Heidelberg

Ein Streifzug durch die Stadt während der dritten Schlossbeleuchtung (plus Video und Fotos)

Die Letzte ist die Beste - Besonders schön sitzt es sich auf der Nepomukterrasse

02.09.2018 UPDATE: 02.09.2018 17:30 Uhr 3 Minuten, 30 Sekunden

Fast wie in einem Biergarten ist die Atmosphäre auf der Nepomukterrasse in Neuenheim.

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Rheinländer pflegen eine besondere Mischung aus Weltläufigkeit und Bodenständigkeit. Nach den ersten fünf Minuten sagt Werner Trinkaus vom Sängerchor Heiligenhaus: "Datt is wie in unserem Wendehammer an Silvester." Nun muss man wissen, dass in Trinkaus Wendehammer in Overath bei Köln sehr heftig geböllert wird. "Unser Nachbar lässt da mindestens ’nen Tausender." Gemessen daran ist die Schlossbeleuchtung doch etwas teurer: 10.000 bis 12.000 Euro sind das Budget der Feuerwerker.

Nach den ziemlich genau zehn Minuten Raketen und Sternschnuppen über der Alten Brücke ist Trinkaus doch ziemlich begeistert: "War doch ’ne dolle Sache." Und sein Sangesfreund Martin Siebert findet: "So ein tolles Feuerwerk habe ich noch nie gesehen." Die beiden aus dem Bergischen Land waren aber nicht nur wegen der Pyrotechnik an den Neckar gekommen, insgesamt 41 Sänger schmetterten auf der Nepomukterrasse am Neuenheimer Brückenkopf, was das Zeug hielt, vor allem Kölsche Karnevalsschlager.

Hansjörg Camphausen, der die viertägige Konzertreise organisiert hat, war bereits im Juli bei der Schlossbeleuchtung, um das Terrain zu sondieren. Sein Urteil: "Total schön, sehr gemütlich und romantisch. Viel charmanter als die Kölner Lichter."

Der rheinische Männergesangverein hatte sich den wahrscheinlich schönsten Flecken für die Schlossbeleuchtung ausgesucht: die Neuenheimer Seite und die beiden Terrassen am Neckarufer - wobei der Blick auf der unteren der bessere ist. Hier stehen 50 Biertischgarnituren, es gibt Pfälzer Wein (und seltsamerweise Karlsruher Bier), dazu Bratwurst und Crêpes, alles zu recht zivilen Preisen. Hier sitzen die zusammen, die nicht einfach nur das Feuerwerk sehen und dann gleich verschwinden wollen - es hat etwas von einem Biergarten, in dem man mit Fremden ganz ungezwungen ins Gespräch kommt.

Wie Rosi und Herbert Steffan aus Lampertheim, die hier auf Karin und Günther Künzer aus Kleingemünd trafen. Für die Steffans war es die erste Schlossbeleuchtung - nach einem ersten Anlauf vor 60 Jahren. Da kamen sie gegen halb zwölf zur Alten Brücke und hatten glatt das Spektakel verpasst.

Der zweite Versuch hat sich gelohnt: "Wir sind ganz begeistert. Ich habe noch nie ein so schönes Feuerwerk gesehen", sagt Rosi Steffan. Auch Helga Wamsler vom Bodensee, die mit am Tisch sitzt, war ganz hin und weg: "Viel schöner als die Konstanzer Seenacht." Und sie wundert, dass dafür kein Eintritt verlangt wird. Auf solche Gedanken kann nur jemand kommen, der direkt an der Schweizer Grenze wohnt.

Die Künzers sind hingegen Routiniers in Sachen Schlossbeleuchtung - und Günther Künzer ist sich sicher: "Die letzte ist die Beste." Das passt zur Faustregel: Die zweite ist die vollste, die Dritte ist die Beste. Mittlerweile sind die Künzers auch Fans der Nepomukterrasse: Das wird immer besser hier, man kommt gut uns Gespräch."

Tatsächlich gibt es die Biertische am Neckarufer noch nicht allzu lange, erst seit fünf Jahren. In den ersten Jahren war wenig los, erinnert sich Joe Schwarz von Heidelberg-Marketing, der städtischerseits die Schlossbeleuchtung organisiert. Es dauerte eben, bis die Heidelberger und ihre Gäste verstanden, dass es am Fuß der Alten Brücke gut aushalten lässt. So ist Ulrich Rosenhövel, der in der Altstadt wohnt, zum ersten Mal hier. Er genießt "am anderen Ufer" die lauschige Stimmung, und seine Begleiterin meint: "Es ist schön, dass so viele unterwegs sind - und dass sie klatschen, wenn es ihnen gefällt."

Nur: Nicht jeder findet den Weg hierher, denn die Alte Brücke ist ab 17 Uhr gesperrt. Jürgen Buch vom Polizeirevier Mitte bewacht auf der Altstädter Seite das Sperrgitter. "Eigentlich sind wir ein Auskunftsbüro", schnauft er. Denn im Sekundentakt kommen Leute vorbei und fragen, ob sie nicht ausnahmsweise über die Brücke dürften. Nein, natürlich nicht, denn das wäre viel zu gefährlich - allein schon wegen der vielen Kabel fürs Feuerwerk.

Und so erklärt er mit einer Kollegin geduldig, wieso der Umweg über den Wehrsteg am Karlstor keine Katastrophe ist. Auf der Neuenheimer Seite versehen Wolfgang Kaul und Gunther Kramert ihren Dienst.

Kaul - er leitet im "richtigen Leben" die Gastronomie am städtischen Theater - ist Polizeifreiwilliger und nennt sich samt Kramert "freundlich-proaktive Helfer" - aber sie lassen trotzdem keinen durch. Selten gibt es Probleme, nur bei der ersten Schlossbeleuchtung im Juni wollte jemand den Durchgang mit aller Gewalt erzwingen. Kaul: "Aber bei Tausenden von Besuchern liegen solche Vorfälle im Promillebereich."

Auf der Alten Brücke trifft unterdessen Feuerwerker Thomas Fischer mit seinem Vier-Mann-Team letzte Vorbereitungen. Er versichert: "Alle drei Schlossbeleuchtungen sind unterschiedlich." Natürlich gebe es "wiederkehrende Elemente" wie den Wasserfall, aber er versuche, immer Neues unterzubringen: "Ein aktuelles Thema sind Figuren wie Ringe, Herzen oder Achtecke." Aber nicht alles geht: "Wir haben hier zum Schutz der Gebäude eine Kaliberbegrenzung, daher ist die Steighöhe der Produkte auf 100 Meter begrenzt. Auf dem Markt gibt es Höhen bis 300 Meter." Und was sagte er zur Kritik, dass die Schlossbeleuchtung immer kürzer wird? "Das ist nur gefühlt. Die tatsächliche Dauer ist immer identisch."

Szenenwechsel: Auf dem Motorschiff Liselotte legt gerade ein Filmteam um den Produktionsleiter Martin Kirsch ab: Im Auftrag der Deutschen Zentrale für Tourismus macht er einen vierminütigen Werbefilm für "die schönsten Momente in Deutschland", der im Internet zu sehen sein wird und sich vor allem an ein jugendliches Publikum richtet: "Nur das Beste schafft es auch wirklich in den Film." Sein Favorit bisher: Heidelberg.

Zurück auf den Nepomukterrasse zieht Organisator Joe Schwarz gegen Mitternacht eine zufriedene Bilanz: 25.000 kamen zur Schlossbeleuchtung, 3000 auf die Nepomukterrasse. Er hat in den letzten elf Jahren 37 Feuerwerke betreut - und entdeckt doch immer wieder Neues: "Zum ersten Mal habe ich heute das Schloss ganz ohne Gerüst gesehen."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.