Von Martina Birkelbach
Eberbach. Gerade mal waren die Grundschüler seit Ende Februar mit halben Klassen wieder im wechselnden Präsenzunterricht und zwei Wochen lang konnten sich Fünft- und Sechstklässler mit Abstand zu den Abschlussklassen in den Schulen vor Ort gesellen, nun neigen sich die Osterferien dem Ende zu und ab kommendem Montag gilt wieder für alle: zurück in den Fernunterricht.
Notbetreuung soll es nur für Erst-bis Siebtklässler geben, deren Eltern dringend darauf angewiesen sind. Am 19. April könnten alle Klassen im Wechsel zurückkehren, sofern es das Infektionsgeschehen zulässt.
Die Realschule. Foto: Martina BirkelbachÜber das Hin- und Her in den Schulen und wie Eltern und Kinder damit klarkommen, haben wir mit der Gesamtelternbeiratsvorsitzenden Iris Heckmann und ihrer Stellvertreterin Christl Hock gesprochen. Da es im vergangenen Jahr coronabedingt keine Wahlen im Gesamtelternbeirat gab, haben beide ihre (Doppel-) Posten vorerst behalten. Heckmann ist Elternbeiratsvorsitzende am Hohenstaufen-Gymnasium, Hock an der Realschule; in dieser Funktion äußern sie sich.
Frau Heckmann, Frau Hock, ab Montag sind wieder alle Schüler im Fernunterricht. Waren die langsamen Öffnungen Ende Februar Ihrer Meinung nach zu früh?
Nein, wir denken, dass es wichtig ist, Eltern und Lernenden eine Perspektive zu geben.
Was hätte im vergangenen Corona-Jahr noch anders laufen können?
Wir hätten uns für alle Beteiligten eine frühzeitige und klare Kommunikation der Entscheidungen gewünscht, um mehr Vorlauf für die Umsetzung und Organisation der jeweiligen Vorgaben zu ermöglichen.
Wie kommunizieren Sie derzeit mit den anderen Elternbeiratsvorsitzenden?
Wir kommunizieren per Telefon, E-Mail und Videokonferenzen miteinander, da persönliche Treffen aktuell nicht möglich sind.
Welche Probleme haben die Schüler der Klassen, die in den vergangenen Wochen ausschließlich im Fernunterricht waren?
Nach unserem Kenntnisstand haben in der Mittelstufe einige inzwischen Probleme mit der Motivation fürs Fernlernen. Sehr vielen fehlen zudem die persönlichen und damit auch die sozialen Kontakte, die in diesem Alter sehr wichtig sind, massiv.
Wie verkraften die anderen den ständigen Wechsel zwischen Fern- und Präsenzunterricht?
Unserer Erfahrung nach kommen die Schülerinnen und Schüler gut damit zurecht. Sie freuen sich auf die Präsenztage und den Kontakt mit den Mitschülern und Lehrkräften, auch wenn der organisatorische Aufwand für die Familien und Schulen bei einem solchen Modell natürlich sehr hoch ist. Aus Rückmeldungen, insbesondere aus den Sommermonaten 2020, haben wir mitgenommen, dass Unterricht in kleineren Gruppen für beide Seiten ein konzentrierteres Arbeiten und Vorankommen ermöglicht.
Was beunruhigt die Eltern derzeit am meisten?
Derzeit beunruhigt Eltern zum einen die Sorge vor einer Ansteckung der Kinder und deren Folgen auch in der Familie und zum anderen die Sorge um den Lernfortschritt und eventuelle Wissenslücken. Daneben geht es in den Übergangs- und Abschlussklassen natürlich auch um die Wertigkeit der Abschlüsse. Zudem haben wir den Eindruck, dass die Familien sich eine klare Perspektive wünschen.
Wie ist die Stimmung bei den Schülern?
Unserer Meinung nach ist die Stimmung abhängig von der jeweiligen persönlichen Situation sehr unterschiedlich. Bei Schülerinnen und Schülern in Präsenz- bzw. Wechselunterricht ist die Stimmung besser, als bei denen, die seit Dezember reinen Fernunterricht haben.
Ist die Belastungsgrenze bei den Eltern erreicht?
Das können wir nicht allgemein beantworten, da es hier viele Einflussfaktoren wie beispielsweise Berufstätigkeit, Anzahl und Alter der Kinder oder die räumliche Situation gibt.
Welche Defizite gibt es und wirkt sich das auf die Noten aus?
Dazu können wir als Eltern keine fundierte Aussage treffen.
Was denken Sie über die eventuelle (Wieder-) Öffnung der Schulen ab dem 19. April?
Unserer Meinung nach wäre eine Öffnung mit Augenmaß für alle Klassen wünschenswert. Vorausgesetzt diese wird durch eine sinnvolle Teststrategie unterstützt und die Inzidenzen lassen dies zu.
Iris Heckmann, Elternbeiratsvorsitzende HSG. Foto: privatFrau Heckmann als Elternbeiratsvorsitzende des HSG: Wird es ein "Corona-Abitur" geben?
Iris Heckmann: Der Begriff Corona-Abitur gefällt mir persönlich nicht, da er dem Abschluss einen eher negativen Stempel aufdrückt und damit die erzielten Leistungen schmälert. Aufgrund der Anpassung der Prüfungsvorgaben und -termine und der geltenden Vorschriften zu Hygiene etc. wird es sicher ein Abitur unter besonderen Bedingungen sein. Das sollte meiner Meinung nach die Wertigkeit des Abschlusses in der öffentlichen Wahrnehmung aber nicht beeinflussen. Ich vertraue darauf, dass Schule und Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf das Abitur vorbereiten.
Frau Hock als Elternbeiratsvorsitzende der Realschule: Wird es eine "Corona-Mittlere-Reife" geben und wie sieht es derzeit mit Ausbildungsplätzen für die Abschlussschüler aus?
Christl Hock, Elternbeiratsvorsitzende Realschule. Foto: privatChristl Hock: Auch ich habe ein Problem mit dem Begriff "Corona-Mittlere-Reife", impliziert er doch, dass es sich um einen Abschluss mit Makel handelt. Als die Englisch-Lehrer im Februar feststellten, dass vor der Eurocom-Prüfung noch Präsenzunterricht notwendig sei, wurde dieser auch ermöglicht. Mein Eindruck ist, dass von Seiten der Realschule alle notwendigen Schritte unternommen werden, das benötigte Wissen zu vermitteln, um einen adäquaten Abschluss zu ermöglichen. Analog zum Abitur wurden die Prüfungstermine bereits nach hinten verschoben, die Vorgaben angepasst und Konzepte erarbeitet, um die Prüfungen sicher durchführen zu können. Bezüglich der Ausbildungsplätze für Abschlussschüler kann ich leider keine genauen Angaben machen.
Aus persönlichen Gesprächen mit Abgängern des letzten Jahres weiß ich allerdings, dass einige ihre Lehrstelle nur unter eingeschränkten Bedingungen antreten konnten, da coronabedingt in manchen Betrieben die Ausbildung ganz oder teilweise ruht. Auch können die diesjährigen Neuntklässler aus diesen Gründen keine einwöchigen Betriebspraktika absolvieren, was bedauerlich ist, da ihnen hier die Möglichkeit, in einen Betrieb hineinzuschnuppern, nicht gegeben wird. Eine digitale Firmen-Vorstellung kann nun mal eine persönlich gemachte Erfahrung nur schwer ersetzen.