Szene einer Herztransplantation aus dem Heidelberger Universitätsklinikum. Foto: Uniklinik
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Ein "Transplantationsskandal" erreichte jetzt auch das Universitätsklinikum Heidelberg: Bei 34 Patienten, bei denen in den Jahren 2010 und 2011 eine Herztransplantation vorgesehen war, entsprachen die Dopamingaben nicht den Richtlinien, wie sie die Bundesärztekammer (BÄK) vorgegeben hatte. Für die Patienten selbst bedeutet dies, dass sie in der Dringlichkeitsliste weiter nach oben rückten - genau wie beim Göttinger Transplantationsskandal um die Manipulationen der Warteliste für Leberpatienten.
Das Universitätsklinikum hat am 25. August bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Dort wird nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung durch manipulierte Listungen von Herztransplantationspatienten geführt.
In Dosierung von Dopamin und zeitlicher Vorgabe seien die Mediziner von den Richtlinien abgewichen, bestätigte Professor Guido Adler, der Leitende Ärztliche Direktor des Klinikums.
Im Klartext: Dopamin stärkt den Herzmuskel; die Ärzte gaben davon zu wenig oder sie gaben es zu kurz, um so nachzuweisen, dass der Herzmuskel nicht mehr darauf reagiert. Damit schienen die Patienten kränker und bedürftiger, wenn es um die Zuteilung eines Spenderorganes ging.
Mit den falschen Dopamingaben sind laut Adler nicht nur die Heidelberger Ärzte, sondern auch die Herzmediziner der Berliner Charité und des Münchener Klinikums Großhadern aufgefallen.
Aufgrund des seit 1. August 2012 geltenden Transplantationsgesetzes hatte die bei der Bundesärztekammer angesiedelte Prüfungs- und Überwachungskommission (PÜK) das Heidelberger Herztransplantationszentrum überprüft und bei zehn Patienten Abweichungen in erforderlicher Dauer und Dosis bei der Verabreichung des Medikamentes festgestellt. Daraufhin hatte die Klinik eine eigene Aufarbeitung aller Fälle der Jahre 2010 bis 2014 vorgenommen und selbst weitere 24 Fälle entdeckt.
Keinerlei Manipulationen fielen mehr auf, nachdem Heidelberg im März 2012 die erste Herzinsuffizienz-Wachstation Deutschlands eröffnet hatte. "Die Dokumentation insbesondere der Intensivkurven erfolgt dort im Wesentlichen durch Intensivpflegekräfte, wodurch eine intensive und korrekte Dokumentation sichergestellt ist", erklärt die Uniklinik gegenüber der Presse.
Dass Heidelberg die Abweichungen nicht selbst feststellte, als vor einigen Monaten erste entsprechende Gerüchte über die Berliner Charité auftauchten, hat laut Adler einen ganz schlichten Grund: Als man 2012 die Lebertransplantationen im Uniklinikum aufgrund der Göttinger Vorfälle streng überprüfte, tat man dies vorsichtshalber genauso bei den Herz- und Nierentransplantationen. "Wir wollten selbst finden, wenn etwas nicht in Ordnung war", erklärte Adler. "Aber da wurden keine Verstöße gegen die Richtlinien festgestellt". Die Prüfer der BÄK seien damals begeistert gewesen, dass das Heidelberger Uniklinikum selbst so gründlich nachgeschaut hatte.