500 Leih-E-Scooter von „Tier“ gibt es derzeit in Heidelberg. RNZ-Praktikant Florian Richter, der vor der Stadtbücherei einen Roller ausprobierte, ist skeptisch: „Zur Mobilitätswende tragen diese Dinger jedenfalls nichts bei.“ Foto: Rothe
Von Anica Edinger
Heidelberg. Sie werden mehr: Voraussichtlich ab April wird es in Heidelberg rund 400 weitere elektronische Tretroller geben. Das berichtete jetzt Thomas Raab vom städtischen Amt für Verkehrsmanagement gegenüber der RNZ.
Die irische Firma "Zeus" steht in den Startlöchern. Eigentlich wollte das Unternehmen am 17. März – dem irischen Nationalfeiertag "St. Patrick’s Day" – in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen mit ihren Rollern auf den Markt. Doch dann kam das Coronavirus. "Das hat das Geschäft und den Fortschritt um fünf bis sechs Wochen verzögert", heißt es aus Irland auf RNZ-Anfrage. "Im späten April" werde man deshalb voraussichtlich so weit sein, bestätigt das Unternehmen. Und auch der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) erklärt: "Wir sind bereit für den Start der ,Zeus‘-Roller", so ein Sprecher.
Die "Zeus"-E-Scooter funktionieren genauso wie die des Anbieters "Tier", die es seit 1. August in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen gibt. Das heißt: Zum Ausleihen installiert man eine App auf seinem Smartphone, registriert sich dort einmal – und leiht so die Roller für die gewünschte Strecke und Fahrtdauer aus. Bezahlt wird pro Minute. Nachts werden die Roller von den Firmen eingesammelt, am Morgen wieder verteilt.
Es gibt auch bei "Zeus" Zonen, die mit den Rollern nicht befahren werden dürfen – in Heidelberg etwa die Hauptstraße. Genau wie bei den "Tier"-Rollern gibt es auch mit "Zeus" vonseiten des VRN eine Kooperation. Das heißt: Kunden mit Jahres- oder Halbjahreskarten bekommen Vergünstigungen für die Roller, die zudem als Verkehrsmittel auch in der VRN-Fahrplanauskunft auftauchen.
Der Unterschied zu "Tier"-Rollern: "Sie haben drei Räder", berichtet Raab. Er ist beim Verkehrsmanagement so etwas wie der E-Scooter-Beauftragte, arbeitet eng mit "Tier" und mit "Zeus" zusammen. Beschwerden aus der Bürgerschaft landen so stets bei ihm auf dem Tisch – und gerade in den ersten Monaten waren das viele.
Einige beklagten, dass die neuen Roller falsch abgestellt würden, Nutzer rücksichtslos auf den Straßen unterwegs seien, auf Gehwegen und in verbotenen Zonen fahren würden. Aber: "Die Lage hat sich beruhigt", sagt Raab. Zwar gebe es noch immer Beschwerden – "aber bei Weitem nicht so viele wie über Radfahrer", so Raab.
In letzter Zeit beschwerten sich Heidelberger in Hinblick auf die E-Scooter insbesondere über den Lärm, der bei den nächtlichen Einsammelaktionen verursacht würde. Die Roller werden nachts mit Lkws abgeholt, ihre Akkus geladen und am nächsten Morgen wieder ausgeteilt. Auch klimatechnisch sorgt diese Vorgehensweise bundesweit immer wieder für Kritik. Raab weiß aber aus erster Hand, dass "Tier" an einer klimafreundlicheren Lösung arbeitet. "Ziel ist, dass die Tretroller auf der Straße bleiben und nur die Akkus ausgetauscht werden." Das wäre natürlich eine Verbesserung, meint Raab.
Erst im Oktober war er beim Bund-/Ländertreffen des Verkehrsministeriums in Berlin – wo es auch um die neuen E-Scooter ging. Er habe sich dort dafür eingesetzt, dass ein Bundesgesetz erlassen werde, wonach die Roller unter eine Sondernutzung fallen. "Denn momentan können wir es nicht begrenzen", sagt Raab.
Das heißt: Theoretisch könnte jeder Anbieter seine Roller im Stadtgebiet abstellen und vermieten. Das wolle die Stadt aber mit allen Mitteln verhindern – "damit wir hier nicht so eine Überflutung haben wie in Berlin". Dort gebe es aktuell 16.000 E-Scooter.
Klar sei aber auch: "Die Nachfrage nach den Rollern ist da." Im Dezember habe es 1100 neue Registrierungen gegeben, berichtet Raab, "es wächst also". 500 "Tier"-Roller gibt es derzeit in Heidelberg. Wo diese wann abgestellt werden, wie lange und wie häufig sie ausgeliehen werden: Über all das weiß Raab Bescheid. "Wir bekommen Karten und Zahlen von ,Tier‘", erklärt Raab.
Deshalb weiß er auch: "Seit Beginn im August gab es insgesamt 242.000 Fahrten. Die Ausleihzeit beträgt im Durchschnitt 7,9 Minuten." Besonders häufig benutzten die Menschen die E-Roller, um etwa vom Hauptbahnhof zum Bismarckplatz, generell in Richtung Altstadt oder auch zum S-Bahnhof Weststadt/Südstadt zu fahren. Im Neuenheimer Feld – wo die Verkehrssituation seit Jahren prekär ist – könne Raab dagegen keine "Verdichtung von Rollern" feststellen.