Benjamin Brandstetter, Susanne von Schellenberg, Kreisvorsitzender Hannes Wendling und Stadtrat Karl Breer (v.l.). Foto: Rothe
Heidelberg. (os) Nach der verpatzten ersten Ministerpräsidentenwahl in Thüringen geht es für den Heidelberger FDP-Kreisverband jetzt darum, Vertrauen zurückzugewinnen. Einer, der dafür kämpfen will, ist der 23-jährige Geschichtsstudent Benjamin Brandstetter, der am Mittwoch bei der Wahlkreiskonferenz seiner Partei im "Güldenen Schaf" zum Landtagskandidaten für die Landtagswahl am 24. März 2021 gekürt wurde. Einer seiner Schwerpunkte ist die Bildungspolitik. Als Ersatzbewerberin wählten die Mitglieder Susanne von Schellenberg (54), Bezirksbeirätin in Rohrbach mit unternehmerischer Erfahrung, die den Kandidaten in wirtschaftspolitischen Fragen unterstützen will.
Benjamin Brandstetter, der auch Vorsitzender der Jungen Liberalen und Landesvorsitzender der Liberalen Schwulen und Lesben ist, stellte sich der Konferenz als Mann aus bescheidenen Verhältnissen vor. Er fühlte sich von der FDP angesprochen, "weil sie nicht danach fragt, wo du herkommst" – aber Respekt habe vor denen, "die etwas erreicht haben oder erreichen wollen". Baden-Württemberg, findet Brandstetter, brauche eine solche Partei mit mutigen Konzepten für die Zukunft, da Winfried Kretschmann bremse, die CDU den Rückwärtsgang einlege und die SPD nur Geld ausgeben wolle.
Neue Initiativen sind nach Ansicht des FDP-Kandidaten vor allem in der Bildungspolitik vonnöten, denn im Bildungsranking sei das Land auf Platz sechs abgerutscht und belege bei der Ganztagsbetreuung den letzten Platz. Brandstetter setzt sich für eine bessere Betreuung in den Kindertagesstätten ein, fordert eine Qualitätsoffensive für die Schulen, die Rückkehr zur verpflichtenden Grundschulempfehlung und meldet Zweifel an, dass das Land seine Hochschulexzellenz behalten kann. Selbst die Grüne Hochschulgruppe sei der Meinung, "dass Frau Bauer einen schlechten Job macht". Und mit Blick auf die AfD und den Rechtsextremismus hält er es für erforderlich, die offene Gesellschaft nicht nur zu verteidigen, sondern weiter auszubauen.
Bei der Wahl erhielt Brandstetter 20 von 30 abgegebenen Stimmen, Susanne von Schellenberg 23. Eingebettet war die Wahlkreiskonferenz in die Jahreshauptversammlung des FDP-Kreisverbandes, dessen Vorsitzender, Hannes Wendling, auf ein arbeitsreiches Jahr zurückblickte, in dem es der Partei gelang, mit 5,7 Prozent der Heidelberger Wählerstimmen wieder mit drei statt zwei Räten in den Gemeinderat einzuziehen und damit eine eigene Fraktion zu bilden. Dabei galt besonderer Dank Fraktionschef Karl Breer und den Julis für ihren engagierten Wahlkampf. Ein beherrschendes Thema war die Wahl in Thüringen. Nach der Aufarbeitung gilt Wendling zufolge auch für die FDP in Heidelberg die Prämisse: "Keine Koalition mit der Linken und keine Kooperation mit der AfD".
Dass der FDP-Kreisverband zuletzt wieder Zuwächse hatte und jetzt 220 Mitglieder zählt, wurde mit Genugtuung registriert. Und altersmäßig stellt Heidelberg einen der jüngsten Kreisverbände, wie Schatzmeister Karl-Heinz Sundmacher berichtete. Bemüht um die Konsolidierung der Finanzen angesichts von Landtags- und Bundestagswahlen im kommenden Jahr, rät er zu Gesprächen zu einer Begrenzung der ausufernden Plakatierung.
Schatzmeister und Vorstand wurden einstimmig entlastet. Und am Ende durfte ein Schuss Kommunalpolitik nicht fehlen. Fraktionschef Breer, der den Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses zugunsten eines Ankunftszentrums in den "Wolfsgärten" wegen der begrenzten Dimension begrüßte, brach eine besondere Lanze für die heimische Gastronomie. Und er sieht Chancen für eine Befriedung lärmgestörter Altstadt-Bewohner durch den auf Vorschlag der FDP etablierten Nachtbürgermeister.