Das Ankunftszentrum für Geflüchtete könnte in die ehemalige "Middle School" in PHV verlagert werden. Foto: Diemer
Von Denis Schnur
Heidelberg. Am Ende stimmte keiner der 15 Stadträte im Konversionsausschuss dagegen, nur vier enthielten sich. Doch davor gab es eine heftige Diskussion über die Rahmenvereinbarung, die Stadt und Bund - bzw. dessen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) - zur Entwicklung vom Patrick Henry Village (PHV) geschlossen haben. Es waren vor allem vier Punkte, an denen sich die Räte störten:
> Der Zeitpunkt: "Ich war geschockt, von dieser Vereinbarung aus der Zeitung zu erfahren", ärgerte sich Sahra Mirow (Linke). Wie ihr ging es vielen Kollegen, die den Vertrag gerne diskutiert hätten, bevor er unterschrieben wird. "Die Bima wollte das publikumswirksam präsentieren", erklärte Konversionsbürgermeister Hans-Jürgen Heiß die Vorstellung der Vereinbarung auf der Expo Real am Montag. Schließlich habe die Anstalt damit ihren Strategiewechsel untermauert, künftig Flächen nicht nur zu verkaufen, sondern auch selbst zu entwickeln - und so Wohnraum zu schaffen.
> Das Vorrecht: "Die Bima behält sich vor, eingebettet in die Gesamtentwicklung des PHV, Teilflächen nicht zu veräußern, Bestandsgebäude langfristig zu nutzen bzw. umzunutzen und Teilflächen selbst zu entwickeln", heißt es im Vertrag. Darüber stolperten einige Stadträte. Sie fürchten, die Bima könne dadurch alleine über Flächen entscheiden. "Der Partner Bima unterwirft sich unserem Masterplan", entgegnete Baubürgermeister Jürgen Odszuck. Und auch Heiß erklärte: "Wir räumen der Bima überhaupt keine öffentlich durchsetzbaren Rechte ein." Vielmehr gehöre das Gelände derzeit eh noch dem Bund, der dort jederzeit Flächen beanspruchen könne. Der Vertrag fixiere lediglich das Angebot der Bima, "Wohnungen in Betrieb zu nehmen, wenn es die Stadt wünscht".
> Die Bundesfürsorge: Für wen entwickelt der Bund Wohnraum? Darüber wurde lange diskutiert. Denn aus der RNZ hatten die Stadträte erfahren, dass die Bima immer zuerst Wohnungen im Rahmen der "Bundesfürsorge" schafft - also für Bundesbedienstete. Erst wenn der Bedarf gedeckt ist, wird über den freien Markt verteilt. Heiß und Odszuck, die mit der Bima verhandelt haben, sehen das anders: "Die Bima ist offen für alle gesellschaftlichen Gruppen", so Odszuck. Heiß nannte die Berichterstattung ein "Missverständnis". Doch auf RNZ-Nachfrage bestätigt ein Bima-Sprecher den Vorrang für Bundesbedienstete: "Die Bima wird die von ihr errichteten Wohnungen grundsätzlich zunächst im Rahmen der Wohnungsfürsorge des Bundes anbieten." Ob sich die Anstalt dabei an ein wohnungspolitisches Konzept der Stadt hält - das etwa den Anteil von Sozialwohnungen festlegt -, auch wenn dadurch Wohnungen nicht von Bundesbediensteten bezogen werden könnten, kann der Sprecher nicht sagen: "Dieser Punkt bedarf noch weiterer Gespräche mit der Stadt." Ebenfalls unklar ist, wie hoch der Anteil der Wohnungen sein wird, die tatsächlich von Mitarbeitern des Bundes genutzt werden. Dafür gebe es in Heidelberg keine Erfahrungswerte.
> Das Ankunftszentrum: Bislang ist ein Großteil von PHV durch das Ankunftszentrum für Geflüchtete belegt. Erst wenn ein neuer Standort für die Landeseinrichtung gefunden wird, gibt der Bund das Areal frei. Doch im Moment sieht alles danach aus, dass es für die vom Land vorgeschlagene Ersatzfläche - das Gewann Wolfsgärten - keine Mehrheit im Gemeinderat gibt. Auch die diskutierte Ausweichfläche in Eppelheim dürfte keine Alternative sein. Dadurch ist es sehr wahrscheinlich, dass das Zentrum nur innerhalb von PHV verlegt wird. "Und da ist vermutlich nur die ,Middle School‘ als Standort möglich", erklärte SPD-Rat Adrian Rehberger, der als Polizist im Ankunftszentrum arbeitet. Und auch Jan Gradel (CDU) sagte mit Blick auf das Schulgelände: "Wir haben diskutiert, wo das Zentrum auf PHV theoretisch hinkönnte - und wir haben alle dahin gezeigt."
Das Problem ist jedoch, dass die Stadt dort im Rahmen ihrer Aktivierungsstrategie Kreativ- oder Handwerksbetriebe ansiedeln möchte. Und dieser Plan ist im Vertrag mit der Bima festgehalten - genau wie mögliche Mietdauern von bis zu zehn Jahren. "Damit würde man sich die Ersatzmöglichkeit nehmen", so Rehberger. Daher forderte der Ausschuss auf Antrag der SPD, den Vertrag um einen Passus zu ergänzen: Demnach muss sichergestellt werden, dass die Stadt die Gebäude der Mittelschule, des Kindergartens und der Flächen der Umgebung dem Land für die Einrichtung eines Ankunftszentrums überlassen kann.