OB Würzner solle in Sachen Ankunftszentrum lieber nach einvernehmlichen Lösungen suchen, als Einzelne an den Pranger zu stellen, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo (r.) beim Neujahrsempfang. Mit dabei: Wuppertals OB Uwe Schneidewind (per Video zugeschaltet), Theresia Bauer, Moderator Arnd Küppers und Franziska Brantner (v.l.). Foto: Florian Freundt
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Plüschsessel und Retrolampen, als Hintergrund jede Menge Farn: In dieser Wohnzimmeratmosphäre präsentierten sich die Heidelberger Grünen bei ihrem Neujahrsempfang am Sonntag. Auch wenn sich der "Empfang" in diesem Jahr, wie Moderator Arnd Küppers scherzhaft anmerkte, auf die hoffentlich gute digitale Übertragungsqualität beschränke.
Wegen Corona wurde die Veranstaltung aus der Halle 02 über Youtube und Facebook in die Wohnzimmer übertragen. Die einzigen Anwesenden waren daher neben Moderator Küppers die Landtagsabgeordnete und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner, Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo – und als zugeschalteter Stargast der frischgebackene Oberbürgermeister von Wuppertal, Uwe Schneidewind.
Knackige, kämpferische Aussagen waren zum Auftakt des Superwahljahres, in dem sowohl Bauer als auch Brantner zur Wiederwahl anstehen, eher selten. Eine Ausnahme gab es aber dann doch: In seiner Begrüßungsrede kritisierte Cofie-Nunoo die Haltung von Oberbürgermeister Eckart Würzner in Sachen Verlagerung des Ankunftszentrums in die Wolfsgärten. Anstatt einzelne politische Gruppen oder Personen in dieser Frage an den Pranger zu stellen, wie im Jahresendinterview mit der RNZ geschehen, solle er lieber alles dafür tun, um eine einvernehmliche Lösung auf den Weg zu bringen. Die Heidelberger Grünen verfolgten ein doppeltes Ziel, so Cofie-Nunoo weiter: "Wir wollen, dass es in Heidelberg weiterhin ein bundesweit vorbildliches Ankunftszentrum gibt. Und wir wollen sicherstellen, dass Patrick-Henry-Village entwickelt werden kann."
Der neue Stadtteil biete viele Chancen: Hier könne der Klimaschutzaktionsplan umgesetzt werden, er könne Wohnraum für 10.000 Menschen bieten und zwar ohne weitere Versiegelung landwirtschaftlich genutzter Flächen. Die Kehrseite der Medaille: Für ein neues Ankunftszentrum sei der Standort Wolfsgärten zu klein. Daher warb der Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion einmal mehr für die Idee, einen Bürgerrat einzurichten, um die offenen Fragen zu klären.
Uwe Schneidewind ist in Heidelberg kein Unbekannter. Bis vor Kurzem war er Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Und in dieser Funktion hielt er im April 2018 einen furiosen Vortrag bei der Auftaktveranstaltung zum Masterplanprozess Neuenheimer Feld. Seit 1. November ist er Oberbürgermeister von Wuppertal. Bei der Kandidatur wurde er auch von der CDU unterstützt. Und das, obwohl die Tennisfreunde des dortigen Fraktionsvorsitzenden der Christdemokraten acht von zehn der Thesen aus seinem Buch "Die Große Transformation" eher Friedrich Engels zugeschrieben hätten, wie Schneidewind süffisant anmerkte.
Während Küppers und Schneidewind über den Weg von einem der gefragtesten Wirtschaftswissenschaftler des Landes hin zum Oberbürgermeister einer 360.000 Einwohner-Stadt plauderten, unterstrich Bauer, dass die Landesregierung nach Kräften die Forschungsallianz der Universitätsklinika Heidelberg und Mannheim unterstützen wolle.
Am Ende durften dann die Zuschauer Fragen stellen. Polizeipräsident Andreas Stenger wollte wissen, was die Grünen genau unter lebenswerter Stadt verstehen. "Coronabedingt beantworte ich die Frage heute anders als früher", antwortete Bauer: "Für mich ist es ein Ort, an dem ich sicher und gesund leben kann." Dies bedeute aber auch, dass die Stadt weiterhin Inspiration biete, sei es durch Kultur, Bildungsangebote, Feiermöglichkeiten, Gelegenheiten zusammenzukommen. "Es ist eine Stadt, in der ich nicht alleine gelassen werde, wenn es mir schlecht geht", fügte Brantner hinzu. Der soziale Zusammenhalt, die Kneipe um die Ecke, die Freunde, die man im Zweifel anrufen könne, all dies gehört für sie zu einer lebenswerten Stadt.
In diesem Jahr gehe es um Einiges, schwor Bauer zum Abschluss die Wählerschaft ein. Der wichtigste Job sei derzeit, die Corona-Pandemie zu bewältigen und zu beenden. Kitas, Hochschulen, Clubs, all die Orte, in denen Menschen zusammenkommen, müssten wieder komplett öffnen dürfen. Bauer: "Deshalb sollten wir jetzt die Werbetrommel rühren, dass es schnell mit dem Impfen weitergeht." Und zuletzt gehe es darum, in diesem Jahr die richtigen Weichen zu stellen. "Damit dieses Jahrzehnt kein Verlorenes wird."