Immer mehr Menschen gehen illegalen Hundehändlern auf den Leim. Dabei warten im Tierheim in Kirchheim viele Vierbeiner auf ein neues Zuhause – zum Beispiel Hund Zeus. Foto: zg
Von Helen Moayer Toroghy
Heidelberg. Sie sind flauschig und treu: Hunde sind als Haustiere so gefragt wie lange nicht. Das allerdings ruft gerade in Zeiten von Corona nicht nur Züchter, sondern auch illegale Händler auf den Plan. Auch für Heidelberg wurde das schon festgestellt. "Die Fälle häufen sich, inzwischen gibt es auch Geschädigte aus Heidelberg", berichtet Experte Thomas Boris von der Polizeihundeführerstaffel Mannheim. Besonders begehrt: Kleinhunderassen.
Erst kürzlich habe die Polizei bei einer Wohnungsdurchsuchung in der Region eine Gruppe von Tätern aufgedeckt, die gerade mal vier Wochen alte Welpen aus Bulgarien importiert hatte. Ein Problem des Hundeschmuggels: Die illegal eingeführten Hunde seien meist nicht geimpft und viel zu jung, was sie anfälliger für Krankheiten mache. Wenn der Tierarzt später feststellt, dass Impfausweise gefälscht sind oder das angegebene Alter nicht stimmt, kann das teuer werden: "In so einem Fall müssen die Geschädigten mit Geldstrafen von bis zu 3000 Euro rechnen", erklärt Boris.
Auch Verbandszüchter wissen darum, wie gefragt Hunde in Zeiten von Home-Office und Kontaktbeschränkungen sind. "Die Nachfrage ist erhöht, ich weiß das von vielen Kollegen", erzählt Katja Klimek, Handschuhsheimer Züchterin, die beim Verband für das Deutsche Hundewesen eingetragen ist. Züchterkollegin Liane Harth aus Eppelheim bestätigt, dass die Nachfrage nach Welpen gestiegen ist: "Das Telefon klingelt zwei- bis dreimal am Tag – früher nur einmal in der ganzen Woche."
Allerdings: Züchter wie diese beiden können die hohe Nachfrage nicht mehr bedienen. Ihre Käufer brauchen ohnehin Geduld; sechs bis zwölf Monate müssen sie in der Regel auf ihren Neuzugang warten. Dieser Zeitraum ist Standard bei seriösen Züchtern, die Würfe lange im Voraus planen. Bei den illegalen Händlern entfallen diese Wartezeiten. "Der größte Teil der Menschen kauft illegal", glaubt Klimek.
Für die geschmuggelten Hunde ist das oft furchtbar, wie die Züchterinnen erzählen. "Die Tiere kommen aus sehr schlechten Verhältnissen. Hündinnen werden als Gebärmaschinen zur Produktion von Welpen in stillen Kammern gehalten. Die Welpen lernen so gut wie nichts und werden auch noch viel zu früh von der Mutter getrennt", erklärt Klimek. Wer einen Hund aus illegalem Handel erwirbt, feuert diesen damit weiter an – auch wenn er für das Tier nur die besten Absichten hat. Nicht nur der Geldstrafe wegen sollte man deshalb beim Lauf immer gut darauf achten, woher ein Tier kommt.
Die Vierbeiner leiden nicht nur, ihnen fehle oft auch eine richtige Sozialisation, sagt Klimek, die in Handschuhsheim auch als Hundepsychologin tätig ist. Durch Raufen testen die kleinen Fellnasen ihre Grenzen aus – denn: "Wer beißt, mit dem will man nicht spielen." Die ersten zwei Monate sind dabei entscheidend. In dieser Zeit bauen die Welpen nicht nur ein eigenes Immunsystem auf, sie lernen auch soziales Verhalten von Mutter und Geschwistern. Das ist auch die Phase, in der die Gewöhnung an Menschen erfolgen sollte, damit sie später keine Ängste oder Aggressionen entwickeln. "Staubsaugen, Anfassen, Tellerscheppern – an all das sollten sich die Welpen jetzt gewöhnen."
Nicht nur bei geschmuggelten Hunden kann man dieses Sozialverhalten nicht voraussetzen – angesichts der geschlossenen Hundeschulen verzichten nun auch manche seriöse Züchter auf einen Wurf. Illegalen Tierhändlern spielt das natürlich weiter in die Hände. Weil im Netz illegale und seriöse Händler schwer zu unterscheiden sind, rät Klimek dazu, einen Hund nicht nach einmaligem Kennenlernen zu kaufen. "Es sollte stutzig machen, wenn jemand einem einen Hund aus dem Kofferraum heraus überreicht." Auch Polizist Thomas Boris rät, "Anzeigen auf seriöse Anbieter zu prüfen und lieber in den Tierheimen zu schauen". Auch dort wird Wert auf ein gegenseitiges Kennenlernen gelegt.
So wie im Heidelberger Tierheim in Kirchheim. Dort warten derzeit die Vierbeiner Zeus, Ronny oder auch Gloria auf ein neues Zuhause. "Die Vermittlung eines Hundes dauert mindestens vier Wochen", erklärt Michelle Fänderich, die das Tierheim stellvertretend leitet. Es erfordert somit zwar etwas Geduld, einen ihrer Schützlinge aufzunehmen, dürfte aber in vielerlei Hinsicht die bessere Wahl sein – auch wenn die angebotenen Tiere im Internet oft nur einen Klick entfernt sind.