Heidelberg-Neuenheim

Darum will die Stadt die Fuchs-Aufzuchtstation verbieten

Paar betreibt Station im eigenen Garten - Jetzt geht der Streit wohl vors Gericht

02.09.2019 UPDATE: 03.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden

Bis zu sechs Monate bleiben die Füchse normalerweise in der Aufzuchtstation. Dann werden sie ausgewildert. Foto: privat

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Die meisten Füchse sterben vor ihrem ersten Geburtstag. Nicht so die Füchse von Benita Koepff. Sie zieht die Tiere in ihrem Garten groß und wildert sie anschließend aus. Dafür hat sie ihren Garten eingezäunt und in ein riesiges Fuchsgehege verwandelt. Das Problem: Das Haus steht in der Neuenheimer Bergstraße und damit mitten in einem historischen Wohnviertel. Daher will die Stadt die kleine Fuchs-Aufzuchtstation mit dem Namen "Hope" (deutsch: "Hoffnung") jetzt verbieten.

Seit drei Jahren betreiben Benita Koepff und Alexander Schackow in ihrem Garten eine private Aufzuchtstation für Füchse. Knapp 100.000 Euro haben sie für den Bau des mehrere hundert Quadratmeter großen Geländes investiert. Foto: Hentschel

"Ich hätte nie gedacht, dass wir damit irgendjemanden stören, dass ich so einen Frevel begehe", sagt Koepff. Die 60-jährige Privatière betreibt die Aufzuchtstation gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Alexander Schackow. Dazu gekommen sind die beiden eher zufällig. Als ihr Hund vor vielen Jahren krank gewesen sei, habe man Kontakt mit der Tierrettung Rhein-Neckar aufgenommen. "Dadurch haben wir mitbekommen, wie viele kleine Füchse jedes Jahr gefunden werden und dass man Leute braucht, die die Tiere wieder aufpäppeln." So sei eins zum anderen gekommen. "Und jetzt", sagt Koepff, "sind wir verfuchst."

Im Sommer 2015 begannen sie und Schackow mit dem Bau ihrer Aufzuchtstation. Nach rund einem Jahr war das knapp 100.000 Euro teure Freigehege fertig. Es ist mehrere hundert Quadratmeter groß, eingefasst von hohen Metallzäunen sowie massiven Holzpfosten und voll mit Versteck- und Spielmöglichkeiten. Ein Paradies für Jungfüchse. Doch die Freude bei den Tierliebhabern währte nur kurz. Denn schon kurze Zeit später stand das Baurechtsamt vor der Tür. Eine Nachbarin hatte Koepff und Schackow bei der Stadt angezeigt. Die hat die Nutzung der Station untersagt - und den Rückbau des Geheges angeordnet.

Im Grunde sei die Aufzuchtstation eine gute Sache und nicht zu beanstanden - aber sie befinde sich eben am falschen Ort, erklärt eine Sprecherin auf RNZ-Anfrage. "Die Fuchsaufzuchtstation widerspricht dem Charakter eines reinen Wohngebiets", heißt es weiter. Dabei beruft sich die Stadt vor allem auf baurechtliche Vorschriften.

Laut Baurecht sei eine Fuchsaufzuchtstation im reinen Wohngebiet zum einen aufgrund der Art der Nutzung unzulässig und zum anderen aufgrund der Lage und Größe der Anlage "nicht umgebungsverträglich". "Daneben", so die Stadtsprecherin, "stehen den Anbauten und der Einzäunung unmittelbar rückseitig an dem Wohngebäude auch denkmalrechtliche Gründe entgegen."

Hintergrund

Der Rotfuchs ist die einzige in Deutschland vorkommende Fuchsart, weshalb er oft einfach nur "Fuchs" genannt wird. Er gehört der Familie der hundeartigen Raubtiere an, hat verhältnismäßig kurze Beine, eine schmale Schnauze und aufrecht stehende dreieckige

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Der Rotfuchs ist die einzige in Deutschland vorkommende Fuchsart, weshalb er oft einfach nur "Fuchs" genannt wird. Er gehört der Familie der hundeartigen Raubtiere an, hat verhältnismäßig kurze Beine, eine schmale Schnauze und aufrecht stehende dreieckige Ohren. Der Rotfuchs ist ausgewachsen rund einen halben Meter hoch, 70 Zentimeter lang und maximal sechs Kilogramm schwer. Er kann bis zu 15 Jahre alt werden. Sein Geruchssinn ist 400 mal so gut wie der des Menschen, die Augen des Fuchses sind an Dämmerung und Dunkelheit angepasst. Der Fuchs ernährt sich von wirbellosen Tieren wie Schnecken und Würmern, von Aas, Kleinvögeln und Vogeleiern sowie Baumfrüchten. Zu seinen natürlichen Feinden zählen der Uhu, der Wolf, der Luchs, aber auch Parasiten. Füchse sind Einzelgänger und jagen in der Regel allein. Was den Lebensraum anbelangt, sind sie flexibel: Sie können überall leben, wo sie genügend Nahrung finden. Deshalb haben die Tiere mittlerweile auch die Städte erobert. Hierzulande sind Füchse nicht bedroht, werden in freier Wildbahn jedoch stark bejagt. (pne)

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Das Haus, von Koepff in dritter Generation geerbt, ist 1889 erbaut worden. "Man weiß natürlich um die Denkmalschutz-Problematik", sagt Koepff. Doch im Zuge der Euphorie habe man bei der Errichtung des Geheges nicht daran gedacht und daher die Konstruktion direkt an das Haus anbauen lassen. Ein weiterer Knackpunkt: Die Zäune sind mit 2,70 Metern Höhe höher als erlaubt. Und: Das Gehege umfasst einen Teil des Landschaftsschutzgebietes, das von dort aus bis in den Schweizerweg unterhalb des Philosophenwegs reicht.

Koepff und Schackow wären ja zu Kompromissen bereit. Die Zaunhöhe verringern, das Gehege baulich vom Haus abgrenzen: "Wir haben zahlreiche alternative Pläne eingereicht, Architekten beauftragt - aber die Stadt will, dass wir es ganz abreißen", sagt Koepff. Dabei brauche es das Gehege und ihre Arbeit. Denn jedes Jahr im Frühjahr, wenn die Wildtiere in der Natur ihren Nachwuchs zur Welt gebracht haben, werden zahlreiche Jungtiere verletzt, verwaist und verlassen am Straßenrand oder im Wald gefunden.

Koepff und Schackow nehmen daher jährlich drei bis fünf von ihnen bei sich auf. Nachdem die in der Regel wenige Wochen alten Tiere geimpft, entwurmt und mit einem Antiparasitikum versorgt wurden, päppelt das fuchsvernarrte Pärchen sie auf, kuschelt mit ihnen, füttert sie, säubert das Gehege - bis die Füchse nach etwa einem halben Jahr wieder ausgewildert werden.

Dass Nachbarn oder Nutzer von sozialen Medien ihnen vorwerfen, sie würden in ihrem Garten eine Zuchtstation haben, Pelzhandel betreiben, auf Gewinn aus sein, kann Koepff nicht verstehen. Als die Veterinärabteilung des Bürger- und Ordnungsamtes das Gehege gesehen habe, sei es begeistert gewesen. "Wir sind vermutlich die einzigen in Baden-Württemberg, die so etwas privat machen."

Koepff und Schackow finanzieren die Station selbstständig, sind nicht auf Spenden angewiesen. Allein für das Futter der Tiere geben sie jeden Monat rund 800 Euro aus. "Die finanziellen Möglichkeiten sind da. Wer soll es machen, wenn nicht ich?", fragt Koepff.

Aber nicht nur finanziell dreht sich das ganze Leben der beiden um die Tiere. Im ganzen Haus hängen Fuchsbilder, Fuchsuhren und Fuchsanhänger. Auf den Tischen liegen Fuchsservietten, stehen Porzellanfüchse und Fuchsgläser. Schackows Oberarm ziert ein riesiges Fuchs-Tattoo. Den Tieren zuliebe verzichten die beiden sogar auf ihren Urlaub. "Wir würden alles tun für die Füchse", sagt Koepff.

Ort des Geschehens

Deshalb geben sie so schnell auch nicht auf. "Wir wollen der Stadt nichts Böses", sagt Koepff, "aber die Station soll bleiben." Sie und Schackow klagen nun gegen die Stadt, koste es, was es wolle. "Ich werde kämpfen", sagt Koepff, "egal, wohin ich gehen muss."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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