Lotti, eine kastrierte Hauskatze mit Freigang. Sie hat mit einer Straßenkatze gesprochen. Foto: privat
Eberbach. Hallo und miau! Ich heiße Lotti, bin eine kastrierte Hauskatze mit Freigang und habe ein schönes Zuhause mit Familienanschluss in Eberbach. Mir geht es gut. Vielen meiner Artgenossen leider nicht. Das weiß ich, weil ich neulich auf einem meiner nächtlichen Ausflüge eine Katze traf, mit der ich ins Gespräch kam. Sie hatte einen komischen Namen: "Straßenkatze". Aber sie war nett und hat alle meine Fragen beantwortet. Als wir uns verabschiedeten, war ich ziemlich geschockt und habe kurzerhand beschlossen, mich mit dem, was ich erfahren habe an die Öffentlichkeit zu wenden. Sozusagen als Botschafterin für alle Katzen ohne ein Zuhause. Hier sind meine Fragen an Straßenkatze und deren Antworten.
Lotti: Wo ist dein Zuhause und wer ist deine Familie?
Straßenkatze: Ich lebe mit anderen Katzen zusammen auf einem unbewohnten Gelände in einem Ortsteil von Eberbach. Ein leer stehendes Gartenhaus ist mein Zuhause.
Warum hast du dich für ein Leben als frei lebende Katze entschieden?
Das war nicht freiwillig. Ich wurde mit meiner Mutter und zwei Geschwistern ausgesetzt, als ich noch ganz klein war.
Wer sorgt für euch?
Einmal am Tag kommt ein Mensch zu uns, der Futter und Wasser bringt und nach dem Rechten schaut. Da haben wir enormes Glück im Gegensatz zu anderen frei lebenden Katzen.
Was meinst du damit?
Es gibt auch frei lebende Katzen, die jeden Tag ums pure Überleben kämpfen müssen. Sie kommen meistens erst in der Dunkelheit aus ihren Verstecken und so bleibt deren Schicksal verborgen. Oft sind sie geschwächt von Krankheiten, Parasiten, Hunger und der Witterung. Viele gehen qualvoll zu Grunde, verhungern oder erfrieren. Und obwohl sie oft ausgemergelt und krank sind, vermehren sie sich dennoch. Ihr Nachwuchs, wenn er denn die ersten Wochen überlebt, wächst wiederum verwildert und unversorgt auf – in verwilderten Gärten, auf Friedhöfen oder verlassenen Geländen. Und kaum sind die Kätzchen ein halbes Jahr alt, können sie selbst Junge bekommen. Stell dir das mal vor: Ein Katzenpaar und deren Kinder können in nur sieben Jahren bis zu 420.000 Nachkommen zeugen.
Hast du selbst auch Kinder?
Ja, aber nur eine Tochter hat überlebt. Für die anderen hatte ich nicht genügend Kraft. Nun kann ich keine Kinder mehr bekommen. Ich bin von Menschen mit einer speziellen Falle eingefangen, von einem Tierarzt kastriert und dann wieder in mein Revier gebracht worden.
Warum haben die Menschen dich denn nicht behalten?
Weil ich aufgrund meiner Sozialisation keine Hauskatze mit Schmusegarantie bin. Ich lebte bereits zu lange wild und scheu in Freiheit und hätte mich nicht an ein Leben als Stubentiger gewöhnt.
Gibt es viele Katzen, die kein richtiges Zuhause haben?
O ja! Allein in Deutschland leben rund zwei Millionen Katzen auf der Straße. Und alle stammen ursprünglich von nicht kastrierten Hauskatzen mit Freigang aus Privathaltung ab.
Das heißt also, wenn alle Hauskatzen mit Freigang kastriert werden würden, dann könnte sich die Situation für euch Straßenkatzen verbessern?
Genau! Dies würde nämlich zu einer deutlichen Verminderung der Population und damit des Leids meiner herrenlosen Artgenossen führen.
Danke für deine offenen Worte, Straßenkatze. Ich wünsche dir alles Gute.
Liebe Leute, als Botschafterin für alle Straßenkatzen appelliere ich hiermit an alle Katzenbesitzer, sich der Verantwortung bewusst zu sein und das eigene Tier kastrieren zu lassen, wenn dieses Zugang ins Freie hat. Denn nur so kann die dramatische Anzahl der Katzen ohne ein liebevolles Zuhause langfristig reduziert werden. Die Straße ist nämlich grausam, die Kastration dagegen harmlos. Miau!
Lottis Appell hat Susanne Noll vom Eberbacher Tierschutzverein übersetzt und aufgeschrieben.