Stadtoberhaupt Eckart Würzner (2.v.l.) war im Rahmen der Aktion "Hol’ den Oberbürgermeister" beim Hanfverband zu Gast. Foto: Philipp Rothe
Von Steffen Blatt
Es war ein Artikel in der RNZ-Ausgabe vom Faschingsdienstag, der für Aufruhr sorgte: In der Unteren Straße wird Alkohol verboten und dafür Cannabis erlaubt. Was im Februar Teil der jährlichen Fastnachts-Spaß-Seite der Stadtredaktion (und natürlich nicht ernst gemeint) war, könnte nun auf andere Weise doch Realität werden - jedenfalls, wenn es nach dem Hanfverband Rhein-Neckar geht. Der will in Heidelberg einen "Cannabis Social Club" (CSC) einrichten - und hatte zu diesem Thema Stadtoberhaupt Eckart Würzner im Rahmen der Aktion "Hol’ den Oberbürgermeister" im Kreativwirtschaftszentrum "Dezernat 16" zu Gast.
Ein "Cannabis Social Club" ist ein Verein, in dem nur Volljährige Mitglied werden können. Der Club baut Cannabis an und gibt die getrockneten Blüten der weiblichen Pflanzen, das Marihuana, an die Mitglieder aus, die die Droge vor Ort oder zu Hause konsumieren können. Eine Legalisierung von Cannabis ist dazu nicht nötig. "Wir bewegen uns innerhalb des bestehenden Betäubungsmittelgesetzes", erklärte Roland Hoffmann vom Hanfverband. Wenn ein wissenschaftliches oder sonstiges öffentliches Interesse vorliege, könne das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Ausnahmegenehmigungen erteilen. Genau darauf setzt der Hanfverband und will einen CSC als Modellprojekt etablieren - unter wissenschaftlicher Begleitung und in Kooperation mit verschiedenen Suchthilfe-Einrichtungen.
Die Argumente der Befürworter sind bekannt: Erwachsene, die in einem kontrollierten Rahmen Marihuana kaufen können, müssen nicht auf den Schwarzmarkt ausweichen und werden entkriminalisiert. Sie müssen nicht mehr beim Dealer an der Ecke kaufen, der vielleicht auch noch härtere Drogen im Angebot hat. Zudem könne man in einem CSC besser über die Gefahren von Marihuana aufklären und Menschen, die Probleme mit ihrem Konsum bekommen, direkt ansprechen. Schließlich würden durch den legalen Verkauf dem Schwarzmarkt Einnahmen entzogen sowie Polizei und Justiz entlastet, wenn sie keine Anzeigen mehr gegen Besitzer kleiner Mengen schreiben müssten, obwohl die Verfahren dann in der Regel wegen Geringfügigkeit eingestellt würden.
In der erstaunlich sachlichen Diskussion äußerte sich Würzner erwartungsgemäß vorsichtig. "Ich fühle mich momentan noch nicht in der Lage, dazu eine endgültige Entscheidung zu treffen", sagte das Stadtoberhaupt und machte klar, dass er gegen eine generelle Legalisierung von Cannabis ist. Aber er ließ durchblicken, dass er der Möglichkeit des Verkaufs an Erwachsene im Rahmen eines CSC durchaus offen gegenübersteht. "Das ist eine andere Sache", sagte Würzner. Marihuana werde jetzt schon regelmäßig konsumiert, "dieser Diskussion müssen wir uns stellen."
Ob ein Modellversuch für Heidelberg - den der Gemeinderat beantragen müsste - überhaupt vom Bundesinstitut genehmigt würde, ist unsicher. Jedenfalls will man nun im Gespräch bleiben. Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am 24. April: Dann veranstaltet der Hanfverband in der Halle 02 einen Diskussionsabend zum Thema "Cannabis Social Club".