Von Sarah Hinney
Heidelberg. Melanie Weigl hat gegen die coronabedingte Schließung ihrer Alpakafarm in Ziegelhausen bis zum Schluss gekämpft – aber sie hat den Kampf verloren. Kurz vor Weihnachten erreichte sie das Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim: Es bestätigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe – bei der Alpakafarm handle es sich um einen "Freizeitbetrieb", und laut Coronaverordnung des Landes mussten Freizeitbetriebe ab 2. November schließen.
Dass sich nun fast zeitgleich zu diesem für Weigl äußerst schmerzhaften Urteil eine Gruppe von Wissenschaftlern für ihre Alpakas interessiert, hat eine gewisse Ironie. Jene Wissenschaftler beschäftigen sich mit der Funktionalität von Nanoantikörpern bei Kameliden, eine Säugetierfamilie, zu der auch Lamas und Dromedare gehören.
Konkret geht es bei der Forschung um virale Infektionskrankheiten, für die die Wissenschaftler Blutproben von Alpakas benötigen und Weigl angeschrieben haben. Für sie war es selbstverständlich, zuzusagen. Dass ihre Tiere möglicherweise zu einer wichtigen medizinischen Forschung beitragen könnten, freut die Farmbesitzerin sehr. Gleichwohl wird diese Freude von der permanenten Sorge um ihren Betrieb und ihre Tiere überschattet.
Die Alpakafarm liegt auf dem Pferchelhang. Gäste können mit den Tieren Wanderungen buchen oder Zeit verbringen, zudem gibt es ein therapeutisches Angebot. Letzteres darf Weigl laut Corona-Verordnung weiterführen, die Wanderungen ohne therapeutischen Hintergrund sind untersagt – die Bedingungen für beide sind allerdings identisch.
Die RNZ-Sommertour wanderte mit den Alpakas durch den WaldNachdem die Bundesregierung den Teil-Lockdown beschlossen hatte und damit auch, dass Freizeiteinrichtungen schließen müssen, wandte sich Weigl an das Gesundheitsamt. Da ihr Gelände zwei Hektar groß ist, sah sie kein Problem, dass sich zwei Haushalte aus dem Weg gehen. Am 30. Oktober kam die Antwort vom Veterinäramt – das hatte keine Bedenken.
Am 2. November kam dann eine E-Mail vom Ordnungsamt. Darin wurde ihr der Betrieb doch untersagt. Weigl schaltete einen Anwalt ein. Der stellte einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung – der Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Es sei erwiesen, dass in Freizeiteinrichtungen eine große Anzahl von Menschen zusammenkommen, die engen körperlichen Kontakt zueinander haben. Genau das ist aber auf der Alpakafarm nicht der Fall.
Weigl zog vor Gericht, verlor erst in erster und nun in zweiter Instanz. "Nachdem es den kompletten Lockdown gab, war das Urteil einerseits zu erwarten", sagt Weigl im Gespräch mit der RNZ. Sie hatte andererseits aber gehofft, dass das Gericht zumindest für die Zeit vor Komplettlockdown zu ihren Gunsten entscheiden würde. "Dann hätte ich die Gerichtskosten nicht zahlen müssen. Möglicherweise hätte ich dann auch Anspruch auf Schadenersatz von der Stadt Heidelberg gehabt."
Ihre finanzielle Lage sei dramatisch, sagt Weigl. "Ich bin ziemlich verzweifelt und ich weiß nicht, ob meine Farm die nächsten Monate überstehen wird." Sie rechne nicht mit einer Besserung der Lage vor Ostern. Von der versprochenen Novemberhilfe seien noch nicht einmal Abschlagszahlungen eingetroffen. Auf ihren Antrag habe es bis jetzt keinerlei Reaktion gegeben. Und ob und wie es Hilfen für die nächsten Monate geben wird, sei unklar.
Für die engagierte Frau ist nur eins klar: "Meine Tiere verkaufe ich nicht! Bevor ich das tue, gebe ich meine Wohnung auf und ziehe ohne Wasser und Strom in meinen Bauwagen."
Update: Dienstag, 29. Dezember 2020, 19.15 Uhr
Alpaka-Farm klagt weiter gegen Wanderungs-Verbot
Nur ein therapeutisches Angebot sei erlaubt. Melanie Weigl von der Alpakafarm Ziegelhausen klagt gegen die Entscheidung.
Heidelberg. (shy) Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat den Antrag auf Weiterführung der Alpakafarm Hirtenaue in Ziegelhausen abgelehnt. Die Besitzerin der Farm, Melanie Weigl, hatte gegen die Schließung der Farm im Teil-Lockdown geklagt. Ihre Argumente: Auf der Farm sei Abstand kein Problem, es kämen nicht viele Menschen zusammen und ein zusätzliches Hygienekonzept läge vor.
Zu der Gerichtsentscheidung sagte Weigl jetzt: "Ich trage in dieser existenziell bedrohlichen Lage nun auch noch die Gerichtskosten plus die Verwaltungsgebühr, die mir von der Stadt Heidelberg auferlegt wird und meine Farm muss weiterhin für alle Freizeitaktivitäten geschlossen bleiben. Es ist der blanke Hohn." Doch sie gibt nicht auf: "Ab Montag werden wir Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim einlegen. Wir rechnen nicht unbedingt damit, dass das Gericht anders entscheiden wird. Aber es geht ums Prinzip."
Update: Freitag, 20. November 2020, 19.18 Uhr
Corona-Verordnung verbietet auch Alpaka-Wanderung
Von Sarah Hinney
Heidelberg. Melanie Weigl reicht es. Die Besitzerin der Alpakafarm Hirtenaue in Ziegelhausen zieht vor Gericht – letztlich wegen der Corona-Verordnung. Am Donnerstag machte sie ihrem Unverständnis auch auf Facebook Luft und schrieb: "Mir fehlen die Worte über die Unverschämtheit, mit der das Ordnungsamt über die Tatsachen auf meiner Farm hinweggeht und mich generell als Freizeitbetrieb über einen Kamm schert."
Die Alpakafarm liegt idyllisch auf dem Pferchelhang. Gäste können mit den flauschigen Tieren Wanderungen buchen oder einfach Zeit verbringen, zudem gibt es ein therapeutisches Angebot. Letzteres darf Weigl laut Corona-Verordnung weiterführen, die Wanderungen ohne therapeutischen Hintergrund sind untersagt – die Bedingungen allerdings identisch. Weigl findet das absurd. Sie ist weder Corona-Leugnerin noch verharmlost sie das Virus, aber sie ärgert sich über die Entscheidung. Der RNZ schilderte sie die ganze Geschichte aus ihrer Sicht: Nachdem die Bundesregierung den Teil-Lockdown und damit beschlossen hatte, dass Freizeiteinrichtungen schließen müssen, wandte sich Weigl an das Gesundheitsamt. "Ich bin im Rettungsdienst ausgebildet, ich weiß, wie Viren funktionieren, mein Gelände ist zwei Hektar groß, da ist es absolut kein Problem, dass sich zwei Haushalte aus dem Weg gehen", schickt Weigl vorweg. Das Gesundheitsamt verwies ans Ordnungsamt. Am 30. Oktober kam Antwort vom Veterinäramt – das hatte keine Bedenken und wünschte viel Erfolg für die Weiterführung ihrer Farm. "Am 2. November habe ich eine Alpaka-Wanderung durchgeführt, selbstverständlich mit Masken und Abstand", berichtet Weigl. Am gleichen Tag kam eine Mail vom Ordnungsamt. Darin wurde ihr der Betrieb nun doch untersagt. Weigl war verwirrt, hakte nach. Das Ordnungsamt blieb dabei – die Farm sei eine Freizeiteinrichtung und müsse schließen.
Weigl schaltete einen Anwalt ein. Der erfuhr, dass sie einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung stellen könne. Gesagt getan – aber der Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Es sei erwiesen, dass in Freizeiteinrichtungen eine große Anzahl von Menschen zusammenkommen, die engen körperlichen Kontakt zueinander haben. Weigl ärgert sich maßlos darüber, dass das Ordnungsamt auf die seitenlangen Beschreibungen ihres Angebots mit einem Allgemeinplatz reagierte. Denn auf ihrer Farm kämen Menschen schließlich weder in großer Anzahl noch in engem Kontakt zusammen.
Die Stadtverwaltung zeigte auf RNZ-Nachfrage Verständnis für die Situation. Allerdings sei es nicht so, dass das Ordnungsamt den Betrieb genehmigt oder versagt, sondern lediglich den Inhalt der Corona-Verordnung klargestellt habe. Eine Verordnung, auf die die Stadt letztlich keinen Einfluss habe. Ausnahmegenehmigungen seien nur aus wichtigen Gründen zu erteilen. Weder Verdienstausfälle noch die Einhaltung von Hygienevorgaben stellten aber einen wichtigen Grund für eine Ausnahme dar. Überdies habe die Landesregierung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch Einrichtungen, die in der Vergangenheit Hygienekonzepte zur Reduzierung von Infektionsrisiken implementiert haben, schließen müssen. Darunter fallen auch Freizeitaktivitäten, unabhängig davon, ob diese im Freien oder in geschlossenen Räumen stattfinden. Weigl hofft trotzdem, dass nun ein Gericht eine differenziertere Entscheidung treffen wird.
Melanie Weigl (l.) ärgert sich über das Ordnungsamt. Unser Foto zeigt sie mit einem ihrer Alpakas und Gästen der RNZ-Sommertour im September. Foto: Rothe