Abt Winfried (l.) stellte sich im Mehrgenerationenhaus den Fragen von Andreas Brauneisen (Mitte) und Klaus Cremer. Foto: hen
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Abt Winfried hatte einen denkbar schwierigen Start: Kaum dass er vor zwei Jahren die Leitung des Stifts Neuburg antrat, hagelte es Schlagzeilen: Prozesse mit den Pächtern der Landwirtschaft und der Gastronomie, auch in Ziegelhausen gab es unterschiedliche Meinungen, was denn von dem neuen Kurs im Kloster zu halten ist. Wer ist dieser Mann, der vor 53 Jahren als Reinhold Schwab in Fulda geboren wurde? Im Rohrbacher Mehrgenerationenhaus stellte er sich den Fragen von Hausleiter Klaus Cremer und Andreas Brauneisen - und nach über einer Stunde intensiven Gesprächs muss man sagen: Abt Winfried ist ein ziemlich offener und auch humorvoller Mensch, der mitten im Leben steht - und macht mitnichten den Eindruck, als sei er nach Heidelberg gekommen, um hier mal ordentlich aufzuräumen.
Denn, auch das gehört zur Wahrheit: Abt Winfried erbte den Streit auf dem Kloster, als er am 8. März 2016 seinen Dienst antrat - übrigens als jüngster der insgesamt elf Benediktinermönche, die am Hang bei Ziegelhausen leben. Damals ging der Rechtsstreit schon in die zweite Runde: "Ich hatte also damit nichts zu tun." Und seitdem habe er sich mit seinen Mitbrüdern auch keineswegs von der Stadtgesellschaft isoliert: "Schauen Sie sich bei uns um: Da wurde keine Mauer höher gebaut, es wurde auch nirgendwo Stacheldraht aufgesetzt. Wir haben also nicht die Absicht, uns hinter hohen Klostermauern einzuigeln."
Und er nahm auch die Ängste, dass es nach der Kündigung der Pachtverträge mit Landwirtschaft und Gastronomie nicht mehr weitergehe: "Das wird alles weitergeführt." Allerdings wollen die Mönche nun eigene Akzente setzen, denn nach der Benediktinerregel gehöre zum Beten auch das Arbeiten. Angesichts des hohen Altersdurchschnitts von 73 Jahren im Kloster könne man das aber nicht aus eigener Kraft stemmen: "Dazu brauchen wir schon Personal." Aber man wolle auch "neue Perspektiven für neue Brüder" schaffen und gleichzeitig das Kloster wieder als spirituellen Ort neu etablieren - und nicht nur als Ausflugsgaststätte samt Adventsmarkt.
Dazu gehört auch, dass man offen ist für Gäste ("Wir sind aber kein Hotelbetrieb, man muss sich auf unser geistliches Leben einlassen"), auch zu den Gottesdiensten vom frühen Morgen bis zum Abend ist jeder eingeladen: "Wenn Sie sich um 6.15 Uhr langweilen, kommen Sie einfach hoch zu uns."
Für die Weltoffenheit des 53-Jährigen spricht auch, dass er ein Spätberufener ist: "Ich hätte mir mit 18 Jahren nicht vorstellen können, in einem Kloster zu leben." Er stammt aus einem katholisch-liberalen Elternhaus - er war noch nicht einmal Ministrant -, ging nach Heidelberg, um Jura und Geschichte zu studieren, sein Berufswunsch war Bibliothekar. 1995 kam er zum österreichischen Benediktinerstift Admont mit seiner weltgrößten Klosterbibliothek ("das achte Weltwunder") - und trat dann in den Orden ein: "Ich dachte, ich probiere es mal, Du kannst dann ja immer noch weggehen. Und seit 23 Jahren habe ich keinen Grund gefunden wegzugehen. Ich war also nie gezielt auf der Suche nach einem passenden Kloster."
Und wieso sprach Abt Winfried - ganz offensichtlich ein guter "Kommunikator" - bisher nie öffentlich ein klares Wort zur Zukunft des Klosters und seiner Landwirtschaft oder Gastronomie? Das lag am Rechtsstreit, der nun weitgehend entschieden ist - zugunsten des Stifts. Aber er war nicht aus Ängstlichkeit so zurückhaltend: "Ich spreche ungern über andere Beteiligte in einer solchen Situation." Das hat vor allem mit einer Regel des Heiligen Benedikt zu tun, wie man Konflikte regeln sollte: "Am wichtigsten ist die Rücksichtnahme, man muss zuerst an den Nächsten denken und sein Diener sein."