Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Lösung der Verkehrsprobleme haben für den Bezirksbeirat Bergheim oberste Priorität. Ohne einen Beschluss zu diesem Themenkomplex, der auch umsetzbar sein muss, dürfe im Neuenheimer Feld kein neues Baurecht geschaffen werden. Dies ist der wichtigste Beschluss, den die Stadtteilvertretung am Mittwoch im Dezernat 16 gefasst hat. Das Votum war einstimmig, auch Bürgermeister Hans-Jürgen Heiß, der die Sitzung leitete, stimmte dafür.
Zuvor wurde fast drei Stunden lang darüber diskutiert, wie es im Masterplanprozess weitergehen soll. Annette Friedrich, Leiterin des Stadtplanungsamtes, stellte noch einmal die Idee von Stadt, Land und Universität vor, in der anstehenden Konsolidierungsphase mit dem Planungsteam Astoc weiterzuarbeiten. Dieses Büro habe die Fragen des Städtebaus und der Freiräume bislang am besten geklärt.
Wie auch schon im Bezirksbeirat Wieblingen gab es in Bergheim dagegen Widerstand. Rätin Marion Weber (Bunte Linke/Linke) stellte den gemeinsamen Antrag aus der Mitte aller vier beteiligten Stadtteilvertretungen vor. Demnach sollten die Teams Astoc und Kerstin Höger, die besonders von den Naturschutzverbänden und den Stadtteilvertretern im Forum favorisiert wird, gemeinsam an einer Lösung für das Neuenheimer Feld arbeiten.
Sowohl Heiß als auch Friedrich betonten hingegen, dass mit dem jetzt anstehenden Beschluss, noch keine Festlegung auf ein Verkehrskonzept anstehe. "Beim Themenfeld Mobilität gibt es noch erheblichen Nachbearbeitungsbedarf", gibt Heiß zu; "Da sollten wir geduldig sein." Doch Dieter Teufel vom Umwelt-Prognose-Institut, der auch als lokaler Experte in den Masterplanprozess eingebunden ist, sah dies anders: Die Festlegung auf ein Planungsteam zu diesem Zeitpunkt habe in zwei Punkten sehr wohl etwas mit einer Zunahme des Autoverkehrs zu tun. Und zwar wolle Kerstin Höger die Bruttogeschossfläche im Neuenheimer Feld nur um 70 Prozent erhöhen, Astoc jedoch um 132 Prozent. Eine stärkere Bebauung ziehe natürlich auch mehr Verkehr an. Und auch bei der Idee, mehr Wohnraum im Neuenheimer Feld zu schaffen, damit weniger Beschäftigte der Kliniken und wissenschaftlichen Einrichtungen pendeln müssen, habe Höger in den Augen von Teufel die Nase vorn. Sie stelle dafür 86 000 Quadratmeter zur Verfügung, Astoc nur 71 000. Hinzu komme, dass Astoc dafür auch noch das umstrittene Gewann Hühnerstein nutzen wolle. Dieses soll aber nach dem Willen von Stadt und Uni erst bebaut werden, wenn im Neuenheimer Feld alle anderen Kapazitäten ausgeschöpft sind. Als Stadtrat Sören Michelsburg (SPD) den Antrag stellte, mehr Wohnungen im Neuenheimer Feld zu bauen, ohne den Hühnerstein dafür zu nutzen, fand dies im Bezirksbeirat mit neun zu eins Stimmen daher eine deutliche Mehrheit.
Der Bezirksbeirat stimmte auch dafür, nicht nur auf das Team Astoc zu setzen, sondern auch weiterhin die anderen Planungsteams mit einzubeziehen. Noch mehr interessierten sich die Stadtteilvertreter aber für den Verkehr. Folgende Varianten sollen im weiteren Masterplanprozess geprüft und auch in den gesamtstädtischen Kontext gesetzt werden: Eine Fuß- und Radbrücke von Wieblingen ins Neuenheimer Feld mit Anbindung an einen "Mobilitätshub" am S-Bahnhof Pfaffengrund/Wieblingen, wo zum Beispiel Leihräder oder E-Scooter angemietet werden können. Eine Straßenbahn-Brücke, über den Neckar, mehrere Varianten einer Straßenbahn innerhalb des Neuenheimer Feldes, so zum Beispiel eine Stichstrecke von der Berliner Straße über die Tiergartenstraße bis zum Sportzentrum Nord und ein Campusring nördlich der Straße "Im Neuenheimer Feld" sowie eine Seilbahn von Pfaffengrund-Wieblingen über den SRH-Campus hin zum Uni-Gelände. Zudem soll auch eine Variante ohne Neckarquerung geprüft werden.
Zur Brücke gibt es in Bergheim unterschiedliche Ansichten. Carsten Funck (CDU) etwa meinte, dass Bergheim der Stadtteil sei, der am meisten durch eine neue Neckarquerung entlastet würde. Dies sah auch Jo-Hannes Bauer (GAL) so. Er sagte aber auch: "Bis eine Westanbindung kommt, könnte es Jahrzehnte dauern." Für eine Überbauung des Flora-Fauna-Habitats am Wieblinger Altneckar gebe es hohe juristische Hürden. Daher wäre ihm eine Verkehrslösung ohne Neckarquerung am liebsten. Er sieht auch eine Seilbahn kritisch, da sie ebenfalls einen hohen Flächenverbrauch mit sich bringe.
Info: Der Bezirksbeirat Handschuhsheim diskutiert am Donnerstag, 19. März, 18 Uhr im Neuen Sitzungssaal des Rathauses über den Masterplan.
Update: Donnerstag, 12. März 2020, 20.15 Uhr
Die Angst vor der Brücke in Heidelberg-Wieblingen
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Anders als die Stadt, die Universität und das Land wollen sich die Bezirksbeiräte im Masterplanprozess für das Neuenheimer Feld noch nicht auf den Entwurf des Planungsteams Astoc festlegen (siehe Hintergrund). Die Stadtteilvertretung in Wieblingen war die erste von vieren, die sich nun im Vorfeld der entscheidenden Gemeinderatssitzung im Mai mit den bisherigen Entwürfen beschäftigte. Knapp 100 Zuhörer waren in das Evangelische Gemeindehaus gekommen, wo die Sorge vor einer Fünften Neckarquerung die mehr als dreistündige Diskussion beherrschte.
"Alle vier Planungsteams erachten eine Westanbindung für notwendig", betonte Bürgermeister Jürgen Odszuck, der die Sitzung leitete. Aber eine, die dem Umweltverbund diene; eine Autobrücke sei vom Tisch. Geprüft werden sollten nur noch eine schmale Fuß- und Radbrücke, eine Brücke für die Straßenbahnen oder Busse und eine Seilbahn. "Die Idee der Seilbahn könnte in der sehr verfahrenen Situation hinsichtlich ihrer Funktionalität und einer möglichen Konsensfindung der Brückenschlag sein", hofft Odszuck.
Auch wenn die Frage der verkehrlichen Anbindung des Neuenheimer Felds noch nicht abschließend geklärt ist, ist in den Augen der Projektträger der Astoc-Entwurf hinsichtlich des Städtebau- und des Freiraum-Konzepts am überzeugend-sten. Annette Friedrich, Leiterin des Stadt-planungsamts, lobte, dass der Entwurf klare Raumkanten vorweise. "Und wir wollen die Idee der Campusmitte mit einem großen Platz gerne aufgreifen." Astoc nehme mit seinem Cluster-Konzept auch Rücksicht auf unterschiedliche Nutzungen im Neuenheimer Feld. Im Konzept sind einzelne Quartiere mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Forschung, Medizin oder Technologiepark vorgesehen.
Der Städtebau und die Freiräume interessierten den Bezirksbeirat Wieblingen jedoch nur am Rande. Viel wichtiger war ihm der Verkehr. Und in diesem Punkt ist die Beschlussvorlage der Verwaltung in den Augen der Stadtteilvertreter noch zu vage. Darin heißt es: Verschiedene Straßenbahn-Varianten sollen weiter geprüft werden, zudem die Neckarbrücke oder die Seilbahn. Weitere Gutachten zu den Auswirkungen sollten dazu Klarheit bringen.
Für Regine Buyer (GAL) besteht das Hauptproblem darin, dass jetzt schon über konkrete Entwürfe diskutiert wird, ohne dass ein schlüssiges Verkehrskonzept vorliegt. Ein Zuhörer äußerte die Sorge, dass eine Festlegung auf Astoc gleichzeitig den Bau einer neuen Neckarbrücke bedeute. Denn dieses Team hatte die Neckarquerung seit Beginn des Masterplanprozesses in seinen Entwürfen mit drin. Buyer betonte hingegen, dass eine Brücke über das Flora-Fauna-Habitat und das Naturschutzgebiet Altneckar nur zulässig sei, wenn alle anderen Möglichkeiten zur Verkehrserschließung ausgeschöpft seien. "Es darf keine breite oder schmale, nicht einmal eine gehäkelte Brücke gebaut werden", so Buyer. Der Altneckar sei zum Beispiel ein wichtiger Rückzugsort für Zugvögel aus Skandinavien. Einige Wieblinger fürchteten zudem, dass eine neue Verbindung zwischen ihrem Stadtteil und dem Neuenheimer Feld nur noch mehr Autoverkehr anziehen könnte. "Man darf die Verkehrsprobleme nicht an die Peripherie verlagern", so Elsa Becke (Bunte Linke).
Ein gemeinsamer neunseitiger Antrag mit Bezirksbeiräten aus Bergheim, Neuenheim und Handschuhsheim fand in der ersten Sitzung in Wieblingen eine große Mehrheit. So soll nicht nur Astoc, sondern auch das Team Kerstin Höger an den weiteren Entwürfen für den Masterplan arbeiten. Höger sieht nämlich als einziges Team kaum einen Nutzen in einer neuen Neckarquerung. Der Bezirksbeirat forderte auch, dass neben den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Straßenbahnlinien im Neuenheimer Feld auch über eine Weiterführung bis Patrick-Henry-Village nachgedacht werden müsse. Und vor allem solle auch eine Mobilitätsvariante ohne Fünfte Neckarquerung geprüft werden.
Info: Der Bezirksbeirat Bergheim diskutiert am Mittwoch, 11. November, ab 18 Uhr im Dezernat 16 zum Thema.