Fünf Jahre nach Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren in Baden-Württemberg demonstrierten 400 Studenten gegen die neuen Pläne. Foto: Rothe
dns. Mehr als 400 Studenten protestierten gestern in Heidelberg gegen die Pläne des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums, das zum Wintersemester 2017 wieder Studiengebühren einführen will, wenn auch nur für Zweitstudenten und Nicht-EU-Ausländer. Ministerin Theresia Bauer betonte, dass die Maßnahme empfindliche Kürzungen in der Bildung verhindern soll - bei den Studenten in ihrem eigenen Wahlkreis macht sie sich damit aber offenbar nicht beliebt.
Die Demonstranten erteilten den Plänen der grünen Wissenschaftsministerin jedenfalls eine klare Absage: "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut" und "No Border, No Nation, Free Education" ("Keine Grenze, keine Nation, freie Bildung") skandierten sie auf ihrem Marsch vom Hauptbahnhof über die Stadtbücherei hin zum Friedrich-Ebert-Platz. Der Aufruf zur Demonstration wurde von den Studentenvertretungen an Universität und Pädagogischer Hochschule unterstützt.
Die Demonstranten kritisieren die Gebührenpläne Bauers, nach denen internationale Studenten künftig 1500 Euro und jene, die ein Zweitstudium absolvieren, 650 Euro pro Semester zahlen sollen, als ungerecht und unsozial: "Sie widersprechen dem universellen Menschenrecht auf Bildung", betonte einer der Redner, "die Spaltung der Gesellschaft, die so betrieben wird, darf nicht unser Weg sein." Prominente Unterstützung bekam der Protestzug vom Heidelberger SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding, der am Bahnhof eine Rede hielt, in der er die Gebühren als "Quatsch" und "Zeichen gegen den freien Zugang zu Bildung, gegen die Wissenschaftsfreiheit und gegen Völkerverständigung" bezeichnete.
Die Organisatoren zeigten sich im Anschluss zufrieden, auch wenn sie zuvor auf etwa 800 Teilnehmer gehofft hatten: "Es ist kalt, kurz vor Weihnachten, und einige Studenten haben heute sogar noch Klausuren geschrieben - von daher sind über 400 Teilnehmer ziemlich gut", so ein Sprecher. Beeindruckend sei zudem, dass die allermeisten nicht um ihrer selbst willen, sondern aus Solidarität mit den ausländischen Studenten protestiert hätten.
Wäre es nach dem Willen der Organisatoren gegangen, wären die Demonstranten durch die Hauptstraße zum Universitätsplatz gezogen, genehmigt wurde jedoch nur die Route über die Friedrich-Ebert-Anlage zum Platz dort: "In der Fußgängerzone wäre es mit dem Weihnachtsmarkt einfach zu eng gewesen", erklärte Christian Zacherle, Chef des Polizeireviers Mitte und Einsatzleiter, mit Verweis auf eine feministische Demo vor einigen Tagen, die zu Gedränge am Anatomieplatz geführt hatte. Mit dem Ablauf gestern war er aber äußerst zufrieden: "Es war sehr friedlich."