Von Denis Schnur
Heidelberg. "Eine Redaktion ist eine Arbeits-Gruppe. Hier arbeiten verschiedene Personen zusammen. Eine Redaktion macht Nachrichten. Zum Beispiel für eine Zeitung, eine Internetseite, eine Radiosendung."
Was ein wenig nach "Sendung mit der Maus" klingt, stammt von einem mehrfach ausgezeichneten Nachrichtenportal: "Einfach Heidelberg e.V." hat sich zum Ziel gemacht, Informationen aus der Stadt in "Leichter Sprache" im Internet zu verbreiten. Das heißt, dass sich in den Texten keine längeren und komplexen Sätze finden und kaum Fach- oder Fremdwörter. Damit sollen sie auch für jene verständlich sein, die sonst kaum lesen können. Im RNZ-Interview erklärt der Vereinsvorsitzende Moritz Damm (34), warum "Leichte Sprache" trotzdem schwierig ist.
Herr Damm, die Internetseite einfach-heidelberg.de ist nun fast zwei Jahre online. Wer liest sie?
Wir haben im Durchschnitt rund 5000 Besucher im Monat, das ist ganz ordentlich für unsere kleine Seite. Zum Teil sind das Menschen mit einer Behinderung oder mit Lese- und Lernschwierigkeiten. Unser Angebot ist aber auch wichtig für Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen oder es erst lernen. Sie haben alle ein Interesse an Informationen, sie wollen mitreden. Und sie haben ein Recht darauf.
Und worüber informieren die sich dort?
Vor allem über lokale Themen - Stadtpolitik, Sport, Veranstaltungen. Als ich mich vor wenigen Jahren mit leichter Sprache auseinandergesetzt habe, habe ich gemerkt: Es gibt schon viel, aber vor allem zu sozialen Themen. Ein nachrichtliches Angebot habe ich nicht gefunden, schon gar nicht lokal.
Sehen Sie sich in Konkurrenz zu herkömmlichen Medien?
Nein, überhaupt nicht. Wir machen das ja komplett ehrenamtlich und haben überhaupt kein kommerzielles Interesse. Außerdem sprechen wir Menschen an, die mit herkömmlichen Medienangeboten nicht so gut zurechtkommen.
Etwa ein Artikel erscheint pro Woche. Wer entscheidet, worum es da geht?
Das machen wir alle gemeinsam in unserer Redaktion. Da sitzen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Unterstützt werden wir von Studierenden der Pädagogischen Hochschule, mit der wir eng kooperieren. Wie andere Medien auch fragen wir da: Was ist Euch aufgefallen? Was interessiert Euch? Wenn wir Themen gefunden haben, kümmern sich Arbeitsgruppen darum, recherchieren, schreiben Texte, machen Fotos. Das Besondere bei uns ist, dass wir nicht Nachrichten für Menschen mit Behinderung machen, sondern dass sie bei uns ganz selbstverständlich Teil der Entstehung der Nachrichten sind. Wobei diese Unterscheidung bei uns keine Rolle spielt: Bei uns kann jeder mitmachen und jeder bekommt die Unterstützung, die er braucht. Das gibt es in dieser Form sonst nicht.
Weshalb Ihr Verein schon zwei Auszeichnungen bekommen hat.
Genau, wir wurden vom Landesverband der Lebenshilfe als inklusives Projekt ausgezeichnet und vom Netzwerk Recherche für unsere journalistische Arbeit. Die Preise zeigen auch unser Selbstverständnis: Teilhabe umsetzen und redaktionelle Arbeit unter Einhaltung journalistischer Standards.
Wie finanziert sich das Projekt - außer durch Preisgelder?
In erster Linie durch Mitgliedsbeiträge, Förderer und Spenden. Außerdem gab es eine Anschubfinanzierung der Klaus-Tschira-Stiftung. Die Preise haben zudem dazu geführt, dass Manfred Lucha auf uns aufmerksam wurde. Sein Sozialministerium fördert nun zwei Projekte bei uns: Workshops, in denen wir gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule zeigen, wie man Nachrichten in Leichter Sprache schreibt, und für das Thema sensibilisieren. Und ein Projekt, indem wir unsere Webseite an ähnliche Initiativen weitergeben. Schließlich haben wir mit viel Aufwand eine barrierearme Online-Infrastruktur aufgebaut: Unsere Seite hat etwa eine Wörterbuchfunktion für schwierige Begriffe und eine Vorlesefunktion.
Sodass es bald viele "leichte" Nachrichtenseiten gibt?
Ja, wir finden unsere Idee immer noch gut und wollen, dass sie weitergetragen wird. Es gibt auch schon Initiativen in anderen Städten, die sich für unser Modell interessieren und mit denen wir kooperieren wollen. Wer daran - oder an einer Mitarbeit - Interesse hat, kann sich per E-Mail an info@einfach-heidelberg.de melden.
Info: Das Amt für Chancengleichheit lädt am Mittwoch, 2. Mai, um 15 Uhr zur Veranstaltung "Inklusiv. Informativ. Menschen mit Behinderungen in den Medien" ins Forum am Park, Poststraße 11, ein. Neben Moritz Damm spricht dann auch die Journalistin Andrea Schöne vom Projekt "Leidmedien".