Von Steffen Blatt
Der große Heroinprozess am Heidelberger Landgericht mit acht Angeklagten ging gestern in seinen neunten Verhandlungstag. Zum Auftakt wurde das Polizeivideo gezeigt, das die Beschuldigten kurz vor der Verhaftung zeigt.
Auf der Leinwand in Saal 1 des Landgerichts ist eine schmale Halle zu sehen. Das Rolltor geht auf, ein BMW fährt ein. Aus dem Motorraum nimmt ein Mann mehrere Päckchen heraus, dann fährt das Auto wieder rückwärts heraus. Nun folgt eine Lkw-Zugmaschine, deren Fahrer damit beginnt, die Batteriekästen abzumontieren. Darin ist - wie im BMW - Heroin versteckt, insgesamt 21,5 Kilogramm. Neun Männer sind nun in der Halle, laufen herum, unterhalten sich. Darunter sind ein Informant und ein verdeckter Ermittler des Landeskriminalamtes. Als die Drogen in einem blauen Sack auf den Boden liegen und einige Pakete in Augenschein genommen wurden, schlägt ein mobiles Einsatzkommando (MEK) der Polizei zu und verhaftet die acht Personen, die jetzt in Heidelberg vor Gericht stehen. Die einzige Frau auf der Anklagebank sitzt in dem BMW vor der Halle und wird dort festgenommen.
In Heidelberg wird verhandelt, weil die kosovarisch-albanische Bande zuvor bereits 500 Gramm Heroin an einen verdeckten Ermittler verkauft hatte - am hiesigen Hauptbahnhof. Man vereinbarte eine weitere Lieferung über 20 Kilogramm, die Übergabe sollte in einer Halle am Karlsruher Rheinhafen stattfinden - wo schon die Polizei mit Einsatzkräften und vier Kameras wartete. Der Zugriff des MEK selbst wird nicht gezeigt, um keine Hinweise auf die Taktik zu geben. Es sei alles sehr schnell gegangen, sagt der Einsatzleiter im Zeugenstand, "so, dass niemandem etwas passiert".
Beschafft wurden die Drogen laut Staatsanwaltschaft von einer türkisch-bulgarischen Gruppe, die das Heroin über die Türkei nach Bulgarien und damit in die EU brachten. Doch an diesem Verhandlungstag geht es mehr um den Albaner Eduard Z. und den Kosovaren Ekrem L. Eduard Z. hat zu Beginn des Prozesses zu den Vorwürfen gegen ihn ausgesagt und versucht, seine Rolle in dem Drogengeschäft möglichst klein zu halten. Er stellt sich als Autohändler dar, der mehr durch Zufall in die Drogengeschichte geschlittert ist. Der Chef des Ganzen sei Ekrem L. gewesen. Der kommentiert solche Aussagen häufig mit Kopfschütteln oder einem verständnislosen Lächeln, hat aber selbst bisher nur das zugegeben, was ihm die Ermittler nachweisen konnten. Ansonsten schweigt er zu den Vorwürfen.
Dass Eduard Z. aber nur ein kleines Licht in der Drogengeschichte war, nimmt ihm auch der Hauptsachbearbeiter des Falles bei der Polizei nicht ab. Vielmehr habe er sich Geld besorgen wollen, um in Sofia Falschgeld anzukaufen. Das sei nur einer von vielen "Seitensträngen", die mit dem Drogengeschäft irgendwie zusammenhängen. Für die Verteidiger wird es im weiteren Verlauf des Prozesses darum gehen müssen, beim Strafmaß für ihre Klienten das Beste herauszuholen. Denn ein Freispruch kommt wohl für keinen der Angeklagten infrage, zu erdrückend ist die Beweislast - auch durch das Video, auf dem alle zu sehen sind.