Der ADFC – hier Marko Krambs, der beim Fahrradclub seinen Bundesfreiwilligendienst leistet – bringt die Bestellungen mit dem Lastenrad zu den Kunden. Ein Service nicht nur für Fahrradhändler. Foto: Philipp Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Corona-Krise trifft die Fahrradhändler hart. Da sie keine Lebensmittel anbieten, mussten sie ihre Geschäfte, in denen sie neue Zweiräder und Zubehör anbieten, für den Publikumsverkehr schließen. Nur Reparaturen, Online-Handel und Mitnahme sind nach wie vor erlaubt. "In den Monaten März bis Mai erwirtschaften die meisten von uns fast die Hälfte des Jahresumsatzes", klagt Klaus Treiber, Inhaber von Quadrad in der Kurfürsten-Passage gegenüber dem Hauptbahnhof. Wie er seien die meisten auf diese Monate angewiesen, um das Minus der kalten Monate auf den Konten auszugleichen.
Und jetzt das: Auf einmal sind die Regale und die Lager voll, doch die Kunden weggebrochen. "Ich habe einen Warenbestand von einer halben Million Euro", sagt Treiber, der auf hochwertige Mountainbikes spezialisiert ist. Zwar haben einige Händler in Heidelberg ein Online-Angebot, doch die meisten schauten sich die Ware eben doch noch gerne vor Ort an. Und ausgerechnet jetzt, im Ostergeschäft, bieten die Lebensmittel-Discounter und Baumärkte, die noch öffnen dürfen, alles rund ums Rad zum Schnäppchenpreis an.
"Unterstützt die Händler vor Ort", fordert nun Michael Fröhlich, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs. Den Händlern macht er ein Angebot: Jeder, der nicht weiß, wie er seine Ware an die Frau oder den Mann bringen soll, kann den neuen Lastenrad-Service des ADFC nutzen. Dieses Angebot gelte für alle Einzelhändler – nicht nur für Fahrradgeschäfte. Morgens werde die Ware abgeholt, nachmittags von der ADFC-Zentrale in Bergheim weiter verteilt. "Wir können alles in der Ebene abdecken", sagt Fröhlich. Nur Auslieferungen auf den Berg seien mit dem Lastenrad schwer möglich.
Nicht jeden in der Branche trifft die Krise gleich hart. "Für Fahrradreparaturen haben wir geöffnet. Da wir sowieso mit Terminen arbeiten, haben wir einen Monat Vorlauf", gibt sich Tobias Döffinger vom Kleinen Radhaus in der Bahnhofstraße entspannt. Die Fahrradannahme werde im Freien gemacht. Dass der Zubehörverkauf eingebrochen sei, sei schon ärgerlich. "Wir liefern aber auch selbst aus", so Döffinger. Die Kunden könnten ihre Räder online bestellen, diese würden dann in der eigenen Werkstatt aufgebaut.
Altavelo hat zwei Filialen, eine im Zollhofgarten in der Bahnstadt und eine in Bergheim. Mitinhaber Paul Kappler begreift die Krise als Chance. Die Lastenradinitiative des ADFC sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Es gibt die Möglichkeit, sich gegen den Online-Handel zu stellen und regional einzukaufen." Zudem könne man sich am Fahrradgeschäft ohnehin keine goldene Nase verdienen.
"Wir machen das aus Überzeugung", so Kappler. Und privat freut er sich, dass die Luft jetzt viel sauberer ist, der Verkehr reibungslos läuft. Sicherlich, auch er mache sich finanzielle Sorgen, das Lager sei voll, er habe auch beim Land die Soforthilfe beantragt. "Aus dieser Krise kommt keiner mit einem Plus heraus."
Die wichtigste Priorität ist für ihn aber jetzt, die Miete und die Löhne zu zahlen. Sechs Mitarbeiter hat Altavelo, dazu einen Azubi. Daher freut sich Kappler über all die Stammkunden, die gerade jetzt Fahrräder bei ihm kaufen. "Seit dem Tag, an dem die Schulen geschlossen haben, verkaufen wir mehr Kinderräder als sonst." Ein Vater habe sogar vorzeitig das nächstgrößere Modell für seine Tochter gekauft, obwohl das noch zu hoch für sie sei. Nur weil er wollte, dass "sein" Händler in der Krise Umsatz macht.
Info: Hier sind Geschäfte aufgelistet, die trotz Corona-Krise noch geöffnet haben. Geschäfte, die den Lastenrad-Service des ADFC in Anspruch nehmen wollen, können sich unter heidelberg@adfc-bw.de melden.