Seit Oktober deutet nur ein kreisrunder Fleck südlich des Stegs darauf hin, dass hier – eigentlich immer schon – eine Litfaßsäule gestanden hat. Zeit für eine Bestandsaufnahme. Foto: jbd
Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Der öffentliche Raum verliert sein altes Inventar. Die Telefonzelle ist schon verschwunden. Steht jetzt auch die Litfaßsäule auf der Abschussliste – als nicht mehr zeitgemäße Form der Außenwerbung? Etliche Kommunen, inzwischen sogar Berlin, wo der Druckereibesitzer Ernst Litfaß 1855 die runde Plakatwand erfand, räumen diese ehemals bunten Werbeträger bereits in großem Stil ab. Obwohl in der Hauptstadt den alten später neue folgen sollen, werden viele ehemalige Standorte leer bleiben, und die Gesamtzahl der Säulen schrumpft beträchtlich. Wie ist das in Eberbach?
Auch hier, wo es übers ganze Stadtgebiet verteilt ursprünglich ein rundes Dutzend Litfaßsäulen gab, fällt seit Oktober ein kreisrunder heller Fleck auf dem Pflaster östlich des Bahnhofs auf. Auch an dieser zentralen Stelle, wo vom Bahnsteig, vom Steg und von den benachbarten Parkplätzen her tagsüber viele Fußgänger durchkommen, stand eine Litfaßsäule – seit sozusagen unvordenklicher Zeit, denn selbst die Betreiberfirma in Koblenz weiß nicht mehr, wie lange schon. Wo ist die Anschlagssäule hin?
"Wir haben sie abgeräumt", gibt die Firma Deutsche Plakatwerbung Auskunft. Und zwar sei dies nach einer Aufforderung der Stadt geschehen, die Säule bis Monatsende Oktober aufgrund bevorstehender Umbaumaßnahmen zu entfernen.
Zwar sei dieser Termin später dahingehend korrigiert worden, "dass diese Umbaumaßnahmen verschoben wurden und erst in zwei Jahren stattfinden sollen", aber da waren die Vorbereitungen schon so gut wie abgeschlossen und das Ding wurde abtransportiert, erläutert die Firma.
Wirtschaftliche Gründe, dass sich diese Art Werbung hier nicht mehr lohne, hätten keine Rolle gespielt, ist zu hören. Obwohl jedem, der dieses in der Gegenwart besonders von regionalen Veranstaltern aus Kultur und Unterhaltung genutzte Werbemedium regelmäßig studiert, natürlich auffällt, dass mangels Annoncen viele Säulen oft großflächig mit weißem Papier beklebt sind. Immerhin gibt es nach dem Verlust dieser einen zentralen weiterhin zehn Litfaßsäulen in der Stadt, vermeldet das Liegenschaftsamt.
Und zwar in der Breslauer-/Ecke Berliner Straße, in der Friedrichsdorfer Landstraße 49, in der Hohenstaufenstraße 2a, nördlich der Neckarbrücke, an den Ecken Neuer Weg/Wilhelm-Blos-Straße, Parallelweg/Karlstalweg, Pestalozzi-/Berliner Straße, Steige-/Pestalozzistraße, Untere Talstraße 9/Lindenweg sowie Schwanheimer Straße/Bergheckenweg.
Das beste Pflaster für die Werbeträger ist offenbar Eberbach Nord. Und warum wurde die vom Bahnhof abgeholte Litfaßsäule nicht irgendwo anders hinverpflanzt?
"Die Anlagen sind sehr alt, wir haben sie schon von unserem Vorgänger übernommen und wissen nie, was unter dem Papiermantel steckt und beim Abbau zum Vorschein kommt", heißt es von den Koblenzern. Der alte Betonkern falle dann häufig in sich zusammen. Von daher scheidet ein Umzug also aus.
Für den Betrieb dieser "Anlagen der Außenwerbung" auf öffentlichem Grund und Boden kassiert die Stadt ein Entgelt. Allerdings gehört dieser Platz am Bahnhof nicht ihr, sondern der Bahn. Und was mit dem nun freien Platz geschehen wird, "mit dem sich die Stadt im Rahmen des künftig geplanten Sanierungsgebietes Innenstadt befassen wird", hänge von den Zielen des Grundstückseigentümers ab, informiert das Rathaus.