Patrick Hartmann, Signe Brunner-Orawsky und Ingrid Stolz (v.l.) freuen sich schon auf die „DAI International School“. Foto: Rothe
Von Anica Edinger
Heidelberg. Kinder arbeiten selbstbestimmt und selbstständig. Sie lernen, weil sie neugierig sind. Erarbeiten sich Inhalte selbst und erweitern ihr Fragespektrum. Sie sind Teamplayer, werden befähigt, kritisch zu denken. Sie lernen, die Erde zu lieben, dass sie ein schützenswertes Gut ist. Was für viele Bildungswissenschaftler so etwas wie das Idealbild einer Lernumgebung, der Traum von Schule ist, soll nun in Heidelberg Wirklichkeit werden. Wenigstens klingt das so, wenn Signe Brunner-Orawsky, Patrick Hartmann und Ingrid Stolz von der neuen Schule erzählen, die im September startet: die internationale Schule des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) im Begeisterhaus auf den Patton Barracks.
Das Konzept steht, alle Anträge zur Gründung der Schule wurden eingereicht. Jetzt heißt es: Warten auf die Genehmigung des Regierungspräsidiums. Beantragt wurde eine Gemeinschaftsschule von Klasse 1 bis 10 mit Option auf Oberstufe. Gestartet werden soll im September mit jeweils einer ersten, zweiten, fünften und sechsten Klasse. Schulleiter werden Hartmann und Brunner-Orawsky, auch das restliche Kollegium hat sich zum größten Teil formiert.
Das DAI rechnet damit, dass das offizielle Schreiben aus Karlsruhe im Sommer eintrifft. "Die Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium klappt hervorragend, wir stehen in sehr gutem regelmäßigen Kontakt", sagt Ingrid Stolz, stellvertretende DAI-Direktorin und Impulsgeberin für die Schule. Wie es dazu kam, dass das DAI nun auch Schule macht, welches Konzept dahinter steckt und wieso das ein wirklicher Mehrwert für Heidelberg sein kann? Ein Überblick:
> Die Idee: Seit 2007 gib es am DAI die internationalen Kindergärten. Aktuell werden dort rund 200 Kinder aus mehr als 20 verschiedenen Ländern betreut. Gemeinsame Sprache ist Englisch. Vor einigen Jahren, berichtet Stolz, habe eine Mutter eines Kindergartenkindes sie gefragt, ob es denn als Äquivalent zu den Kindergärten auch eine DAI-Schule gebe. Es gab keine. Doch die Idee war geboren. Stolz arbeitete fortan am Konzept, und schließlich wurde mit dem Baubeginn des Begeisterhauses auch ein Ort gefunden.
> Der Ort: Das Begeisterhaus soll ein nicht-kommerzieller Freiraum werden, wo Menschen jedes Alters und jeder Herkunft sich gemeinsam ausprobieren, Projekte starten und ihre Potenziale entfalten können – ein perfekter Ort also, um eine Schule unterzubringen. Der DAI-Freundeskreis hat für das Begeisterhaus 2018 ein Ex-Verwaltungsgebäude der US-Armee in den ehemaligen Patton Barracks ganz im Norden von Kirchheim gekauft – den "Clocktower", der auf vier Stockwerken 1800 Quadratmeter Platz bietet. Dort wird es etwa einen "Art Space" oder auch einen "Maker Space" geben, die dann auch von den Schulkindern genutzt werden können. "Ihre Ideen können dort Wirklichkeit werden", freut sich Patrick Hartmann.
> Das Konzept: Die internationale DAI-Schule ist eine bilinguale Schule: Es wird Deutsch und Englisch gesprochen. Dabei ist je ein bilinguales Klassenlehrerteam für eine Klasse von etwa 20 Kindern verantwortlich. Pädagogisch setzt das DAI auf projektbezogenes "Deeper Learning". Das erklärt Brunner-Orawsky so: "Die Kinder sollen befähigt werden, sich komplexe Themen selbst anzueignen und selbst Fragen zu stellen." Die Pädagogen träten so an vielen Stellen zurück, machten weniger Vorgaben, agierten mehr als Lernbegleiter. Wissensaneignung und kreatives Problemlösen solle beim "Deeper Learning" miteinander verknüpft werden. In Ergänzung dazu wird mit dem Bildungswissenschaftlichen Institut der Uni Heidelberg sowie mit einem Lernprogramm der Emory University in Atlanta, Georgia, gearbeitet: dem "Social, Emotional and Ethical Learning". Die Idee dahinter: "Es soll sich der Gedanke verfestigen, dass wir diese Erde in guter Art und Weise an die nächste Generation weitergeben." Diese ethische Komponente sei nicht zuletzt auch auf den Dalai Lama zurückzuführen.
> Die Umsetzung: Pro Jahr werden drei größere Themen bearbeitet, die sich nach dem Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg richten, der um das Cambridge Curriculum ergänzt wird. Beispielsweise das Thema nachhaltige Ernährung: Wie werden Früchte umweltverträglich erzeugt und nachhaltig produziert, welche Bedeutung haben sie für unsere Gesundheit, und wie werden sie sozial gerecht verteilt? Dazu wird es pro Tag zwei Projektphasen an der DAI-Schule geben, wo die Themen integrativ und außerdem klassenübergreifend bearbeitet werden – das heißt: Klasse 1 und 2 werden gemeinsam unterrichtet, ebenso Klasse 5 und 6. Da auch Medienkompetenz eine wichtige Rolle spielen soll, werden Kinder wie Lehrkräfte außerdem mit eigenen Tablets ausgestattet. Alle nutzen die Lernplattform HPI Schul-Cloud, auf der sie gemeinsam Lerninhalte erstellen, teilen und sicher speichern können. So können Eltern und Schüler jederzeit überall und von jedem Endgerät darauf zugreifen. Teamarbeit unter den Lehrern und Kommunikation mit den Eltern: "Das ist uns sehr wichtig", so Brunner-Orawsky.
> Die Anmeldung: Alle Infos zu den Anmeldemodalitäten gibt es hier. Eltern von angehenden Grundschulkindern sollten ihre Kinder unbedingt auch im "öffentlichen" Anmeldesystem vormerken. Sollten Sie dann einen Platz an der DAI-Schule bekommen, können sie ihren Platz an der öffentlichen Schule wieder zurückgeben.
> Die Kosten: Es handelt sich um eine Schule in freier Trägerschaft. Die ersten drei Jahre muss sich eine solche Schule selbst finanzieren, erst dann ist es möglich, Zuschüsse vom Land zu beantragen. Deshalb werden die monatlichen Gebühren auch vorerst für alle gleich sein. Diese setzen sich zusammen aus einem Basisschuldgeld von 160 Euro und einem Beitrag von circa 360 Euro für das sogenannte erweiterte Schulprofil, also die besonderen Leistungen der DAI-Schule über den Bildungsplan hinaus. Das DAI arbeitet hier kostendeckend, da es als gemeinnützige Kultureinrichtung keinen Gewinn erwirtschaften darf. Außerdem soll es künftig auch Stipendien für Familien geben, die sich den Beitrag nicht leisten können.