35 bis 40 Minuten muss ein Taxifahrer – wie hier am Hauptbahnhof – warten, bis ein Kunde zusteigt. Foto: Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Das Taxigewerbe ist ein umkämpfter Markt. Seit Jahrzehnten gibt es genau 161 Konzessionen in Heidelberg. Die Warteliste, eine davon zu ergattern, ist lang. Nun könnte die Stadt aber bald neue Genehmigungen erteilen. Denn Heidelberg wächst kontinuierlich und ein Gutachten soll klären, ob damit auch der Bedarf an Taxen gestiegen ist. Ohne die Ergebnisse abzuwarten, die im Februar vorliegen sollen, hat die Stadt jedoch bereits eine neue Konzession herausgegeben. Michael Käflein, Geschäftsführer der genossenschaftlich organisierten Taxizentrale, ist entrüstet.
Den Zuschlag bekam die Firma TLS, die unter anderem einen Shuttle-Service zum Frankfurter Flughafen anbietet. Allerdings ist die Konzession an eine Bedingung geknüpft: Es muss ein Rollstuhl-Taxi sein. Diese Auflage kann Käflein nicht beruhigen: "Das Taxi wird nicht ausschließlich Behinderte transportieren. Wenn keine Fahrt mit einem Rollstuhlfahrer vorliegt, kann es am normalen Geschäft teilnehmen." Und: "Alleine die Erteilung einer Taxikonzession stellt ein hohes wirtschaftliches Gut dar." Es bestehe überhaupt kein Zeitdruck für diesen Schritt. Erst 2022 müssten in Städten Rollstuhltaxis zur Verfügung stehen. Käflein: "Da hätte man sich wenigstens Zeit lassen können, bis das Gutachten vorliegt."
Mit Unverständnis reagiert die kommunale Behindertenbeauftragte Christina Reiß auf Käfleins Kritik. "Zu sagen, dass Rollstuhltaxis erst 2022 zur Verfügung stehen müssen, ist schon ein bisschen frech." Es sei doch absurd, dass es in ganz Heidelberg noch immer kein einziges solches Fahrzeug gebe. Der Bedarf sei groß. Normale Fahrdienste, die für Rollstuhlfahrer zur Verfügung stehen, könnten abends, nach Feierabend, nicht beauftragt werden. Und so komme es immer wieder zu solchen Fällen, dass auf den Rollstuhl angewiesene Senioren von Familienfeiern oder Konzertbesuchen ausgegrenzt würden.
Reiß begrüßt daher, dass es nun bald das erste Rollstuhltaxi in Heidelberg geben wird. Gerade mit der SRH und dem Uniklinikum in der Stadt sei dies dringend nötig. Im Übrigen habe das Bürgeramt vor anderthalb Jahren bei der Taxizentrale den Bedarf nach Rollstuhltaxis abgefragt und die Antwort bekommen, dass solche Angebote nicht nachgefragt würden. "Die Rollstuhlfahrer wissen doch aber, dass es dort solche Fahrzeuge nicht gibt, daher rufen sie auch nicht an." Das Amt habe daher festgesetzt, dass die nächste Konzession nur an ein Rollstuhltaxi vergeben werde.
Die Taxizentrale ihrerseits pochte darauf, dass Anbieter eines Rollstuhltaxis auch einen Aufschlag auf den Fahrpreis verlangen dürfen. In Freiburg kostet dieser Dienst zum Beispiel zusätzlich zwölf Euro pro Fahrt. Stuttgart zahle einen Investitionskostenzuschuss für Taxiunternehmer von 10.000 Euro. "Heidelberg sagt aber, dass es nichts gibt", ärgert sich Käflein: "Denn das sei dann Diskriminierung." Die Firma TLS hat sich von den fehlenden Zuschüssen nicht abschrecken lassen. Geschäftsführer Egin Neumann bestätigt, dass das Rollstuhltaxi Mitte Januar seinen Betrieb aufnehmen wird. Das neue Angebot werde dann öffentlich vorgestellt: "Diesem Termin möchten wir nicht vorgreifen."
Was die allgemeine Nachfrage nach Taxis angeht, glaubt Käflein nicht, dass sie gestiegen sei. Durchschnittlich müssten die Fahrgäste nur fünf Minuten auf einen Wagen warten. Außerdem gebe es in Heidelberg bereits jetzt 119 Konzessionen für Mietwagen mit Chauffeur, zum Beispiel für Minicar. "Es gibt 280 gemeldete Fahrzeuge in Heidelberg. Das schreit nicht gerade nach neuen Konzessionen", ist Käflein überzeugt. Im Gegenteil: Wenn nun noch mehr Erlaubnisse erteilt würden, sei dies existenzgefährdend für viele Unternehmer in der Branche. Die durchschnittliche Standzeit eines Taxis betrage heutzutage 35 bis 40 Minuten. Bei einer Fahrt würden danach zwischen 16 und 16,50 Euro fällig.
Die Taxizentrale deckt in Heidelberg 141 Lizenzen ab. Im Schnitt zählen Käflein und seine Kollegen zwischen 405.000 und 420.000 Fahrten im Jahr. "Das Volumen ist aber deutlich zurückgegangen", betont der Geschäftsführer. Als er vor 20 Jahren als Taxifahrer angefangen habe, seien noch 530.000 Fahrten im Jahr zusammengekommen. Laut Heidelberger Taxientgeltverordnung beträgt der Grundpreis für eine Fahrt drei Euro, die ersten beiden Kilometer schlagen mit 2,80 Euro, jeder weitere mit zwei Euro zu Buche. Wartezeiten werden mit 30 Euro pro Stunde berechnet. "Wir sind nicht am Verhungern", gibt Käflein zu: "Eine Altersvorsorge können wir uns aber schlecht leisten."