Heidelberg

Gemeinderat macht Weg für die Videoüberwachung frei

Fünf Kameras werden am Bismarckplatz und Hauptbahnhof installiert - Lebhafte Diskussion über Verhältnismäßigkeit

18.05.2017 UPDATE: 19.05.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

Die Stadt plant, an den markierten Standorten insgesamt fünf Videokameras auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof und dem Bismarckplatz aufzustellen. Die Arbeiten am Hauptbahnhof
sollen aber erst begonnen werden, wenn das Areal umgestaltet wird– also nicht vor 2019. Nun muss der Gemeinderat entscheiden. Foto: Kay Sommer, Grafik: RNZ-Repro

Von Holger Buchwald

Am Ende gab es eine deutliche Mehrheit: Mit 27 zu 15 Stimmen und einer Enthaltung votierte der Heidelberger Gemeinderat gestern für eine Videoüberwachung des Bismarckplatzes und des Willy-Brandt-Platzes am Hauptbahnhof. Die Stadträte stellten damit außerplanmäßige Mittel in Höhe von 122.100 Euro bereit. Zuvor war aber eine lebhafte Diskussion darüber entbrannt, ob die Installierung der fünf 360-Grad-Kameras verhältnismäßig sei.

"Die Rechtslage ist sehr problematisch", meinte Stadtrat Alexander Schestag (Piraten). In seinen Augen sind weder der Bismarckplatz noch der Bahnhofsvorplatz richtige Kriminalitätsschwerpunkte. Betrachtet man die Straßenkriminalität, werden laut Auswertung des Polizeipräsidiums Mannheim rund die Hälfte dieser Delikte in den drei Stadtteilen Altstadt, Bergheim und Weststadt begangen, allerdings nur 6,2 Prozent davon am Bismarckplatz und 6,5 Prozent am Hauptbahnhof. Wenn dort jeden vierten Tag eine Straftat begangen werde, reiche das nicht aus, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dermaßen einzuschränken, so Schestag.

Hintergrund

hö. Das Heidelberger Modell ist eher eine Videoaufzeichnung als eine -überwachung. Denn es gibt niemanden, der an Monitoren beobachtet, was auf dem Bismarck- und dem Bahnhofsvorplatz geschieht (und dann gegebenenfalls Einsatzkräfte rufen würde). Denn die fünf Kameras

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hö. Das Heidelberger Modell ist eher eine Videoaufzeichnung als eine -überwachung. Denn es gibt niemanden, der an Monitoren beobachtet, was auf dem Bismarck- und dem Bahnhofsvorplatz geschieht (und dann gegebenenfalls Einsatzkräfte rufen würde). Denn die fünf Kameras speichern ihre Aufnahmen 48 Stunden lang auf einer Festplatte - und das Material wird nur dann gesichtet, wenn eine Straftat gemeldet wird. Daher gilt diese "Videoüberwachung light" auch eher als Instrument zur Aufklärung von Straftaten. Zugleich soll das in Heidelberg geplante System mit einer speziellen Software ausgestattet werden: So erkennt die sogenannte intelligente Bildauswertung, wenn jemand längere Zeit auf dem Boden liegt oder ein Gepäckstück nicht bewegt wird - und löst dann Alarm aus. Genau diese Neuerung soll in Kürze bereits in Mannheim eingesetzt werden.

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Ähnlich sieht dies Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke). In der Hauptstraße und in der Altstadt würden weit mehr Straftaten begangen als am Bismarckplatz und Hauptbahnhof. Täglich 30.000 Fahrgäste am Hauptbahnhof zu überwachen, sei ein "Schreckensszenario". Sorgen macht sich der Stadtrat über die Möglichkeiten, die die automatische Bildauswertung bietet. Der Weg sei nicht mehr weit, dass man über die Videoüberwachung in Bussen und Bahnen sowie an zentralen Plätzen Bewegungsprofile von Personen erstellen könne.

Die Union stimmte einstimmig für die Videoüberwachung und hofft auf die abschreckende Wirkung der Kameras. "Jede Straftat ist eine zu viel", betonte CDU-Stadtrat Alexander Föhr. Auch die SPD sprach sich mehrheitlich für den Vorschlag der Verwaltung aus. "Die Aufzeichnung nur 48 Stunden zu speichern und dann zu überschreiben, ist ein gangbarer Weg", fand SPD-Stadträtin Monika Meißner. Das trage zum Sicherheitsgefühl der Bürger bei. Meißner spricht aus eigener Erfahrung: Seitdem viele Busse und Bahnen videoüberwacht sind, hat sie ein besseres Gefühl. Allerdings plädierte die Stadträtin auch dafür, die Videoüberwachung regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, sollten die Kameras abgeschaltet werden.

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Bei den Grünen gingen die Meinungen quer durcheinander. Einige fanden ebenfalls, dass die individuellen Freiheitsrechte nicht zu stark eingeschränkt werden, wenn die Aufnahmen nicht dauerhaft gespeichert werden. Andere betonten, die Kameras spiegelten eine "Scheinsicherheit" vor. Matthias Diefenbacher (Heidelberger) sieht die Diskussion entspannt: "Es ist mir völlig wurst, wenn jemand sieht, dass ich nachts um halb zwölf über den Bismarckplatz gehe." Alle Stadträte - Befürworter wie Gegner - forderten jedoch eine erhöhte Polizeipräsenz auf den beiden Plätzen. Damit werde mehr erreicht als mit Kameras.

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