Das Heidelberger Rathaus. Foto: RNZ-Archiv
Von Anica Edinger
Heidelberg. Für die Demokratie war die jüngste Sitzung des Gemeinderats keine Sternstunde - so sehen es jedenfalls die Stadträte der Linken und der Bunten Linken. Denn am vergangenen Donnerstag wurde nicht nur der Mieterbeirat der städtischen Wohnungsgesellschaft GGH abgeschafft, sondern auch die Wahl des Ausländer-/Migrationsrates (AMR). Dagegen stimmten lediglich Sahra Mirow und Bernd Zieger (Die Linke) sowie Hilde Stolz und Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke), Michael Pfeiffer von der Grün-Alternativen Liste enthielt sich.
Statt einer Wahl werden die AMR-Mitglieder ab sofort vom Gemeinderat berufen. So soll aus dem AMR eine Art Expertengremium ähnlich wie in Mannheim werden, auf das man sich bewerben kann, wenn man bestimmte Kriterien erfüllt.
Die Stadträte ziehen mit ihrer Entscheidung nicht nur die Konsequenz aus der niedrigen Wahlbeteiligung (2,7 Prozent) bei der letzten AMR-Wahl im Juni 2014, sondern auch aus einem schon monatelang anhaltenden Streit in dem Gremium. Eskaliert ist er bei der Planung des letzten Interkulturellen Festes im Sommer 2017. Dabei war vieles schief gelaufen, unter anderem sagte einzelne Vereine kurzfristig ihre Teilnahme ab, außerdem nahmen nur vereinzelt Mitglieder des AMR selbst teil. Daraufhin entzündete sich eine gremieninterne Auseinandersetzung um den Vorsitzenden Michael AlliMadi, der für das misslungene Interkulturelle Fest verantwortlich gemacht wurde. Seine Kritiker forderten als Konsequenz daraus seinen Rücktritt. Doch den lehnt AlliMadi vehement ab. Zudem ist eine Abwahl nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum möglich - aber auch dafür bekommen die Kritiker nicht die nötige Mehrheit zusammen. Und: Auch Vorstandswahlen kommen nicht zustande, da AlliMadis Kritiker nicht bereit sind, einen solchen unter seiner Leitung zu wählen.
Das Ergebnis: Seit Monaten boykottieren einige Mitglieder die Sitzungen, oftmals ist der Rat gar nicht beschlussfähig. Außerdem setzte in den vergangenen Wochen eine Austrittswelle aus dem AMR ein, auch in der Sitzung des Gemeinderats segneten die Stadträte das Ausscheiden von zwei Mitgliedern ab, nachdem bereits im April drei Aktive das Gremium verlassen hatten. Aktuell setzt sich der AMR nun aus 13 stimmberechtigten Mitgliedern zusammen, normalweise ist vorgesehen, dass es 20 sind. Und: Die Liste der Nachrücker ist langsam erschöpft.
"Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung haben den AMR immer unterstützt - doch jetzt hat er sich selbst abgeschafft", resümierte CDU-Stadtrat Matthias Kutsch. Daher müsse man nun konsequent sein - und handeln. Auch Kathrin Rabus (Grüne) meinte: "Es scheint eine Sackgasse zu sein." Daher werde ihre Fraktion für das Berufungsverfahren stimmen - "auch, wenn wir uns schwergetan haben". Anders sah das Sahra Mirow: "Nur, weil jetzt etwas nicht rund läuft, müssen wir doch nicht gleich ein ganzes System abschaffen." Und Hilde Stolz fand: "Wir sollten noch einmal wählen und dann weiter schauen." Abschließend gab Simone Schenk (Freie Wähler) "allen, die sich schwertun", eine Empfehlung: "Besuchen Sie einmal eine AMR-Sitzung."