Heidelberg. (hob) Direkt nach der Urteilsverkündung kochten am Mittwoch im Gerichtssaal die Emotionen hoch. Zwei Jahre ohne Bewährung wegen räuberischer Erpressung und Diebstahls lautete das Urteil des Jugendschöffengerichts Heidelberg gegen einen 22-Jährigen, der bereits zuvor in Untersuchungshaft saß. Doch just als er von einem Justizwachtmeister wieder in Fußfesseln in den Zellentrakt des Gerichts zurückgeführt werden sollte, war der 18-jährige Bruder des Angeklagten im Zuschauerraum nicht mehr zu bändigen: Der Jugendliche sprang über die Balustrade und rannte auf den Verurteilten zu, um diesen zu umarmen.
Ein Justizwachtmeister stellte sich dem 18-Jährigen in den Weg und wies ihn darauf hin, dass Kontaktaufnahmen zwischen Besuchern und Gefangenen nicht gestattet seien. Der Bruder des Angeklagten stieß aber den Beamten mit voller Wucht zur Seite. Er beleidigte die Richter und weitere Justizbedienstete und forderte die anderen Verwandten und Besucher im Saal auf, sich mit dem Verurteilten zu solidarisieren.
Zu einer Gefangenenbefreiung kam es jedoch nicht. Während der Angeklagte von den Wachtmeistern in den Zellentrakt gebracht wurde, brachten die Angehörigen des Aggressors diesen aus dem Saal und dem Justizgebäude. Die Staatsanwaltschaft veranlasste daraufhin, ihn unverzüglich festzunehmen.
Am Donnerstag wurde er der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die Haftbefehl wegen des Verdachts der Beleidigung und des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erließ. Es bestehe Fluchtgefahr, daher müsse der junge Mann ins Gefängnis. Die beiden Brüder sitzen nun in unterschiedlichen Einrichtungen. Der attackierte Justizwachtmeister blieb nach Angaben einer Behördensprecherin unverletzt.
Der 22-Jährige wurde verurteilt, weil er zusammen mit den beiden Mitangeklagten am 4. Februar 2017 in der Unteren Straße ein Handy entwendet hatte. Als dessen Eigentümer den Diebstahl bemerkte und die Rückgabe des Telefons forderte, wurde er tätlich angegangen. Durch die Schläge und Tritte erlitt er Prellungen und Hämatome.