Eberbach

So ernst ist die Lage für die VHS wegen Corona

Existenzbedrohende Schieflage? - Neckargemünds Bürgermeister hält Schließung ohne zusätzliche Hilfen für unabwendbar - Gespräch mit VHS-Leiter Malte Awolin

01.05.2020 UPDATE: 02.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
Dr. Malte Awolin. Foto: Nolten-Casado

Von Jutta Biener-Drews

Eberbach/Neckargemünd. Dunkle Wolken über der Volkshochschule Eberbach-Neckargemünd. In einem Brandbrief an den Gemeindetag Baden-Württemberg, ans Landratsamt und weitere politische Adressaten mahnt der Neckargemünder Bürgermeister Frank Volk dringend mehr finanzielle Unterstützung in der Coronakrise an.

Anderenfalls werde die Stadt Neckargemünd zum Jahresende nicht nur Freibad, Museum, Stadtbücherei und Musikschule, sondern auch die Volkshochschule endgültig schließen müssen. Volk rechnet vor, dass die Einnahmeausfälle in diesen Einrichtungen derzeit ein Loch von 232.000 Euro in die Stadtkasse rissen, das durch die Soforthilfen des Landes nicht zu decken sei.

Volk zufolge läuft allein bei der VHS mit Hauptgeschäftsstelle in Eberbach für seine Stadt aktuell jeden Monat ein Defizit von 21.000 Euro auf. Wie ernst ist die Lage für die gemeinsame kommunale Bildungseinrichtung? Ist sie dabei, in eine gefährliche Schieflage zu geraten?

Wir haben bei Dr. Malte Awolin nachgefragt, als VHS-Leiter seit 1. April Nachfolger von Barbara Coors. Er sagt, er wurde von den in der RNZ-Regionalausgabe erschienenen Äußerungen des Neckargemünder Bürgermeisters überrascht. Nach Rücksprache mit Eberbachs Bürgermeister Peter Reichert beantwortet Awolin Fragen:

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Herr Dr. Awolin, wie nehmen Sie das von Bürgermeister Volk entworfene Szenario wahr: Politischer Hilferuf? Alarmismus?

Herr Volk beschreibt die Gesamtsituation, so wie sie sich für seine Stadt darstellt. Das Wesen eines "Brandbriefs" ist es ja, mit deutlichen Worten auf eine sehr schwierige Situation aufmerksam zu machen – im konkreten Fall also, den Unterstützungsbedarf von Städten wie Neckargemünd in der Corona-Krise zu verdeutlichen. Es geht darum, dass Städte und Gemeinden die Corona-Krise bewältigen können sollten, ohne dass dabei öffentlich geförderte Bildungs-, Kultur- und Sporteinrichtungen aufgegeben werden müssen.

Gibt es entsprechende Signale auch aus Eberbach?

Einen entsprechenden Brief kenne ich aus Eberbach nicht. Aus Gesprächen mit Bürgermeister Reichert ist mir bekannt, dass natürlich auch die Stadt Eberbach finanzielle Belastungen erwartet. Als erster Vorsitzender der Volkshochschule berät Herr Reichert zusammen mit seinen Vorstandskollegen auch das Vorgehen für die Volkshochschule.

Hauptschwierigkeit hierbei ist die zeitliche Unsicherheit, also nicht zu wissen, wie lange diese Situation noch andauern wird und wie hoch die finanziellen Ausfälle dadurch letztendlich sein werden.

Dem VHS-Vorstand gehört neben den Bürgermeistern Peter Reichert aus Eberbach und Frank Volk aus Neckargemünd auch Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel aus Gaiberg an.

Wie ernst ist die Lage für die Volkshochschule Ihrer Einschätzung nach?

Sie ist ernst, aber aktuell nicht existenziell gefährdend. Es ist alles eine Frage der Zeit. Denn als gemeinnütziger Verein darf die Volkshochschule gar keine größeren Reserven aufbauen. Vom Land und von den Mitgliedskommunen werden wir zu einem Viertel über Fördermittel finanziert. Sollten wir unsere Präsenzkurse auch im Herbst und Winter nicht oder nur sehr eingeschränkt durchführen können, werden wir – früher oder später – auf unsere Trägerkommunen angewiesen sein. Und das, obwohl wir von einer sehr soliden Ausgangslage aus mit der coronabedingten Schließung konfrontiert wurden.

Aktuell blicke ich für die nächsten Wochen und Monate gefasst in die Zukunft der Volkshochschule.

Können Sie derzeit etwas von sich aus unternehmen?

Wir als Volkshochschule gehen mit der Situation konstruktiv um und erweitern unsere digitalen Angebote: so haben wir nach der behördlichen Schließung ad hoc erste Kurse online umstellen können und inzwischen ein Online-Programm aufgebaut, das stetig erweitert wird. Erste Rückmeldungen zeigen uns, dass der Umstieg auf Online-Kurse auch für weniger geübte Teilnehmer und Dozenten gut machbar ist.

Bei dem Online-Umstieg unterstützen unsere Informationsblätter und Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die verwendete Software. Viele der Online-Kurse beginnen gerade oder gehen in den nächsten Tagen an den Start. Ein Blick auf unsere Homepage lohnt sich also, und auch ein Quereinstieg in laufende Kurse ist weitestgehend möglich.

Wir freuen wir uns über die neuen, wie auch die treuen Dozenten und Kursteilnehmer, die sich mit den Online-Kursen ausprobieren:

Einige nutzen die Kurse, um Kenntnisse am PC oder digital zu verbessern, andere freuen sich, zum Beispiel ihre Fremdsprachenkenntnisse zu vertiefen oder sich bei Zumba und Yoga körperlich fit zu halten. Wieder andere sind froh, ihre langjährige VHS-Gruppe nun wenigstens online treffen und sich dabei mit spannenden Kursthemen auseinandersetzen zu können.

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