Eberbacher Fastnachtsverein

Haidebow lässt es am 22. Geburtstag mythisch krachen

Joachim Banschbach, Vorsitzender der Karnevalfreunde Haidebow, im Gespräch - "Es hat keiner gesagt, dass es einfach wird …" - Animatronic ist der Favorit

30.01.2020 UPDATE: 31.01.2020 06:00 Uhr 8 Minuten, 7 Sekunden
Karnevalfreunde Haidebow 2019 mit Knusperhäuschen. Archivfoto: Martina Birkelbach

Von Martina Birkelbach

Haidebowland. Im vergangenen Jahr war der vierte Eberbacher Fastnachtsverein (Vereinsgründung 2012), die Karnevalfreunde Haidebow (die Verwaltung von Haidebowland liegt in Eberbach), mit einem Knusperhäuschen auf Tour bei den Umzügen. Etwas kleiner war das Ganze als im Vorjahr der fast elf Meter lange Mississippi-Schaufelraddampfer, aber nicht minder schön. Seit 1998 ist die Gruppe unterwegs, die Wagen sind immer wieder eine Augenweide und es gab zahlreiche Prämierungen in Mudau. Vorsitzender Joachim Banschbach erzählt von der Gemeinschaft, seinem Perfektionismus, den Vorbereitungen und von Fastnacht im Allgemeinen.

Haidebow, Herr Banschbach! Wann haben die Karnevalfreunde Haidebow mit den Vorbereitungen für die diesjährigen Faschingsumzüge begonnen und wie schraubt, baut, bohrt und sägt es sich zurzeit?

Wir haben nach Weihnachten mit dem Wagenbau begonnen – mal wieder viel später als ursprünglich geplant. Die (fast) Fertigstellung des Verkaufswagens brachte unseren Zeitplan wieder völlig durcheinander. Das Thema wurde vergangenes Jahr schon Ende September an unserer Jahresversammlung beschlossen und die ersten Vorbereitungen wurden im Dezember getätigt. Momentan bauen wir mittwochs und freitags immer abends sowie samstags den ganzen Tag. Je nach Baufortschritt werden wir noch das Arbeitskontingent erhöhen. Bisweilen ging es temperaturmäßig; bzw. konnten wir uns an unserem Holzofen in unserem rollenden Vereinsheim immer wieder aufwärmen. Für Maler- und Streicharbeiten ist es jedoch definitiv zu kalt. Dies wird dann alles an unserem Wagenstreichwochenende, 14 Tage vor Fastnacht im Scheidentaler Feuerwehrgerätehaus, gemacht werden. Oder alles, was demontierbar ist, wird in einer benachbarten Garage mit Gasheizgebläse angemalt.

Wird es noch Stress geben?

Momentan läuft noch alles so weit, stressig wird es meistens kurz vor unserem Wagenstreichwochenende, bzw. dann in der letzten Woche vor den Umzügen.

Findet der Wagenbau noch in der Scheune in Mudau/Scheidental statt?

Ja, immer noch. Da sind wir schon seit 18 Jahren aktiv und haben dort auch unter anderem auf dem ehemaligen Heuboden unser recht üppiges Materiallager eingerichtet. Und unser Wagen hat auch seinen überdachten Unterstand.

Und dort können Sie auch für 2021 wieder werkeln?

Ich hoffe es. Also normalerweise gibt es da keine Probleme. Wir haben das Glück, dass die Scheune sehr groß ist und nur noch ein geringer Teil davon landwirtschaftlich genutzt wird. Außerdem ist der Besitzer mein Onkel, passives KfH-Mitglied, und ich achte auch darauf, dass wir uns während der Bauzeit nicht zu sehr dort ausbreiten, damit das Tagesgeschäft meiner Verwandtschaft nicht zu sehr eingeschränkt wird. Außerdem ist es eine Selbstverständlichkeit, den Wagenbauplatz nach Fasching auch wieder so zu verlassen, wie wir ihn Monate zuvor bezogen haben. Zudem ist noch ein extra Stromzähler dazwischengeschaltet und da der Vorsitzende sehr ordnungsliebenden ist (lacht), wird auch immer wieder regelmäßig aufgeräumt und sauber gemacht.

Mit welchem Zugfahrzeug gehen Sie dieses Jahr auf Tour? Und passt alles durch Hirschhorns Tore?

Unser Fahrer wird wieder seinen Unimog U 1400 einsetzen. Damit unser Gespann während den Umzugstagen trocken untergestellt werden kann, räumt die Firma G. Wäsch extra ihre halbe Halle dafür um bzw. aus. Unsere Wagenbauscheune ist für so eine schnelle Unterbringung nicht geeignet, da jedes Mal der Wagen abgehängt, bzw. heuer auch noch das Oberteil des Aufbaus abmontiert werden müsste, damit dieser wieder in die Scheune bzw. durchs Scheunentor passt. Bis jetzt sind wir in unserer 22-jährigen Geschichte – und egal, wie groß unsere Wägen bis dato waren – noch immer durchgekommen. Auch wenn manchmal nur noch eine Handbreit Luft zwischen Torbogen und Wagen war. Wir haben in Hirschhorn schon eine richtige Fangemeinde am Torausgang stehen, welche jedes Mal gespannt unser Durchkommen beobachtet und uns dann bejubelt und beklatscht, wenn dann über die Bordlautsprecher erklingt, ,wir sind durch‘.

Jedes Jahr ein neuer Versuch, vielleicht gibt’s eine Antwort: Auf was können sich die Zuschauer in diesem Jahr freuen?

Ich verweise auf unser diesjähriges Pin-Motiv. Vier Wochen vor Fastnacht lasse ich noch nicht die Katze aus’m Sack.

Das haben wir fast vermutet … aber einen weiteren klitzekleinen Hinweis geben Sie bestimmt?

Ich denke, mit ein wenig Fantasie müsste man es ungefähr erraten können.

Hmmm ... wir denken nach ...

Genau!

KfH-Vorsitzender Joachim Banschbach. Foto: mabi

Wie sieht es mit Ihrem persönlichen Perfektionismus, den Wagenbau betreffend, aus?

Bei uns hat jeder so sein Steckenpferd – oft auch durch den jeweiligen Beruf und oder Begabung geprägt. Ich bin eher der Erbauer und Tüftler. Für Farbe und Pinsel etwa kann man mich nicht begeistern. Animatronic (das mechanische und pneumatische Bewegen von Figuren und Gegenstände) ist so mein Favorit, und wenn es dann noch vollautomatisch funktioniert – und so wie ich es mir vorstelle – bin ich happy.

Heuer muss wieder einiges für den Transport, bzw. das Hirschhorner Stadttor, an unserem Wagen versenkt, weggeklappt und abgebaut werden. Die Herausforderung hierbei ist, dass Montage und Demontage schnell und einfach gehen sollen, jedoch unter anderem die Geländer trotzdem stabil und sicher sein müssen. In Hirschhorn kommt noch hinzu, dass dies während der Umzugsfahrt gemacht werden muss, um keine unnötigen Staus oder Lücken zu verursachen. Schraubverbindungen wären hierfür ein absolutes No-Go, da sich spätestens beim dritten Mal Schrauben lösen, oder bei Hektik die Schraubenköpfe überdreht werden und diese sich dann nur noch mit brachialer Gewalt, bzw. Zerstörung des Teils, lösen würden.

Größer, besser und schöner als in den vergangenen Jahren geht ja eigentlich nicht mehr, hat sich das für dieses Jahr ein wenig gelegt?

Besser und schöner geht immer! Getreu nach dem Haidebow-Motto ,Es hat keiner gesagt, dass es einfach wird …‘ Allerdings sind wir bei den Transportfahrten unter anderem an die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung gebunden – und während der Bauzeit an die baulichen Hindernisse der Wagenbauscheune sowie das Nadelöhr Hirschhorner Altstadt/Stadttor. Alleine für die Transportfahrten zu den jeweiligen Umzügen legen wir um die 140 Kilometer zurück. Unseren großen Wagen durch die enge Hirschhorner Altstadt zu bugsieren, verlangt von unserem Fahrer alles ab. Vergangenes Jahr sind wir – aufgrund des Themas/Mottos – mit den Aufbauten fast auf die Originalmaße des Wagens zurückgegangen. Heuer sind wir wieder etwas in die Länge und in die Höhe gegangen. Mittlerweile haben wir drei Höhenbegrenzungen, welche wir beim Bauen berücksichtigen müssen. Die Decke bzw. Torhöhe von Wagenbauscheune und Scheidentaler Feuerwehrgerätehaus, die maximalen vier Meter Fahrzeughöhe auf öffentlichen Straßen und der Torbogen in Hirschhorn. Ab einer gewissen Höhe hängen dann die Straßenlampen in der Eberbacher Bahnhofstraße im Weg, bzw. kommen den Aufbauten gefährlich nahe. Diese konnten in der Vergangenheit jedoch entweder geschickt umfahren oder leicht beiseitegeschoben werden. Als maximale Breite ist auch wieder der Hirschhorner Torbogen bzw. die Altstadt maßgebend. Mit unserem damaligen Mississippi-Dampfer fuhren wir wegen der engen Hauptstraße fast die komplette Altstadt durch mit eingefahrenem Gangbord. In den Medien sieht man immer wieder Faschingswagen mit enormen Abmessungen und riesigen Aufbauten. Klar bekomme ich da leuchtende Augen. Aber bei genaueren Nachfragen erfährt man dann, dass diese nicht auf öffentlichen Straßen gefahren werden dürfen und/oder keine baulichen Hindernisse auf Umzugsweg und Baustätte haben.

Wie viele Mitglieder haben Sie zurzeit, wie alt sind die (falls Sie inzwischen Ihre traditionellen Papierablagerungen digitalisiert haben) und was machen die, wenn sie nicht am Wagen bauen?

Wir haben momentan 83 aktive und passive Mitglieder. Unser jüngstes Mitglied ist noch nicht ganz ein Jahr, das Älteste ist 72. Wir Haidebower decken fast schon die komplette Berufspalette ab. Von der Altenpflege bis hin zum Zerspanungsmechaniker ist fast alles vertreten.

Neben den Umzügen waren Sie auch am Eberbacher Weihnachtsmarkt im vergangenen Dezember mit Ihrem neuen, professionell gebautem Verkaufswagen (einer prächtigen Sägemühle) vertreten, der sogar geweiht wurde. Wie lief es, kamen die Käsespätzle gut an und was macht der Wagen jetzt?

Begünstigt durch das ideale Wetter am ersten Adventswochenende lief es bestens. Das Weihnachtsdorf auf dem Neuen Markt war zu den Abendstunden proppenvoll. Es bildeten sich zum Teil Schlangen vor unseren Verkaufsklappen und wir hatten alle Hände voll zu tun. Die Käsespätzle waren am Sonntagabend ausverkauft, aber auch Getränke fanden besten Absatz. Die Wagenweihe war mal was anderes bzw. auch neu für uns. Es wird Leute geben, die mit so einer Zeremonie nichts anfangen konnten. Ich persönlich bin jetzt auch nicht so der Kirchgänger, aber doch christlich erzogen. Und so fand ich es eine schöne Aktion, so eine Tradition, wie sie auch bei Schaustellern üblich ist, auch bei unserem Geschäft zu vollziehen. Momentan steht der Wagen wieder in Scheidental – im Frühjahr soll dann mit der endgültigen Fertigstellung begonnen werden.

In Haidebowland wird kräftig für die Umzüge gebaut. Der Hund überprüft alles. Foto: privat

Was ist für dieses Jahr noch geplant?

Geplant ist mal wieder viel. Und ehe man sich versieht, ist das Jahr dann auch schon wieder vorbei. Auf jeden Fall soll unser Verkaufswagen endgültig fertig werden, das Projekt Reaktivierung unserer Homepage sollte in Angriff genommen werden und und und... . Mit unserem Verkaufswagen stehen wir auf jeden Fall wieder auf dem Weihnachtsmarkt und der Apfeltag wird auch anvisiert.

Was gefällt Ihnen an der Gruppe?

Jeder hat seine besonderen Stärken und Neigungen und bringt sich somit entsprechend in den Wagenbau mit ein. Diese Kombination aus jedem Einzelnem, seinen Fähigkeiten bzw. Arbeiten, lässt dann als Gesamtergebnis den Haidebow-Wagen entstehen. Es ist immer schwierig, anhand von Skizzen oder Bildern den Anfang zu machen, damit man sich vorstellen kann, wie der Wagen aussehen könnte. Steht dann das Grundgerüst, so sprudeln dann richtig die Ideen und wir sind voller Tatendrang – das ist es, was mir an Haidebow so gefällt. Oder wenn was vor oder während des Umzuges kaputtgeht. Letztes Jahr beispielsweise hatte uns der Sturm, kurz vor der Aufstellung in Mudau, die eine Dachhälfte des Knusperhäuschens gelüpft. Sämtliche Scharniere waren aus- und Schrauben abgerissen. Die Dachhälfte drohte abzustürzen. Da bildet sich dann immer schnell und unaufgefordert ein Reparaturteam, welches in kurzer Zeit Schäden repariert. Einfach klasse so etwas, wenn man als Chef (lacht) solche Leute im Team hat. Heutzutage auch nicht gerade selbstverständlich, dass beim dreitägigen Weihnachtsmarkt-Event alle Schichten mit insgesamt 55 Personen besetzt werden konnten. Ich bin schon sehr, sehr stolz auf Haidebow. Auch wenn man sieht, was aus uns in den letzten 22 Jahren geworden ist.

Und was mögen Sie an Fasching im Allgemeinen?

Entweder man liebt Fasching oder man hasst es – es gibt kein zwischendrin. Fasching hat eine jahrtausendealte Tradition und wird je nach Land, Ort und Region sehr unterschiedlich zelebriert bzw. gefeiert. Für einige Tage ein Narr zu sein, sich zu verkleiden und den ganzen Alltag hinter sich zu lassen ist schon so mein Ding. Und da die fünfte Jahreszeit zeitlich begrenzt und nur einmal im Jahr ist, freut man sich immer wieder aufs Neue drauf.

Die gute Laune und die lockere Art, die bei den Zuschauern und unter den Teilnehmern herrscht, ist einfach toll. Natürlich gibt es immer wieder irgendwelche Idioten, die meinen, Fasching als Freischein für Vollrausch, Schlägereien, Seitensprünge und sexuelle Übergriffe auszunutzen – diese gibt es jedoch leider immer wieder und überall, wo sich Menschen amüsieren und Spaß haben.

Schon als Kind stand ich verkleidet am Straßenrand. Meine ersten Erfahrungen als aktiver Umzugsteilnehmer konnte ich bei der damaligen Fußgruppe der Eberbacher Feuerwehr sammeln. Schon damals tendierte ich jedoch zu einer Wagenbaugruppe und der Möglichkeit, mit Traktor und Anhänger an mehreren Umzügen teilnehmen zu können. Das ist jetzt auch schon 20 Jahre her – und die Lust an Karneval ist mir nicht vergangen.

An welchen Umzügen werden die Zuschauer Sie in diesem 22. Jubiläumsjahr bewundern können?

Wie in den vergangenen Jahren sind wir samstags in Neckargemünd, sonntags in Hirschhorn, montags in Mudau und Lohrbach, und den Abschluss machen wir dienstags in Eberbach.

Haben Sie noch irgendwelche Wünsche?

Wünsche – Oha! Dass Haidebow auf jeden Fall noch weitere 22 Jahre existiert. Dass von uns oder ein Zuschauer durch uns nie zu Schaden kommt. Dass wir die nächsten Jahre noch viel mit unserem Verkaufswagen im Einsatz sind und Behörden, Ämter und Umzugsveranstalter die Auflagen nicht noch weiter verschärfen, dass eine Teilnahme an Umzügen irgendwann nicht mehr machbar ist. Gutes Beispiel: Auch wir sind dabei Haidebow bezüglich Klima- und Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu verbessern. Ziel war es auch, sämtliche Einwegbecher, Plastikflaschen usw. aufzubrauchen bzw. vom Wagen zu verbannen und komplett auf Glasmehrweg umzusteigen. Neben Hirschhorn ist jetzt Lohrbach der zweite Veranstalter, welcher ein komplettes Glasverbot ausgerufen hat. Dass dies vielleicht bei den Zuschauern Sinn macht kann ich ja verstehen. Aber bei den Umzugsteilnehmern, die eigentlich nur ihre eigenen Getränke für sich dabei haben, ist es für mich nicht nachvollziehbar.

Gerade kürzlich erst habe ich einen Bericht eines Getränkehändlers von Stuttgart gesehen, welcher komplett alle Plastikflaschen aus seinem Laden verbannt hat – ich finde die Aktion toll und er wurde dafür sogar mit dem deutschen Umwelthilfepreis ausgezeichnet. Und dann im Gegensatz wieder solche Bestimmungen… . Dass aber momentan einige Ämter den Umweltschutzgedanken nicht sehr ernst nehmen, sieht man ja beim Finanzamt bezüglich Bon-Pflicht und in unserem Fall sind es scheinbar die örtlichen Sicherheitsbehörden, welche auf Bierdosen und Plastikflaschen verweisen – ihr habt‘s noch nicht verstanden. Fragt sich nur wer hier nun der Narr ist? Haide-Bow!

Info: www.kf-haidebow.de

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