So sieht es nicht immer im verkehrsberuhigten Bereich der Mühltalstraße aus - jedoch viel zu häufig. Teilweise sind nur fünf Meter von Hauswand zu Hauswand Platz. Hier wird deutlich, was bei Gegenverkehr passiert. Foto: Philipp Rothe
Von Jonas Labrenz
Heidelberg-Handschuhsheim. So intensiv und emotional wurde eine Verkehrmaßnahme selten diskutiert: Im Bezirksbeirat Handschuhsheim traf der Vorschlag, aus dem verkehrsberuhigten Bereich in der Mühltalstraße eine unechte Einbahnstraße zu machen, auf breite Ablehnung. Dort wurde allerdings auch klar: Die Bürger wünschen sich klare Fakten zur Situation in der Mühltalstraße. Die RNZ hat beim Amt für Verkehrsmanagement, der Verkehrspolizei und dem Sicherheitsauditor nach ihrer Entscheidungsgrundlage gefragt.
Verkehrsunfälle mit Personenschaden: Die Verkehrspolizei hat sich die Statistik für 2017 und 2018 genau angeschaut und 16 Verkehrsunfälle in diesem Abschnitt registriert - jeweils ohne Personenschaden. Die Beamten gehen allerdings von einer "sehr hohen Dunkelziffer" aus, auf die sie durch Verkehrsbeobachtungen und auch aus Gesprächen mit Anwohnern und Nutzern der Mühltalstraße schließen und erklären "dass es häufig zu Berührungen zwischen Fußgänger und Kraftfahrzeug kommt". Die leichten Verletzungen "führen in der Regel nicht zu einer Unfallanzeige bei der Polizei." Das sei aber auch nicht alleine maßgeblich, erklärt der Sicherheitsauditor vom Büro Bueffee, Jens Leven. "Dazu gehört auch, dass man nicht an die Wand gequetscht wird."
Was sind die Unfallursachen? "Zu den Unfallursachen ist festzustellen, dass die Unfalllage von der besonderen Situation in diesem Teilstück der Mühltalstraße geprägt ist. Der Fahrbahnquerschnitt weist stellenweise eine gravierende Enge und Unübersichtlichkeit auf. Teilweise können sich Kraftfahrzeuge nicht begegnen, ohne dass eine Berührung erfolgt", so Polizei und Verkehrsmanagement. "Es ist eine unerträgliche Situation", findet Leven. "Die Situation für den Fußgängerverkehr ist schließlich auch von Verkehrsgefährdungen, Verkehrsbehinderungen bis hin zum Abdrängen von Fußgängern in Hauseingänge geprägt", erklären Polizei und Verkehrsmanagement. Außerdem "entsprechen die derzeitigen Verkehrsverhältnisse bei weitem nicht den gesetzlichen Grundlagen eines verkehrsberuhigten Bereiches (Fußgänger haben Vorrang und können die gesamte Fahrbahnbreite nutzen, Kinderspiele sind erlaubt)." Daran änderten auch Schwellen, Piktogramme oder Poller nichts.
Ist ein Umweg von 1,5 Kilometern zu rechtfertigen? "Bis zu einem gewissen Grad können Umwege gerechtfertigt werden", erklärt Leven. "Heute wägt man recht konsequent in Richtung Sicherheit ab", sagt der Ingenieur. Die Polizei ergänzt: "Diese Unfalllage und die erhebliche Einschränkung der allgemeinen Verkehrssicherheit hat bewirkt, dass zwingend eine gravierende Änderung der Verkehrsregelung in diesem Abschnitt vorgenommen werden muss."
Warum eine "unechte" und keine echte Einbahnstraße? "Das ist ein quantitatives Problem", so Leven. Die "Konflikthäufigkeit" soll reduziert werden. "Im Verhältnis ist die unechte Einbahnstraße der mildere Eingriff", erklärt er. Eine echte Einbahnstraße wäre angesichts der wenigen Begegnungen, die es dann noch geben würde, ein unverhältnismäßig großer Eingriff. Außerdem sollen Hangbus und Radler weiter die Strecke nutzen können.
Wird in Einbahnstraßen schneller gefahren? "So etwas kann gegebenenfalls passieren", gibt Verkehrsauditor Leven zu. Falls es dazu komme, "dann kann man das über weitere Maßnahmen lösen", so Leven. Eines jedoch müsse klar sein: "Die Enge ist nicht veränderbar."
Kann nicht mehr geblitzt werden? "Wenn Sie kontrollieren wollen, brauchen Sie auch jemanden, der kontrolliert", gibt Leven zu bedenken. Das kann die Stadt im Moment nicht leisten. Wenn es nach Leven geht, ist ein Kontrolldruck allerdings nicht die Lösung: "Dann ist man planerisch schon gescheitert."