Bei der Veranstaltung des AfD-Nachwuchses am 23. März 2018 war das Foyer der Heidelberg Stadtbücherei komplett voll mit Gegendemonstranten und Polizisten. Solche Szenen sollen sich nicht mehr wiederholen. Foto: Rothe
Von Anica Edinger
Heidelberg. In zwölf städtischen Räumlichkeiten wird es künftig keine Veranstaltungen von Parteien mehr geben. Das beschloss der Gemeinderat am Donnerstag mit drei Gegenstimmen. Unter den zwölf Standorten ist auch die Stadtbücherei. Ihre Räume, darunter auch der Hilde-Domin-Saal, werden in Zukunft nicht mehr an Parteien vermietet – mehr noch, sie stehen "für jegliche Veranstaltungen mit politischem Ansatz" nicht mehr zur Verfügung (RNZ vom 12. Februar).
Die Direktorin der Stadtbücherei, Christine Sass, begrüßt diese Entscheidung des Gemeinderats zur "Vermietung städtischer Räume", wie sie am Freitag gegenüber der RNZ erklärte. "Wir sind sehr erleichtert", so Sass, "insbesondere nach den letzten Erfahrungen." Damit meint sie eine Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation im März 2018, die aus dem Ruder lief. Gegendemonstranten blockierten das Foyer, es gab Rangeleien – "und wir mussten Besucher zur Hintertür herausschleusen", erinnert sich Sass. Das widerspreche dem Anspruch der Stadtbücherei, eine Einrichtung für die Bürger, Familien mit Kindern und für ältere Menschen zu sein.
Auch Finanzbürgermeister Hans-Jürgen Heiß, der die Verwaltungsvorlage gemeinsam mit dem Liegenschaftsamt ausarbeitete, erklärt: "Wenn sich im Treppenhaus der Stadtbücherei verängstigte Kinder an wütenden Demonstranten vorbeiquetschen müssen, ist das nicht akzeptabel." Manche Häuser verkrafteten kontroverse politische Veranstaltungen einfach nicht, das habe die Bewertung der Stadt hinsichtlich ihrer Räumlichkeiten in den letzten beiden Jahren gezeigt.
Dennoch wollten die Linken per Antrag die Stadtbücherei doch noch für politische Gruppierungen außer Parteien öffnen – "damit etwa Friedensgruppen dort Veranstaltungen machen können", erklärte Linken-Stadträtin Sahra Mirow. Mehrere Gruppen hatten sich vor der Gemeinderatssitzung über den drohenden Wegfall der Stadtbücherei als Veranstaltungsort beklagt, unter anderem das Friedensbündnis, das Nicaragua-Forum oder auch die Palästina/Nahost-Initiative. Der Antrag scheiterte knapp.
Dagegen beschlossen die Stadträte auf Antrag der SPD eine Art Selbstverpflichtung, die Mieter von städtischen Räumen künftig unterschreiben müssen. Darin soll es laut SPD-Antrag unter anderem heißen: "Die mietende Partei ist nicht berechtigt, die Mieträume zur Durchführung von Veranstaltungen zu nutzen, auf denen verfassungs- oder gesetzeswidriges Gedankengut dargestellt und/oder verbreitet wird." Außerdem sollen die Mieter per Unterschrift versichern, "dass die Veranstaltung keine rassistischen, antisemitischen, extremistischen oder antidemokratischen Inhalte haben wird". Doch Oberbürgermeister Eckart Würzner ließ nach der Abstimmung zu Protokoll geben: "Der OB wird das nicht überprüfen." Das könne die Verwaltung schlicht nicht leisten.