Seit November 2010 führt Julia Gless den Laden „Room Mate“ in der Plöck. Foto: Neumayr
Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Es war so etwas wie der Liebling aller, die auf der Suche nach individuellem Schmuck, Lampen, Taschen und sonstigen Wohnaccessoires waren: das kleine Geschäft mit dem Namen "Room Mate" in der Plöck. Die Heidelbergerin Julia Gless eröffnete ihn im November 2010. Ende Juli soll nun Schluss sein. Warum das "Room Mate" keine Zukunft hat und was künftig mit der Ladenfläche passieren wird, erzählt die 44-Jährige im Interview.
Frau Gless, Sie schließen einen Laden, der vielen Heidelbergerinnen und Heidelbergern in knapp zehn Jahren ziemlich ans Herz gewachsen ist. Warum?
Zehn Jahre Selbstständigkeit im Einzelhandel sind für mich genug. Es ist jetzt einfach an der Zeit, etwas Neues zu machen.
Wie hängt die Corona-Pandemie mit Ihrer Entscheidung zusammen?
Die Schließung ist nicht coronabedingt. Ich hatte schon länger überlegt und auch beschlossen, dass ich den Laden nicht weiterführen werde. Die Arbeit hat mir körperlich und nervlich viel abverlangt, das stand nicht immer im richtigen Verhältnis zum Ertrag. Wäre Corona nicht dazwischengekommen, hätte ich sogar schon Ende Juni zugemacht. Dank meinem Vermieter konnte ich zum Glück noch einmal etwas verlängern und nun meine Waren im Räumungsverkauf anbieten.
Sie haben zwar viele Stammkundinnen und Stammkunden, dennoch lag Ihr Laden immer etwas ab vom Schuss. Hat am Ende auch das Finanzielle eine Rolle gespielt?
Nein, finanziell ist es recht stabil gelaufen. Aber natürlich ist die Plöck nicht die einfachste Lage für ein Geschäft.
2011 hatten Sie deshalb die Idee für den "Roten Faden", eine Händlerinitiative, die inhabergeführte Geschäfte miteinander verband und sichtbar machte. Wie haben sich die Voraussetzungen für den Heidelberger Einzelhandel in den letzten zehn Jahren verändert?
Das ist schwer zu sagen. Social Media ist nicht mehr wegzudenken, da stehe ich viel in Kontakt mit den Kunden. Das Online-Shopping ist natürlich zur Konkurrenz geworden. Auch manche Ketten haben unsere Produkte teilweise übernommen. Ich habe immer versucht, mein Sortiment anzupassen, etwas anzubieten, was man in Heidelberg und Umgebung sonst nicht findet. Und ich hatte in all der Zeit eine tolle Mischung aus Stammkunden und Touristen, die gerne zu uns kamen. Ich denke, dass es solche Läden wie uns immer geben wird, weil der Bedarf da ist. Zum Glück gibt es auch die Menschen, die so etwas gerne und mit Herzblut betreiben.
Welchem Projekt werden Sie nach der Schließung Ihr Herzblut schenken?
Ich werde nicht mehr selbstständig im Einzelhandel tätig sein. Erstmal will ich den Kopf frei kriegen und meine Akkus aufladen. Es tut mir natürlich leid für meine Kundinnen und Kunden, dass wir schließen, und ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken! Die gute Nachricht ist: Es wird einen adäquaten Nachfolger geben.
Nämlich?
Die "Agentur für Waren" – ein moderner Gemischtwarenladen, in dem man auch weiterhin Teile unseres schönen Sortiments finden wird.