Nur damit es fürs Foto besser rollt, ein kurzer Ausflug auf den Gehweg. Der ist für E-Scooter eigentlich tabu. Das Pflaster der Altstadt ist erkennbar nicht das Terrain des Elektrorollers. Foto: Lask
Von Daniel Bräuer
Heidelberg. Sie gelten als ein Verkehrsmittel der Zukunft: Elektro-Tretroller sollen künftig gerade Pendlern helfen, die "letzte Meile" bewältigen. Schnell und unkompliziert. Aber wie und wo? Der Bundesrat stimmt am Freitag über die entsprechende Verordnung ab. Wir haben vorab einen Scooter getestet.
> Geschwindigkeit: "Elektrokleinstfahrzeuge" dürfen laut Verordnungsentwurf bis 20 km/h fahren. Das ist deutlich schneller als zu Fuß und reicht auch, um gemütliche Radler zu überholen. Wer sportlicher fährt, ist auf dem Rad schneller. Auf der täglichen Strecke vom Stadtrand ins Zentrum, fast eben und kaum Ampeln, verliert der Scooter rund vier Minuten.
Auf asphaltierten Wegen macht der Scooter einfache Steigungen mit, wenn auch verlangsamt. Am buckeligen Kopfsteinpflaster auf die Alte Brücke hinauf als Härtestest scheitert er. Da heißt es: Schultern und tragen!
E-Scooter im Praxistest
Redaktion und Test: Daniel Bräuer / Kamera und Produktion: Reinhard Lask
> Tragbarkeit: Der Sio K1.1, den der Hersteller Uebler uns für den Praxistest überlassen hat, ist einer der schlankeren E-Scooter. Doch auch er bringt schon 8,8 Kilo auf die Waage. Immerhin lässt er sich mit etwas Übung so schnell und einfach zusammenklappen, wie man das von den Kickscootern der Kinder daheim kennt. Ein Tragegurt wäre gut.
> Fahrtechnik und Bedienung: Denkbar einfach. Ein, zwei Stöße mit dem Fuß, und der Roller rollt. Jetzt kann der rechte Daumen den Gashebel drücken, und der 250-Watt-Motor übernimmt spür-, aber kaum hörbar. Der linke Daumen bedient die Vorderbremse. Aber nur ein Knopf für An/Aus, Licht und Gangschaltung? Der Minimalismus birgt Verwechslungsgefahr! Und: Wie zeigt man vor dem Abbiegen die Richtung an? Einhändigfahren ist kippelig.
> Wo fahren? Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat den Plan aufgegeben, Modelle bis 12 km/h für Gehweg und Fußgängerzone zuzulassen. Zurecht! Konflikte wären unausweichlich, wenn Fußgänger von locker doppelt so schnellen Scootern überrascht werden. Im Praxistest wird es schon auf kombinierten Fuß- und Radwegen manchmal eng. Und eine Klingel hat der Scooter nicht! Da hilft nur: bremsen und freundlich um Platz bitten.
Hauptverkehrsstraßen sind kaum zu empfehlen - selbst in ruhigeren bleibt die nagende Ungewissheit, wie die Autofahrer den Scooter, das unbekannte Wesen, wahrnehmen. Ein Helm ist laut Verordnung übrigens keine Pflicht - aber eine Empfehlung. Dafür brauchen die Geräte wohl eine Klebeplakette als Nachweis für eine Haftpflichtversicherung.
> Gepäck: Das große Manko. Kein Gepäckträger, kein Korb. Da hilft nur ein Rucksack, wenn man zur Arbeit Unterlagen mitnimmt oder auch nur Brötchen holen will. Immerhin: Der Rücken schwitzt mangels Aktivität nicht so schnell durch wie auf dem Rad.
> Komfort: Begrenzt. Die kleinen, harten Reifen geben jeden Zweig, jeden Gullydeckel, jede durchbrechende Baumwurzel im Asphalt fast ungefiltert an die Fußsohlen weiter. So ein knochensteingepflasterter Radweg sorgt schon für ordentlich Vibration. Längeres Stehen wird auch irgendwann unangenehm.
> Neid- und Spaßfaktor: Die Kollegen gucken sehr interessiert beim Aufbau zu, probieren würde jeder gerne mal. Auf der Straße gibt’s dann eher belustigte bis verwunderte Blicke. Spaß macht es trotzdem.
> Dauer: Der Akku lädt laut Hersteller in sechs Stunden. Dann soll er für bis zu 25 Kilometer reichen. Das deckt sich etwa mit dem Praxistest. Aufhorchen lassen Berichte, dass viele Leihscooter schon nach wenigen Monaten Elektroschrott sind. Auf das getestete Modell gibt der Hersteller dagegen zwei Jahre Garantie
> Fazit: Über mehrere Kilometer bleibt der Scooter dem Fahrrad oder E-Bike unterlegen, besonders wenn es außer dem Fahrer etwas zu transportieren gibt. Seine Stärke hat er in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln, etwa der S-Bahn.
Nur: Je kürzer die Strecke zwischen Haltestelle und Haustür oder Betriebstor, desto geringer der Vorteil gegenüber einem einfachen Tretroller ohne Stromverbrauch. Oder gleich dem Gang zu Fuß.
Für den Weg zum Kino oder Theater etwa ist der Scooter dagegen wenig praktisch - mit reinnehmen geht nicht, draußen anschließen auch kaum.