Für die tägliche Fitness in den eigenen vier Wänden muss man sich keine Hanteln kaufen, zwei Bücher tun es genauso. Foto: Peter Bayer
Von Peter Bayer
Eberbach. Die Fitnessstudios sind zu, die Sporthallen geschlossen, auf der Anlage in der Au kann man auch keine Runden drehen. Kann man sich in Zeiten von Corona eigentlich noch sportlich fit halten? "Natürlich", sagt Gregor Haslberger. "Zwei Quadratmeter Fläche und ein zusammengerolltes Handtuch reichen." Vielleicht noch eine Gymnastikmatte und zwei Bücher dazu – mehr braucht es nicht.
Der Geschäftsführer des Fitnessstudios "Palestra" betreute früher Größen wie Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel und Ironman-Europameister Timo Bracht, aktuell Lukas Tulovic und mehrere international erfolgreiche Boxer. Er kennt sich aber genauso gut damit aus, wie man Hobbysportler oder Leute mit körperlichen Problemen fit hält oder wieder fit bekommt. Täglich 20 Minuten reichen, dabei kommen sie ganz ohne Geräte aus. Auch eine Halle braucht es dazu nicht, zwei Quadratmeter in den eigenen vier Wänden reichen. Wem der Boden zu hart ist, der kann eine Gymnastikmatte nehmen.
"Die Leute sollten jetzt nicht den Fehler machen, sich teure Geräte anzuschaffen und versuchen, das Fitnessstudio ersetzen zu wollen", sagt er. Vielmehr sollten sie sich um Schwachstellen des Körpers kümmern. Auf Instagram oder You tube gibt es kostenlos jede Menge Trainingsprogramme. "Man kann sich seinen eigenen Schwierigkeitsgrad aussuchen, die kurzen Übungssequenzen auf den Fernseher streamen und schon loslegen. In nur 20 Minuten hast du ein ganzheitliches Programm zusammengestellt." Die Übungen werden mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt, Hantelbank oder vergleichbare Geräte werden nicht benötigt.
Der Fitnesstrainer und Sohn eines Buchhalters erinnert sich an seine jungen Jahre. "Ich war in keinem Fitnessstudio. Mein Vater hatte eine 8,5 Kilo schwere Rechenmaschine, die nahm ich für die Bizepsübungen. Als Kurzhanteln dienten zwei Wörterbücher von Langenscheidt – Deutsch-Französisch und Französisch-Deutsch." Und dann ging’s los: Arme zur Seite, Arme nach vorne, jeweils mit 800 Gramm – das hat gereicht. "Mit kleinen Zusatzgewichten und Motivation kann man viel erreichen", ist er überzeugt.
Auch bei Haslberger selbst hat der Lockdown Veränderungen bewirkt. Er achtet bewusster auf die Ernährung, kocht mehr selbst. Zu seiner Morgenroutine gehören 20 Minuten Gymnastik. "Ich schiebe morgens den selbst gemachten Brötchenteig – da weiß ich, was drin ist – in den Backofen, die brauchen 23 Minuten. Wenn ich mit der Gymnastik fertig bin, sind es die Brötchen auch und ich kann frühstücken", schildert er seinen Start in den Tag.
Fehlt die morgendliche Gymnastik, fühlt er sich inzwischen gar nicht mehr richtig wohl, braucht er länger, um "in die Gänge zu kommen". Das Gymnastikprogramm empfiehlt er – wenn möglich – täglich. Wer nicht immer die Zeit dazu hat oder bei wem es nicht immer in den zeitlichen Ablauf passt, sollte es zumindest jeden zweiten Tag versuchen.
Positive Auswirkungen hat natürlich auch die Bewegung an der frischen Luft. Eberbach biete dazu beste Voraussetzungen. "Du kannst in alle vier Himmelsrichtungen raus und dich bewegen", schwärmt er von den Bedingungen am Ort. Dabei sollte es nicht so intensiv, sondern lieber länger mit niedriger Herzfrequenz sei. "Wandern statt joggen", rät er. Das sei nicht so belastend für die Gelenke. "Wer acht Stunden Stress im Büro hat, danach eine Stunde hart trainiert, tut seinem Körper noch mehr Stress an", sagt er. Zwar gebe es ein kurzes Glücksgefühl, doch falle man danach in ein tiefes Loch. "Und wundert sich, wenn man schlecht schlafen kann."
Jenen, die etwas für ihre Schnelligkeit oder Schnellkraft tun wollen – zum Beispiel Fußballer oder Handballer – rät er zum einen zu Bergsprints und Bergläufen. Ein gutes Gelände bei Tageslicht wäre etwa bei Pleutersbach, nach dem Schlagbaum links den Weg hoch. "Sieben Bergsprints, zurück jeweils gehen, und zum Schluss 25 Sekunden Berglauf. Wichtig, gerade beim derzeitigen Wetter ist eine aktive Pause." Eine Alternative ist Treppentraining, zum Beispiel im Parallelweg – "der ist abends beleuchtet". Für Tempoläufe sei der Weg bei der Neckarbrücke nach Rockenau gut geeignet. "Früher haben wir Laterne, Laterne gesagt", sagt Haslberger und erklärt: "Sprinten, locker laufen, sprinten...".
Auch wenn es durch den Lockdown viele Einschränkungen und negative Folgen gibt, sieht Gregor Haslberger doch auch etwas Positives. "Es ist eine Chance für die Leute, sich mehr zu bewegen und auf eine bessere Ernährung zu achten. Damit stärken sie ihre Fitness und ihr Immunsystem und sind letztlich auch widerstandsfähiger im Kampf gegen das Corona-Virus."