Alles in Bewegung: Die Musikerin und Musiklehrerin Christina Lechner hat vieles gelernt in diesem Sommer. „Auch kleinere Brötchen zu backen, dafür aber mehr!“ Foto: Biener-Drews
Von Jutta Biener-Drews
Hirschhorn. Christina Lechner und ihr Tablet. Für die 55-jährige Musiklehrerin gehört die neugewonnene Medienkompetenz und das erfolgreiche Zusammenspiel mit der Technik zu den persönlichen Erfolgsgeschichten dieses Sommers. Als die Corona-Pandemie ihr im Frühjahr die berufliche Grundlage entzog und über Jahre entwickelte Konzepte zur Makulatur wurden, war Lechner sofort klar: "Jetzt musst du was anderes machen, sonst gehst du unter!".
Nur noch online unterrichten zu können, hieß für sie zuallererst selber zu lernen, sich mit Medien auseinanderzusetzen und sie zu nutzen. "Die Schüler waren da cool", schwärmt die Lehrerin, "die haben mich gefragt, was stellst du dich denn so an?"
Und erklärten ihr, wie man Filme dreht, bearbeitet und "wie man sie zukommen lässt", lacht Lechner – und tippt dabei, so kinderleicht ist so ein Knopfdruck, mit den Zeigefingern in die Luft. Für sie war das eine Erfahrung des Gebens und Nehmens, denn "warum soll man nicht zugeben, wenn man was nicht kann?"
Was bei den großen Kindern funktionierte, brachte die Kleinsten in der Kita aber nicht weiter. Auch das lernte Lechner nach der als aufregend empfundenen Anfangsphase. Bei den Zweieinhalb- bis Dreijährigen habe sie eine Rückwärtsentwicklung bemerkt. "Denen haben die Filme nicht gereicht, da hat die Gruppendynamik gefehlt!" Als die Kitas wieder öffneten, sah die Pädagogin sich im Schreiben von Hygienekonzepten erneut herausgefordert.
Aber auch das "hat gut geklappt", staunt Lechner darüber, wie "wunderbar Kinder diese Regeln einhalten können!" Wie eifrig sie die Hände waschen, wie selbstverständlich sie damit umgehen, "dass Christina jetzt eine Maske aufhat!" Manche Eltern kämen damit weniger gut klar, aber für sie selbst schafft die Maske Möglichkeiten, die man sonst nicht hätte. "Ich hab’ das Gefühl, dass die Kinder viel besser damit zurechtkommen als die Lehrer", sinniert die Musikerin: "Kinder sind zufrieden, wenn sie ihre Regeln haben".
In der musikalischen Früherziehung hat sich Lechner vom Singen auf "Bewegungslieder" verlegt. Das heißt, sie sitzt am Klavier und die Kleinen bewegen sich: stampfen hier, klatschen da, tanzen. Rhythmus ist in diesem Konzept jetzt wichtiger, das Hören und Nachmachen, überhaupt: Gehörschulung. "Das macht mir Spaß!" Und ihre Hygieneregeln hat die Pädagogin inzwischen perfekt getaktet: lüften, desinfizieren, Flöte zusammenstecken.
"Geht nicht gibt’s nicht": Nach diesem Leitsatz hat Christina Lechner auch die 13 "Ausklang"-Konzerte gewuppt. Sie fragte bei Studenten unter anderem in der Musikhochschule Mannheim nach, ob Interesse an einem Liveauftritt an einem so auratischen Ort wie der Klosterkirche bestünde. "Jungen Künstlern ist doch das Podium weggebrochen", weiß Lechner.
Dabei gehe es in dieser deprimierenden Zeit doch gerade darum zu beweisen, wie wichtig Musik ist, und was ein Liveerlebnis mit uns macht! Sie war bereit, dafür "zu kämpfen mit allen Mitteln", denn was da rüberkommt, das war ihr klar, ist online nicht zu haben. Also wurde im Rahmen der Möglichkeiten Publikum eingelassen. Und es wurde, als der Andrang zu groß wurde, den Konzerten noch eine öffentliche Generalprobe vorgeschaltet. "Im Schnitt hatten wir bei jedem Konzert 33 Besucher", so Lechner.
Und sie erinnert sich, wie beim ersten Live-Zusammenspiel "wir alle zu Tränen gerührt waren darüber, was gemeinsames Musizieren mit einem macht". Geld bekamen die jungen Künstler für ihren Auftritt keines. Aber die Spenden sicherten ihnen die Fahrtkosten.
Corona, sagt Christina Lechner, habe sie wachsamer gemacht, nachdenklicher, ihre Wahrnehmung geschärft. Obwohl sie manches an den Schutzbestimmungen "bescheuert" findet, empfindet sie nicht als aufgesetzt: "Sie verlangsamen die Verbreitung des Virus!". Man müsse versuchen, sich innerhalb dieser Konzepte zu verändern, sich anzugleichen an die Situation. Und sich immer wieder fragen: "Was hilft am meisten?" Denn auch, wenn sie als Pädagogin bisher über die Runden gekommen ist: "Man muss gucken, was das neue Jahr bringt".