Hirschhorn

Die Ersheimer Totenleuchte ist schwer angeschlagen

Das mittelalterliche Bauwerk auf dem Ersheimer Friedhof muss restauriert werden - Spendenaktion soll dies ermöglichen

23.11.2020 UPDATE: 24.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Ihr Zustand ist ernst: Die 600 Jahre alte Totenleuchte an der Friedhofsmauer der Ersheimer Kirche muss restauriert werden. Fotos: bnc

Von Barbara Nolten-Casado

Hirschhorn. Es leuchtet nicht nur in dunklen Novembernächten. Nein, es ist ein "ewiges Licht", das – mit Unterbrechungen – seit mehr als 600 Jahren in der Laterne der gotischen "Totenleuchte" auf dem Ersheimer Friedhof "den Lebenden zur Mahnung, den armen Seelen zum Trost" leuchtet. Gestiftet wurde die auch als "Elendstein" bezeichnete Totenleuchte 1412 vom Mainzer Domherrn Konrad von Hirschhorn, einem Sohn des Hirschhorner Ritters Engelhard II. und seiner Gemahlin Margarethe von Erbach, wie den Aufzeichnungen des 2018 verstorbenen Hirschhorner Arztes, Historikers und Heimatforschers Dr. Ulrich Spiegelberg in der Broschüre "Hirschhorn und seine Kirchen" zu entnehmen ist.

War der alte Brauch der "Lichtwache" zeitweise in Vergessenheit geraten, so erwachte er vor rund fünfzig Jahren zu neuem Leben. Dass das Licht in der Leuchte seither ohne Unterlass sommers wie winters, bei Tag und bei Nacht über den Gräbern scheint, dafür sorgen 31 Hirschhorner Familien katholischer wie evangelischer Konfession. "Manche Familien sind seit Jahrzehnten dabei, weiß die ehemalige Bürgermeisterin von Hirschhorn, Ilona Dörr. "Das geht zum Teil über Generationen, die Kinder übernehmen es von den Eltern."

Ilona Dörr bringt sich in das Projekt ein.

Gebhard Kittel, der 1946 als Kind mit seiner Familie aus dem Sudetenland nach Hirschhorn kam, hat die "Lichtwache" vor etwa 15 Jahren von seiner Schwester übernommen. "Wir sind immer am Zwölften des Monats dran", erläutert er. Dann geht er oder ein Familienmitglied am Abend zur Totenleuchte auf dem Friedhof, um dort das Grablicht vom Vortag durch ein neues zu ersetzen. "Jeder, der mitmacht, hat eine Liste, da stehen alle 31 Familien drauf, die sich an dem Brauch beteiligen, für jeden Tag des Monats eine. Und wenn jemand an seinem Abend einmal verhindert sei, so bittet er einen anderen, an seiner Stelle die Kerze zu entzünden. Das klappt wunderbar."

Doch Gebhard Kittel ist nicht nur bei der "Lichtwache" engagiert. Er kümmert sich auch um alles andere, was die Ersheimer Kirche und ihre mittelalterlichen Kleinodien betrifft. Das neueste Projekt, das er angestoßen hat, ist die Restaurierung und Versetzung der gotischen Totenleuchte. "Die Leuchte steht direkt an der Friedhofsmauer", erläutert Kittel. Der Zahn der Zeit und die Erschütterungen durch den Schwerlastverkehr auf der vorbeiführenden Straße ins Gewerbegebiet hätten ihre Spuren an dem Baudenkmal hinterlassen. Umfangreiche Maßnahmen seien erforderlich, um es vor dem Verfall zu bewahren. So müsse ein Steinmetz die gesamte Leuchte vorsichtig abtragen und die einzelnen Teile reinigen und restaurieren. Die Klammern, die die Säule stabilisieren, müssten durch andere Befestigungen ersetzt werden. Die Fensterchen und das Türchen der Laterne seien zu reinigen und neu zu verkitten. Die Platte, auf der das Grablicht stehe, müsse erneuert werden. Anschließend soll die Totenleuchte auf einem neuen Fundament nahe der Kirche wieder errichtet werden.

Gerhard Kittel versieht selbst die Lichtwache.

Die Vorbereitungen für die Maßnahme laufen derzeit an. In Ilona Dörr hat Kittel eine Mitstreiterin gefunden, die sich um den gesamten Schriftverkehr, um Ausschreibungen und Angebote, um Abrechnungen und Anträge für Zuschüsse der Denkmalpflege kümmert. Während die Ersheimer Kirche zum Bistum Mainz gehöre und Restaurierungen an dieser von dort mitfinanziert würden, sei die Stadt Hirschhorn Eigentümerin der Kunstwerke auf dem Friedhof, erläutert Kittel. "Und die Stadt hat kein Geld." Was also tun, um die von Ilona Dörr auf rund 25 000 Euro geschätzte Totenleuchten-Maßnahme zu finanzieren? Es gelang, Bürgermeister Oliver Berthold und die beiden Hirschhorner Pfarrer Jörg Awischus und Pater Joshy von der evangelischen bzw. katholischen Kirchengemeinde ins Boot zu holen. "Sozusagen als Schirmherren", sagt Kittel. Gemeinsam wurde ein Spendenaufruf gestartet, der helfen soll, die erforderlichen Mittel zu generieren.

Warum sich Gebhard Kittel und Ilona Dörr so sehr für den Erhalt der Totenleuchte einsetzen? "Ich lebe seit dreißig Jahren in Hirschhorn und die Hirschhorner sind mir ans Herz gewachsen", sagt das frühere Stadtoberhaupt. Deshalb habe sie sich – inzwischen im "Unruhestand" – schon des Öfteren ehrenamtlich in derartige Projekte eingebracht. Als ehemalige Landtagsabgeordnete "hat man halt Kenntnisse, Wissen, Verbindungen…". Und "so eine Sache muss man doch unterstützen", findet sie.

Für Gebhard Kittel, der die geplanten Arbeiten an der Totenleuchte demnächst vor Ort begleiten wird, ist das Projekt eine Herzensangelegenheit. "Ich bin jetzt 81", sagt er. "Da muss ich mich beeilen, dass alles in Ordnung kommt. Ich hänge halt an der Ersheimer Kirche und an allem, was drum herum ist. Und wenn da irgendwann kein Motor mehr ist, der hinterher ist, dann passiert da nichts."

Info: Spenden-Konto des Fördervereins Klosterkirche Hirschhorn (Volksbank Neckartal, IBAN: DE 28672917000023215403, Verwendungszweck "Restaurierung Totenleuchte").

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