Von Rolf Kienle
Heidelberg. "Ich bin noch immer geplättet", sagt Prof. Günter Germann. Der Gründer und Ärztlicher Direktor der Ethianum-Klinik in Bergheim, wurde von der American Society for Reconstructive Microsurgery (ASRM) zum Präsidenten gewählt. Er ist der erste Nichtamerikaner der Gesellschaft, der Mikrochirurgen auf der ganzen Welt angehören. Es ist die weltweit größte Vereinigung. Der 67-jährige Germann ist bereits seit 1994 Mitglied der Gesellschaft. Die RNZ sprach mit ihm über die Auszeichnung, die als "Oscar" für sein Lebenswerk angesehen werden kann, und über seine Arbeit am Ethianum.
Herr Prof. Germann, welche Bedeutung hat die Auszeichnung für Sie?
Das ist eine große Ehre für mich als Person und für die deutsche plastische Chirurgie. Die Auszeichnung ist vollkommenes Neuland, weil ich der erste Deutsche bin, der sie erhält, aber es gab gerade vonseiten der amerikanischen Kollegen extrem viel Unterstützung. Ich habe in den USA gearbeitet und mein früherer Chef hat im Sinne eines Mentors gewissermaßen die Flügel über mich ausgebreitet. Die ASRM ist eine sehr international orientierte Gesellschaft, und da ist es gleichgültig, ob ich Amerikaner bin oder nicht. Entweder du hast es verdient oder nicht. Die Auszeichnung ist auch eine große Verpflichtung.
Wie wird man Präsident der Gesellschaft für rekonstruktive Mikrochirurgie?
Indem man zuvor Vizepräsident war. Das geht automatisch in die Funktion des Präsidenten über. Davor war ich Schatzmeister der Gesellschaft und davor war ich für das Programm eines Weltkongresses verantwortlich. Man organisiert das Tagungsprogramm und lädt beispielsweise die Redner ein. Das war 2008. Auch da war ich der erste Deutsche.
Was genau tut die Gesellschaft?
Neben den Jahresprogrammen schickt sie Ärzteteams etwa nach Nepal, Vietnam oder in lateinamerikanische Länder, damit sie dort mit einheimischen Kollegen arbeiten und diese trainieren. Wichtig ist, vor Ort Kompetenzen zu schaffen. Wir haben zum Beispiel Kampagnen zur Krebsfrüherkennung und beschäftigen uns mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Es gibt gut dotierte Stipendien für internationale Wissenschaftler, die nach Forschungsprojekten und Auslandsaufenthalten über ihre Forschungen berichten müssen. Im Moment laufen die Vorbereitungen für den Kongress im nächsten Jahr. Da haben wir die Chance, Kollegen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland ein Forum zu verschaffen.
Ihre Klinik besteht seit mittlerweile zehn Jahren. Wie viele Patienten haben Sie?
Wir haben jedes Jahr etwa 2500 bis 4000 ambulante Patienten, 1200 nehmen wir stationär auf. Man kann von 7500 Patientenkontakten jährlich sprechen. Ich selbst operiere 450 Patienten pro Jahr.
Gibt es Verknüpfungen mit anderen Heidelberger Kliniken?
Ja. Wir versorgen im Krankenhaus Salem unsere gesetzlich versicherten Patienten, arbeiten aber auch mit dem Universitätsklinikum zusammen, wenn es um chirurgische Dinge geht. Wir sind in die Versorgung der Gesamtbevölkerung eingebunden. Wir überlegen uns gelegentlich, ob wir das bewerben, aber es hat sich eigentlich längst rumgesprochen.
Welche Schwerpunkte hat Ihre Klinik?
Wir machen Plastische Chirurgie, operieren Knie, Schulter, Fuß, Hüfte und die gesamte Wirbelsäule, haben Dermatologie und endoskopische Gynäkologie. Das operieren wir teilweise im Krankenhaus Salem. Und wenn jemand aus einer anderen Klinik um Hilfe bittet, helfen wir. Heute habe ich einen solchen Hilferuf aus Köln bekommen. Aber das sind Einzelfälle.