Carmen Back, Haarlänge ab Schulter 33 Zentimeter. Drei Jahre lang hat sie ihre Haare nicht schneiden lassen, jetzt ist die notwendige Länge für eine Spende erreicht. Bald gibt’s eine Kurzhaarfrisur und die abgeschnittenen Haare werden verschickt. Foto: Martina Birkelbach
Von Martina Birkelbach
Eberbach. "33 Zentimeter, ab etwa Schulterbereich. Passt", freut sich Carmen Back. Drei Jahre lang hat die 50-Jährige ihre dicken dunkelblonden Haare nicht geschnitten. Es ist die erste Messung, die sie mit einem Maßband macht - obwohl es davon in ihrem Atelier für Mode, Stoffe und Design in der Friedrichstraße wahrlich genügend gibt. Bislang hat sie nur immer mal wieder ein Din A4-Blatt an ihre Haare gehalten. "Ein Din A4-Blatt hat 30 Zentimeter Länge und die sind laut meinen Infos für eine Haarspende mindestens nötig."
Back will ihre Haare spenden. Die selbstständige Modedesignerin will eventuell noch in diesem Jahr oder "zwischen den Jahren" zu Jacques, dem Friseur ihrer Wahl. Einen Termin gibt’s noch nicht, aber es wird "bald" sein. Dann gibt’s eine Kurzhaarfrisur. Beziehungsweise gleich zwei Kurzhaarfrisuren, denn auch eine ihrer drei Töchter, Anna Völker (28), macht als Haarspenderin mit.
Vor etwa drei Jahren hat Back zufällig gelesen, dass Echthaarspenden möglich sind. Empfänger sind meist Krebskranke; Erwachsene oder Kinder. Für die Menschen, die ohnehin schon eine schwere Zeit durchmachen, kann der Haarverlust zusätzlich sozial und emotional belasten und isolieren. Für Back stand sofort fest: "Haarspende, eine super Sache. Das mache ich". Zweifel hatte sie in den drei Jahren nie. Sie hat sich viel informiert, ist sich aber bislang noch nicht sicher, mit welcher Organisation sie in Verbindung treten wird. "Ich muss mich da noch weiter einlesen", sagt sie.
Sie will kein Geld für ihre Haarspende, auch keinen kostenlosen Friseurbesuch, wie es manche anbieten. "Am liebsten wäre mir ein ehrenamtlicher Verein, der die Haare, nachdem die Perücke entstanden ist, kostenlos abgibt. Da arbeiten alle zusammen. Das finde ich gut." Auch würde sie sich freuen, wenn ein Kind ihre Haare bekommen würde. "Für Kinder ist es meist noch schlimmer, wenn sie ihre Haare verlieren." Wie sie aus ihren Recherchen weiß, kann eine hochwertige Echthaarperücke bis zu 4000 Euro kosten. "Das dauert wochenlang, bis eine Perücke entsteht. Unter anderem werden zu Beginn immer zwei Haare zusammen geknüpft. Und es werden drei bis fünf Haarspenden für eine Perücke benötigt". Zuschüsse von Krankenkassen sind oft sehr gering. "Eltern von krebskranken Kindern können sicher auch nicht beide arbeiten. Dann ist das Geld knapp und eine Perücke kann unerschwinglich sein", hat sich Back Gedanken gemacht.
Für sie ist die Spende eine Herzenssache. Auch "Das Atelier" spendet alljährlich selbst genähte Fleecedecken oder Mützen an das Kinderhospiz Sternenbrücke in Hamburg. "So viele Menschen können irgendetwas; man kann sich einfach einbringen und etwas Gutes tun." Für Back steht fest: "Es ist ein Geschenk, wenn die eigenen Kinder gesund sind, wenn man selbst fit ist. Das muss man schätzen können."
Angst vor dem großen Schnitt hat Back nicht. Sie hat schon mit Friseur Jacques, einem Freund der Familie, gesprochen. Er arbeit in Eberbach und wird in seinem Salon auch für sie zur Schere greifen. Ob die 33 Zentimeter in einem oder mehreren Zöpfen abgeschnitten werden, ob vorher geflochten wird und wie genau der Schnitt dann gemacht wird - das überlässt sie ihm. Fest steht: "Danach gibt’s eine richtige Kurzhaarfrisur". Und die hatte Back noch nie. "Ich hatte immer lange Haare; zwar waren sie mal stufig, aber nie ganz kurz."
Inzwischen trägt sie ihre Haarpracht fast nur noch zu einem Knoten gebunden. Abends gibt’ s dann oft Kopfschmerzen, weil das Haarband den ganzen Tag über an der Kopfhaut zieht. Mulmig ist ihr vor der Aktion nicht: "Das wächst doch wieder nach. Außerdem ist es für mich jetzt Zeit für eine Veränderung; inzwischen sieht das altbacken aus". Tochter Anna, die ebenfalls ihre Haare spenden will, drängelt allerdings inzwischen schon etwas auf einen Termin. Sie ist gelernte Friseurin, hat dann noch eine Ausbildung gemacht und arbeitet jetzt als Erzieherin. "Es ist so viel zu tun im Moment. Ich hoffe, wir finden bald einen gemeinsamen Termin", so die Mutter.
Nur einmal in den vergangen drei Jahren hat es Back etwas mit der Angst zu tun bekommen: "Da hatte ich leichten Haarausfall, aber das hat sich dann wieder gelegt." Zeit für den Schnitt wird’s für die Spenderin jetzt auch, da sich ein paar graue Haare blicken lassen. "Ich habe gelesen, dass es ab fünf Prozent Grauanteil wohl nicht mehr möglich ist zu spenden."
Nun heißt es abwarten, bis Mutter und Tochter einen gemeinsamen Friseur-Termin gefunden haben. "Ich freue mich schon darauf. Ich freue mich, jemanden glücklich machen zu können. Und ich freue mich über meine eigene anstehende Veränderung. Ich will wahrscheinlich in die neue Frisur auch etwas Farbe reinbringen lassen", sagt Back.
Wir bleiben dran und werden wieder berichten, wenn der große Tag der beiden Spenderschnitte gekommen ist.