithalten. Foto: Philipp Rothe
Von Karin Katzenberger-Ruf
Heidelberg. Oh je, das war nichts: Salatkopf Nummer drei zerfällt mir unter den Fingern. Es ist einer der Sorte Lollo Bianco und ich hab wohl zuviel vom Strunk abgeschnitten. Ich hätte kurz über der Wurzel ansetzen sollen. Gerade war der Schnitt eine Spur zu tief, und die Hälfte des Wurzelballens hing am Messer. Salat zu ernten ist gar nicht so einfach. Das erfahre ich als Erntehelferin in der Gärtnerei Grieser in Handschuhsheim. Es handelt sich aber zum Glück nur um einen Selbstversuch.
Wegen der Corona-Krise werden viele Erntehelfer aus Osteuropa, auf die landwirtschaftliche Betriebe seit Jahrzehnten angewiesen sind, nicht einreisen können. Sie durch deutsche Arbeitskräfte oder arbeitswillige Asylbewerber ersetzen zu können, ist eine Option, die bundesweit von Landwirtschaftsministerien favorisiert wird.
Doch wie realistisch ist das? Wie bereits berichtet, haben sich inzwischen tatsächlich viele Interessierte bei Handschuhsheimer Gärtnereien als Saisonkräfte beworben. Sei es aus finanzieller Not, weil sie gerade ihrer Arbeit nicht nachgehen können, oder auch aus Solidarität in der Krise, um die Ernte zu retten. Sogar Studierende sind inzwischen bereit für die Arbeit auf dem Feld, für die es erst einmal nur den Mindestlohn gibt. Der ist für die Erntehelfer aus Osteuropa nach wie vor attraktiv, weil er immer noch um ein Vielfaches über dem liegt, was sie in ihrem Heimatland für vergleichbare Tätigkeiten verdienen. Dennoch leisten sie bei uns zum Teil Schwerstarbeit.
Auf dem freien Feld kann es zurzeit noch richtig kalt werden, im Folientunnel dagegen geradezu heiß. Ich bin eher der mediterrane Typ und erst ab etwa 25 Grad auf Betriebstemperatur, komme bei der Salaternte im Folientunnel trotzdem ins Schwitzen, weil ich alles richtig machen will, mich aber ziemlich ungeschickt anstelle. Für Zeitungsberichte auf der Tastatur Texte tippen, fällt mir jedenfalls leichter, als Salat zu ernten.
Schon nach einer Viertelstunde weiß ich, dass das auch körperlich anstrengend ist. Egal, ob man in der Hocke, kniend mit Knieschützern oder in gebückter Haltung arbeitet. Neun Salatköpfe mit einem Mindestgewicht von 250 Gramm kommen in eine Kiste, werden mit Wasser besprüht und mit einer Folie bedeckt. Auch das macht eine Saisonkraft. Blumenkohl zu ernten, ist auch etwas Besonderes, weil man den Kohlkopf von Blättern und Strunk befreien muss. So kommt er ins Verkaufsregal. Tomaten und Gurken "geizen" – das sind Arbeiten, für die man viel Erfahrung braucht und die parallel zur gerade begonnenen Ernte von Blattsalaten anstehen.
Jürgen Grieser kommt in dieser Saison wahrscheinlich ohne zusätzliche Helfer aus, wird sein Sortiment nun auch wieder unter der Woche an seinem Verkaufsstand an der Berliner Straße anbieten. Im Handschuhsheimer Feld gibt es mehrere gut besuchte Hofläden. Der Betrieb von Peter Schlicksupp gehört dazu. Auf zwei Hektar baut er inzwischen auch "Bleichspargel" an. Den werden voraussichtlich die Saisonkräfte aus Osteuropa ernten, die schon vor Ort sind. Wenn die Erdbeersaison beginnt, wird der Gärtnerbetrieb möglicherweise auf einheimische Erntehelfer zurückgreifen. Die sollten dann aber um sieben Uhr morgens einsatzbereit sein.
Peter Schlickssupp wirkt zuversichtlich, da sich auch bei ihm schon etliche Interessierte gemeldet haben. Ob sie auch durchhalten? Der Gärtnermeister geht davon aus, dass Ungeübte nach einem halben Tag am Limit sind. Mit dem Arbeitstempo der Erntehelfer aus Osteuropa werden sie jedenfalls sowieso nicht mithalten können.