Heidelberger hilft Mexikanern

Mit Handgesticktem aus dem Teufelskreis

Hilfe zur Selbsthilfe: Ein SRH-Student unterstützt indigene Mexikanerinnen - Er verkauft ihre selbstgemachten Schals in Deutschland - Ein Stück kostet 35 Euro

12.02.2019 UPDATE: 13.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Mit dem Verkauf von Schals wie diesen hilft Samuel Gracida der indigenen Bevölkerung in Mexiko. Fotos: privat

Von Inga Jahn

Heidelberg. Die Löhne sind schlecht und die indigene Bevölkerung am Rande seiner Heimatstadt wird diskriminiert. Diese Probleme bringen den Mexikaner Samuel Gracida auf die Palme. Vor allem, weil sie von den meisten seiner Landsleute "einfach ignoriert werden", wie er im Gespräch mit der RNZ berichtet. Er selbst tut jedoch etwas dagegen, indem er handgestickte Schals verkauft. Vor rund drei Jahren rief der SRH-Student dazu das Hilfsprojekt "Khoti" ins Leben. Der 25-Jährige sieht sich selbst jedoch nicht als Retter, denn "vielmehr helfen sich die 14 ins Projekt eingebundenen Frauen durch ihre wunderbare Arbeit selber", so Gracida. "Khoti" gebe diesen Frauen lediglich eine Plattform, um mit ihrem Können das notwendige Geld verdienen zu können.

Der Name des Projektes, ein Wort der indigenen Sprache "Otomi", bedeutet übersetzt "Sticken" - und genau das ist es, was die mexikanischen Frauen besonders gut können. "Das Problem vor Ort ist allerdings, dass die Frauen oft kein Spanisch sprechen, ihre Produkte nur für wenig Geld an den Mann bringen und somit in einen Teufelskreis aus finanzieller Not und fehlender Bildung gelangen", so Gracida. Schon als Kind seien ihm die Bewohner des indigenen Dorfes aufgefallen, die zum Verkaufen der Stickereien - vor allem Schals - in seine Heimatstadt Queretaro kamen, dort oft auf der Straße lebten.

Gracida und seine Familie verließen die Stadt, als er 16 Jahre alt war und wanderten nach China aus. "Für mein Musikstudium ging ich anschließend nach Ohio in die USA", erzählt der 25-Jährige. Während des Grundstudiums wurde ihm klar, dass er kein Musiker, sondern Therapeut werden wollte und so kam der Mexikaner an die SRH, wo er heute den Masterstudiengang "Musiktherapie" belegt.

Die Idee zu "Khoti" entstand während seines Studiums in den USA, als er auf Besuch bei seiner Familie in Mexiko war. "Bestimmt hat sich auch wegen meines Aufenthalts im Ausland mein Blick auf die Probleme in der Heimat verändert", reflektiert der Student. Gemeinsam mit einem Kenner des Dorfes nahe seiner Heimatstadt schmiedete er Pläne, lernte die Bewohner kennen und fand heraus, wo er mit seiner Idee der Hilfe zur Selbsthilfe anknüpfen konnte.

Die Produktion eines Schals nehme circa zehn Stunden Arbeit in Anspruch. "Wird der Schal dann für wenig Geld an den Mann gebracht, steht das in keiner Relation zum Arbeitsaufwand", erklärt Gracida. Über "Khoti" werden die Stücke nicht nur in Mexiko, sondern auch in Deutschland und den USA verkauft. "Vor allem hier in Deutschland habe ich das Gefühl, dass sich handgemachte Produkte gut verkaufen, da die Leute Qualität schätzen", so Gracida. Hier zahlt man über "Khoti" 35 Euro für einen Schal. "Davon bekommen die Frauen 25 Euro, mit dem Rest decken wir die Kosten für Organisation und Logistik", so Gracida. Damit erhalten die Frauen immerhin einen Stundenlohn von 2,50 Euro - für mexikanische Verhältnisse ist das viel.

Realisierbar ist das Projekt dank freiwilliger Spenden über eine Internetplattform. "Zusätzlich konnten wir mithilfe des Preisgeldes, das wir im Rahmen eines Wettbewerbes der SRH mit unserem Projekt gewinnen konnten, einige weitere Schritte gehen", berichtet Gracida stolz. 1000 Euro gab es dabei von der Hochschule. Jede weitere abgewickelte Bestellung helfe den Frauen nun dabei, sich selbst und ihre Familien zu finanzieren. "So können die Frauen ihren Kindern die Schule bezahlen, und wir tragen einen kleinen Teil dazu bei, dass der Teufelskreis aufgebrochen werden kann." Neben dem stetigen Ausbau von "Khoti" sei das momentane Hauptziel von Gracida und seinem Team, weitere Produkte in den Verkauf aufzunehmen und diese als "fair" zertifizieren lassen zu können. "Dies gestaltet sich allerdings schwierig, da wir in Mexiko niemanden finden, der uns faire Materialien verkaufen kann", so Gracida.

Info: Hier können die handgemachten Schals erworben werden. Dort kann ebenfalls für das Projekt gespendet werden.

Samuel Gracida.

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