„Sie hat mich immer wieder an meine Stärken und Fähigkeiten erinnert“: Als „Team Gashi“ kommen Bardhyl Gashi und seine Frau Floriana trotz vorübergehenden Schließung der Kickbox-Schmiede durch die Krise. Foto: privat
Von Elisabeth Murr-Brück
Eberbach. Im September hat Bardhyl Gashi in der Hirschhorner Landstraße die "Kickbox-Schmiede" eröffnet – nur ein halbes Jahr später musste auch er den Trainingsbetrieb im Zuge der Maßnahmen gegen das Corona-Virus einstellen.
Wie hat sich das angefühlt, Herr Gashi?
Am Anfang irgendwie unwirklich, ich konnte es mir fast bis zuletzt nicht vorstellen. Der Erfolg hatte ja alle unsere Erwartungen übertroffen, schnell hatte sich rumgesprochen, dass das Training bei uns effektiv ist und Spaß macht. Jeder konnte auf seinem Level profitieren, selbst, wenn man jahrelang keinen Sport gemacht hatte. Wir hatten auch Gruppen für Frauen, für Jugendliche und Kinder. In der Kampfsport-Szene waren wir bekannt, für April waren Kämpfe geplant. Und meine Frau war gerade im dritten Monat schwanger mit Zwillingen. Wir haben uns total gefreut, alles war super. Und dann plötzlich das Aus. Der freie Fall von 100 auf 0.
Wie hat sich das ausgewirkt?
Ich bin psychisch in ein Loch gefallen. Das war keine Depression, aber ich hatte Probleme, mich zu motivieren. Plötzlich waren da Selbstzweifel, ganz viel Unsicherheit, ich wusste ja nicht einmal, ob ich meine Eltern noch sehen darf. Und natürlich auch Existenzangst. Ich habe viel investiert, und nun geht nichts mehr: kein Training, keine Wettkämpfe – da ist nichts, womit man Geld verdienen kann.
Was hat Ihnen in dieser Situation geholfen?
Meine Frau! Sie ist großartig, sie glaubt an mich und hat mich immer wieder an meine Stärken und Fähigkeiten erinnert, an das, was ich alles schon erreicht habe. Auch, dass ich meine Arbeit bei Empacher habe, hilft mir sehr.
Wie haben Sie sich in den letzten sechs Wochen beschäftigt?
Wir haben die Halle komplett grundgereinigt, einiges verändert und verbessert. Und wir sind extrem viel spazieren gegangen, kilometerweit. Es gab keinen Tag, an dem ich nicht unterwegs war, wohl jeden Weg in und um Eberbach – nach 25 Jahren habe ich Eberbach zu Fuß neu kennengelernt.
Können Sie auch Positives in der Situation sehen?
Erstaunlicherweise ja! Ich war vorher extrem eingespannt und musste die Zweisamkeit mit meiner Frau neu entdecken. Zwangsläufig bin ich etwas zur Ruhe gekommen, jetzt kann ich wieder mit ganzer Kraft loslegen – wäre die Ungewissheit nicht, könnte man fast dankbar dafür sein.
Noch ist nicht absehbar, wann Sie wieder anfangen können. Was macht Sie zuversichtlich?
Kickboxen macht körperlich und geistig fit und widerstandsfähig. Mit kaum einer anderen Sportart kann man so zuverlässig abnehmen; Untersuchungen zeigen, dass Übergewicht ein Risikofaktor auch bei Covid19 ist. Kraft und Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination werden trainiert, jeder Muskel. Das ist bei unserer bewegungsarmen Lebensweise wichtig. Und es fördert die Fähigkeit zur Konzentration: Kinder aus unseren Kursen haben ihre Schulleistungen um bis zu zwei Noten verbessert, ebenso ihr Sozialverhalten. Beim Kickboxen haben sie Erfolgserlebnisse, sie müssen nicht auffällig werden, um Anerkennung zu kriegen. Sie halten sich freiwillig an Regeln, weil sie den Sinn erkennen und sie wissen: Wer sich draußen daneben benimmt, fliegt aus den Kursen. Das wollen sie nicht riskieren. Zudem kann man sich in der Schmiede zum Sport- und Fitness-Kaufmann ausbilden lassen.
Wie geht es vorerst weiter?
Über Whatsapp und demnächst auch über Zoom halten wir Kontakt zu unseren Mitgliedern und hoffen, dass sie mit uns gemeinsam durchhalten. Wir haben ein paar hervorragende Talente in den Gruppen. Ich bin Master Instructor, habe mit dem Schwarzen Gürtel den höchsten Ausbildungsgrad und jahrelange Erfahrung. Ich erkenne Begabungen und kann motivieren und ich bin ganz sicher: wir werden Eberbach auf der Landkarte des Kicksports bekannt machen.