Ein Spezialunternehmen transportierte das Buch am Donnerstag, während Polizisten mit Maschinenpistolen Geleitschutz gaben. Foto: Nissen
Von Denis Schnur
Heidelberg. Blaulicht, drei Mannschaftswagen, zwei Motorräder und Beamte mit Maschinenpistolen: Wer am gestrigen Donnerstag an der Universitätsbibliothek (UB) in der Altstadt vorbeilief, konnte einen Großeinsatz der Polizei beobachten. Doch diese suchte nicht etwa nach einem Straftäter, sondern war vor Ort, um den Transport eines Buches zu sichern.
Dabei handelte es sich natürlich nicht um irgendein Werk, sondern um eines der wertvollsten Bücher der Welt: den "Codex Manesse" (siehe Hintergrund). Die Liederhandschrift aus dem Mittelalter wird ab nächstem Mittwoch im Landesmuseum in Mainz ausgestellt. Und damit das rund 700 Jahre alte Werk dort sicher ankommt, bekam es Geleitschutz.
Berühmt ist der „Codex Manesse“ vor allem wegen seiner Miniaturmalungen. Foto: NissenUnd das hat durchaus seine Berechtigung. Denn das Buch ist für die Ausstellung mit der stolzen Summe von 80 Millionen Euro versichert worden. "Da geht es natürlich nicht um Diebstahl", erklärt Dr. Martin Nissen, der die Pressearbeit für die UB macht. "Denn es gibt keine Möglichkeit, den Codex in Geld umzuwandeln." Jedoch bestehe bei dem wertvollen und alten Stück natürlich immer die Gefahr, dass es beschädigt werde.
Deshalb geht die UB eigentlich sehr restriktiv mit dem Liederbuch um. Zuletzt wurde es 2011 ausgestellt – anlässlich der 625-Jahr-Feier der Ruperto Carola. Und auch Forscher bekommen den Codex eigentlich nicht mehr zu sehen: "Wir haben ihn vollständig digitalisiert und weltweit frei zugänglich gemacht", so Nissen. Deshalb lehne man eigentlich alle Anfragen ab.
Für die große rheinland-pfälzische Landesausstellung "Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht" macht die Universität jedoch eine Ausnahme. "Da passt der Codex Manesse thematisch besonders gut", betont Nissen. Denn die Region entlang des Rheins spielt in der Schau eine wichtige Rolle. "Und es ist nicht so weit weg." Außerdem sei die Landesregierung in Mainz bereit gewesen, alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen – etwa die gut zehn Polizisten ins Nachbarbundesland zu entsenden, um den Codex zu bewachen. Und auch, wie dieser ausgestellt und vor Ort behandelt wird, wurde vertraglich festgelegt. Sorgen um das wichtigste Relikt der UB mache man sich daher keine, wie Nissen betont. "Aber natürlich ist es eine besondere Situation."
In Heidelberg wird das Liederhandbuch vermutlich erst wieder im Jahr 2036 ausgestellt werden. Dann wird die Universität 650 Jahre alt. "Das hat ja mittlerweile Tradition, dass wir den Codex da alle 25 Jahre zeigen", so der UB-Sprecher. Heidelberger, die ihn früher live sehen möchten, müssten den "letztendlich ja nicht so weiten Weg" nach Mainz auf sich nehmen, wo er sechs Wochen lang im Landesmuseum zu sehen sein wird.