In sicherem Abstand lauschen die Besucher auf dem Lindenplatz den Frühlingsliedern. Fotos: Nolten-Casado
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Die Sonne lacht, der Brunnen plätschert, es ist Samstagvormittag auf dem Lindenplatz. Menschen mit und ohne Mund- und Nasenschutz haben sich auf den Bänken niedergelassen. Andere stehen einzeln oder zu zweit in sicherem Abstand voneinander auf dem Platz, die Blicke erwartungsvoll nach schräg oben gerichtet. Denn an den zum Platz gerichteten geöffneten Fenstern über der Buchhandlung Greif tut sich etwas: Köpfe erscheinen zwischen den dicht belaubten Zweigen des davorstehenden Baumes, Stimmen werden hörbar.
Birgit Plagge (Alt) an einem und Gero und Uta Albert (Tenor und Sopran) am daneben liegenden Fenster stimmen auf Initiative von Martina Greif-Trussina mehrstimmige Frühlingslieder an. Aus den Tiefen des Raumes hinter den Fenstern ergießt sich leiser Klavierklang auf den Platz herab. Bezirkskantor Andreas Fauß begleitet den Gesang am Piano oder ergänzt das Vokaltrio mit seiner Bassstimme auch schon mal zum lupenreinen Quartett. Bekannte Weisen wie "Nun will der Lenz uns grüßen", "Alle Vögel sind schon da" oder "Grüß Gott, du schöner Maien" verströmen musikalische Frühlingsstimmung auf dem Platz und laden zum Mitsingen ein. Zuvor hatte Martina Greif-Trussina – ebenfalls vom Fenster aus – die Zuhörer zum ersten Frühlings-Fensterkonzert begrüßt.
Gero und Uta Albert singen an einem der Fenster im Obergeschoss der Buchhandlung Greif."Es war vor zwei Wochen sonntags", berichtet sie nach dem Konzert. Da habe sie morgens im Radio den "Frühlingsgruß" von Mozart gehört. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass man auf derartige Musikgenüsse "live" in nächster Zeit wohl würde verzichten müssen. "Was könnte man tun", fragte sie sich, "um die Menschen in diesen bedrückenden Tagen dennoch ein wenig aufzuheitern und den Frühling mit all seiner Pracht in passender Musik erstrahlen zu lassen?" "Die Fenster im Kalenderzimmer!", schoss es ihr durch den Kopf. "Von dort könnten wir es machen."
Schnell waren Verbündete für ihre Idee eines "Fensterkonzerts" gefunden: "Uta und Gero Albert, Birgit Plagge und Andreas Fauß waren spontan bereit, mitzumachen", freut sich Greif-Trussina. Und mit den von den Zuhörern erbetenen Spenden möchte sie "Künstlern in Not" etwas Gutes tun, "diejenigen unterstützen, die in der aktuellen Situation keinerlei Auftrittsmöglichkeiten haben".
"Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang", schallt der bekannte vierstimmige Kanon über den zunehmend bevölkerten Lindenplatz. Ein schwedischer Frühlingschoral entführt die Eberbacher in nordische Weiten. Ein Lied aus der Feder Robert Schumanns lässt kunstvolle Romantik über den Lindenplatz schweben. Zum Schluss wird es fetzig, da grooven die Sänger an ihren Fenstern, da schnipst das Publikum auf dem Platz beim englischsprachigen Frühlingssong "Spring, spring, spring" begeistert mit. Frühlingssong "Spring, spring, spring" begeistert mit.
Großer Applaus dankt den vier Musikern für ihren unentgeltlichen Einsatz und eine frühlingshaft launige musikalische halbe Stunde. Und Martina Greif-Trussina denkt nach dem Erfolg bereits über eine Fortsetzung des Frühlingsfensterkonzertprojekts nach.