Erdbeeren, Gemüse, Salat und Kartoffeln – seit seiner Gründung Mitte der Achtzigerjahre hat die Familie das Sortiment des Hofladens ständig erweitert. Von links nach rechts: Carina, Reiner, Stefan und Ingrid Spieß. Foto: Philipp Rothe
Von Joris Ufer
Heidelberg. Gemüse aus eigenem Anbau, selbst gebackenes Brot und eingemachte Spezialitäten – regionale Lebensmittel und gesundes Essen liegen voll im Trend. Die RNZ stellt in diesem Sommer Heidelbergs Hofläden vor – und zeigt, was sie besonders macht. Heute: der Gemüsehof Spieß im Aussiedlerhof Neurott.
> Was gibt es hier? Was frisches Obst und Gemüse angeht, führt der Hofladen von Familie Spieß beinahe alles, was auch ein Supermarkt verkauft. Alleine über 40 verschiedene Gemüsearten haben sie im Angebot: unter anderem Paprika, Auberginen, Fenchel, Gurken, Zucchini und zehn Sorten Kohl, von Brokkoli bis Blumenkohl. Dazu kommen Fleisch und Wurst, Käse, Kartoffeln, Erdbeeren und einiges mehr. Jeden Freitag backt Ingrid Spieß frisches Brot. Auch Sauerkraut und eingelegte Gurken stellt die Familie selbst her. Wegen der gestiegenen Nachfrage wurden ebenfalls einige importierte Südfrüchte ins Sortiment aufgenommen.
> Was ist das Besondere? "Alles, was wir nicht selbst erwirtschaften, soll möglichst regional sein", ist die Philosophie der Familie Spieß. So kommt es, dass sich auch Fleisch, Käse, Nudeln und Eier im Sortiment finden – sie stammen von Kollegen aus der Umgebung. Ein großer Unterschied zu den Supermärkten: Hier geht es mehr um Zusammenarbeit als um Wettbewerb. Fünf Gemeinschaftsbrunnen machen den Gemüseanbau erst möglich, und die Hofläden beliefern sich untereinander. Mit großen Discountern arbeitet der Gemüsehof ohnehin nicht zusammen. Die wenige Ware, die sie nicht selbst im Laden oder auf dem Wochenmarkt in Sandhausen verkaufen können, gehen an den regionalen Kleinhandel und die Gastronomie. Weniger schöne Ware wird nicht einfach weggeworfen. Da gibt es dann auch mal krumme Gurken, die nicht der EU-Norm entsprechen, und Äpfel mit Schönheitsfehlern, die liebevoll Pferdeäpfel genannt werden.
> Die Geschichte hinter dem Laden: 1936 wurde die Siedlung Neurott gegründet. Hermann Spieß entschloss sich damals aus Platzgründen, den alten Hof in Kirchheim aufzugeben und einen Neuanfang zu wagen. Anfangs produzierte er Tabak und hielt Rinder. Das änderte sich in den Sechzigern. Fortan baute die Familie Gemüse, Getreide und Zuckerrüben an, bis Reiner und Ingrid Spieß Mitte der Achtzigerjahre eine Idee hatten: Sie fingen an, ihre Lebensmittel direkt vom Hof aus zu verkaufen. Das kam gut an und schnell stieg die Nachfrage, woraufhin die Produktion noch breiter aufgestellt wurde. Das selbst gebackene Brot im Laden hat mit einem Unfall vor 35 Jahren zu tun. Ursprünglich hat es die Schwiegermutter von Ingrid Spieß gebacken.
Als die sich aber das Handgelenk brach, übernahm die Schwiegertochter diese Aufgabe. Bis zur Straße duftete es, und immer wieder fragten Vorbeikommende, wo man dieses Brot kaufen könne. So wurde es in das Sortiment des späteren Hofladens übernommen und ist bis heute sehr beliebt. Bald schon führte die Familie auch beinahe alle heimischen Gemüsearten. Rund 350 Hektar bewirtschaften die Eheleute Spieß mit ihrem Sohn Stefan, dessen Frau Carina und einigen Hilfskräften heute. Das größte Problem für die Zukunft sehen sie in dem zunehmend trockenen Klima. Gerade der Ackerbau wird dadurch immer schwieriger, da sich hier die Bewässerung nicht rentiert.
> Anfahrt und Umfeld: Zum Gemüsehof Spieß, Neurott 2, gelangt man von Heidelberg aus am besten mit dem Auto über die Bundesstraße B535 oder mit dem Rad über die Speyerer Straße in Richtung Bruchhausen. In der näheren Umgebung gibt es einen Reiterhof – und vor allem viel Natur.
> Öffnungszeiten: Geöffnet ist von Montag bis Freitag, 9.30 bis 18 Uhr, und am Samstag von 9 bis 16 Uhr.