Szene einer Herztransplantation aus dem Heidelberger Universitätsklinikum. Foto: Uniklinik
Von Holger Buchwald
Der Transplantationsskandal am Uniklinikum Heidelberg hat es in sich: Es ist das Mammutverfahren der hiesigen Staatsanwaltschaft - und eines mit ungewissem Ausgang. Seit letzten August laufen die Ermittlungen gegen vier Ärzte, die im Tatzeitraum zwischen 2010 und 2011 in Heidelberg beschäftigt waren.
Ihnen wird vorgeworfen, bei 44 Patienten die Dosierung von Medikamenten so manipuliert zu haben, dass es den Anschein hatte, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Dadurch rutschten die Patienten in der Warteliste von Eurotransplant nach oben - und erhielten schneller ein Spenderherz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und Urkundenfälschung. Die Mediziner hätten billigend in Kauf genommen, dass andere Patienten, die in der Dringlichkeitsreihenfolge hätten weiter oben stehen müssen, zunächst kein passendes Organ bekommen haben, erklärt Pressestaatsanwalt Jochen Braig: Ihr Leiden und ihr lebensbedrohlicher Zustand seien womöglich verlängert worden.
Die Kriminalbeamten müssen nun 44 Patientenakten durchforsten. Und auch bei der Anklagebehörde muss die bearbeitende Oberstaatsanwältin viel Zeit in das Verfahren investieren. "Für einen Laien ist diese ganze Materie nur schwer nachzuvollziehen", sagt der leitende Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler: "Von der Uniklinik hätten wir uns mehr Hilfe bei der Aufklärung gewünscht." Allerdings habe er auch Verständnis, dass sich die Klinikumsleitung in einer Zwickmühle befinde. Einerseits zeigte sie die Unregelmäßigkeiten bei den Herztransplantationen selbst bei der Staatsanwaltschaft an. Andererseits habe man auch als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber den angestellten Ärzten. Die medizinisch hochkomplexe Thematik stellt die Juristen zudem noch vor ein anderes Problem: Ohne den Hintergrund möglicher Manipulationen durchschaut zu haben, kann die Staatsanwaltschaft keinen externen Gutachter beauftragen. Denn der braucht einen klaren Arbeitsauftrag.
Mit diesem Verfahren betritt die Staatsanwaltschaft juristisches Neuland. Bisher haben die Gerichte nur einmal über solch einen Fall entschieden. Doch im Göttinger Transplantationsskandal sprach das dortige Landgericht den angeklagten Arzt im Mai letzten Jahres frei. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein. Nun wird auch für die Heidelberger Ärzte viel davon abhängen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) den Fall sieht. BGH-Sprecherin Angela Haasters konnte gestern noch nicht sagen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.