Heidelberg

So steht es aktuell um das Hip-Hop-Archiv

Torch und Wissenschaftler Bryan Vit repräsentieren Heidelberg beim Symposium in Hong Kong - Noch besser wäre ein Museum

29.04.2019 UPDATE: 30.04.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Das Label "360° Records" feierte bereits 2014 mit einem Konzert in der Halle 02 sein Jubiläum. Auf der Bühne: Toni-L und Torch. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Heidelberg. Es ist der 23. November 2011: "Bekommt Heidelberg ein Hip-Hop-Archiv"?, fragt die RNZ. Wenig später beantworten die Stadträte diese Idee in einem Grundsatzbeschluss im Gemeinderat mit einem klaren Ja. Heute, gut acht Jahre später, sitzt die Mehrzahl der damaligen Stadträte nicht mehr in dem Gremium, das Kulturamt wird nicht mehr von Hans-Martin Mumm, sondern von Andrea Edel geleitet - und die Stadt hat noch immer kein Hip-Hop-Archiv.

Wie die RNZ erfuhr, gibt es jetzt aber einen konkreten Termin für die Überführung einiger der Archivalien, die die beiden Heidelberger Hip-Hop-Pioniere Frederik Hahn alias Torch und Toni Landomini alias Toni-L zur Verfügung stellen werden. Es ist der 24. Mai - der Tag, an dem in der Halle 02 das 25-jährige Jubiläum des Heidelberger Hip-Hop-Labels "360 Grad" gefeiert wird. Schließlich ist in diesem Rahmen auch eine zweiwöchige Ausstellung geplant, an der das 25-jährige Schaffen eines der dienstältesten Hip-Hop-Labels in Deutschland zu sehen sein wird. "Die dort ausgestellten Exponate bilden dabei den Grundstock des Heidelberger Hip-Hop-Archivs", heißt es aus dem Kulturamt.

Auch Bryan Vit, ein Hip-Hop-Experte der Universität Bern, der zum Thema gerade in Heidelberg forscht und promoviert, bestätigt: "Das Kulturamt bildet um Frederik Hahn ein Team von Experten, um die Konzeptionalisierung des Archivs voranzubringen. Begonnen werden soll aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Hip-Hop-Labels 360 Grad mit dessen Diskografie und T-Shirts."

Auch laut Kulturamt liegt man mit den Arbeiten im Blick auf die Einrichtung eines Hip-Hop-Archivs voll im Plan. "Es erfolgten bereits inhaltliche Abstimmungen mit Torch und weiteren Experten, die bei der Erschließung und Aufbereitung der Archivalien herangezogen werden sollen", heißt es. Entsprechende Verträge stünden kurz vor ihrem Abschluss.

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Dass es dafür höchste Zeit wird, findet auch der Sprachwissenschaftler Vit. Der kam 2014 von der Schweiz nach Heidelberg, wo er sich nun in seiner Dissertation dem Phänomen Hip-Hop aus einer diskurstheoretischen Perspektive mit einem Schwerpunkt auf den Erwerb von Kommunikationskompetenzen befasst.

Für ihn habe das Archiv zwei Ziele: erstens, die "wertvollen Exponate zu sichern, für die Zukunft nachhaltig aufzubewahren und für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung bereitzustellen". Und zweitens biete das Archiv der Stadt die Chance, sich so jung zu präsentieren, "wie sie demografisch wirklich ist", meint Vit.

Für ihn ist das Thema besonders aktuell, schließlich ist er gemeinsam mit Frederik Hahn an der renommierten University of Hong Kong zu Gast, um mit internationalen Hip-Hop-Forschern an einem Symposium zum Thema "Studying the Streets" teilzunehmen.

Das findet am Dienstag in Hong Kong statt - und für Vit ist es die Chance, dass die internationale Strahlkraft des Heidelberger Hip-Hop deutlich wird. "Wir sprechen bei dem Symposium mit Hip-Hop-Forschern über unser Projekt in Heidelberg und hoffen, wichtige Infos und Netzwerke für internationale Kooperationen zu erhalten und zu bilden", so Vit.

Dabei werde auch die zentrale Rolle, die die Universität in Sachen Hip-Hop-Archiv spiele, deutlich. Und: "Jetzt, wo Hip-Hop sogar in den Universitäten Fuß gefasst hat und Heidelberg diesen Schatz besitzt, ist es nur eine Frage des politischen Willens und Engagements, sich als Hip-Hop-Hochburg im kulturellen wie auch akademischen Sinne zu beweisen", ist Vit überzeugt.

Noch besser ginge das allerdings aus Sicht von Vit, wenn die Stadt einen Schritt weiter ginge - und neben dem Archiv oder als Ergänzung dessen auch ein Hip-Hop-Museum ins Leben riefe. "Das ist die große Chance für Heidelberg."

Auf der ganzen Welt interessierten sich Menschen für den Sprechgesang und die Kultur, die damit einherginge. Daher wäre ein solches Museum in Heidelberg - der Geburtsstadt des deutschen Hip-Hop - sicher ein Publikumsmagnet. "Um die nötigen Schritte in Gang zu setzen, müssten allerdings nicht nur das Kulturamt, sondern auch der Oberbürgermeister und das Stadtmarketing dem Thema größere Priorität einräumen und gemeinsam an der Realisierung arbeiten", so Vit.

Auch Frederik Hahn stünde bereit, um aus dieser Idee Wirklichkeit zu machen. Auf RNZ-Anfrage antwortet der Künstler: "Heidelberg ist die Wiege des deutschen Hip-Hop, deshalb braucht es nach fast 40 Jahren Hip-Hop-Geschichte einen Ort, an dem diese erlebbar gemacht wird." Wenn Heidelberg bereit dafür sei, dürfe man ihn gerne anrufen.

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