Aus den Grenzsituationen, in denen sich Menschen befinden können wie etwa im Krankenhaus, im Altenheim oder im Hospiz ergeben sich die Fälle, in denen die Einfühlsamkeit und Erfahrung von Seelsorgern der Kirchengemeinden gefragt ist. Fotos: bnc (1), pa (1), privat (1)
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Sie hören alten Menschen zu, machen Kranken Mut, vermitteln Einsamen das Gefühl, nicht vergessen zu sein; sie begleiten Sterbende und schenken Angehörigen Trost. Die Rede ist von Krankenhaus- und Altenseelsorgern wie dem katholischen Diakon Joachim Szendzielorz und seinem evangelischen Amtskollegen Hans-Jürgen Habel.
Hans-Jürgen HabelSeit 2008 besuchte Habel bis zum Beginn der Coronapandemie regelmäßig alte Menschen im Curata-Seniorenstift, im "Lebensrad", in der "Residenz" in der Itterstraße und im "betreuten Wohnen" der Familie Hepp. Hinzu kamen Besuche bei erkrankten Mitgliedern der Kirchengemeinde in der Eberbacher GRN-Klinik. Seit 2011 tat Joachim Szendzielorz dies katholischerseits.
Dabei gehört das regelmäßige Feiern von Gottesdiensten in den Altenheimen für die beiden Diakone ebenso zu ihren Aufgaben wie die zahlreichen Einzelbetreuungen und Gespräche. "Und mit vielen Menschen, die nicht zu den gemeinsamen Gottesdiensten kommen können, feiere ich auch kleine Zimmerandachten" berichtet Szendzielorz.
Im Krankenhaus finden die früher wöchentlich angebotenen Gottesdienste mangels Teilnehmern seit ein paar Jahren nicht mehr statt. Daher konzentrieren sich Habel und Szendzielorz ganz auf die Einzelseelsorge in den Zimmern.
"Auf jeder Station hängt ein Info-Schild mit meinem Namen und der Telefonnummer", erläutert Szendzielorz. "
Joachim SzendzielorzPatienten, ihre Familienangehörigen oder die Stationsschwestern können mich anrufen, wenn jemand eine schwierige Lebensphase durchmacht oder im Sterben liegt." Auch Pfarrer Pavo Ivkic werde oft gerufen, "hauptsächlich zur Krankensalbung". Denn diese ist dem katholischen Priester vorbehalten. Szendzielorz darf sie als Diakon nicht spenden.
Doch ganz nach dem Motto der modernen Krankenhausseelsorge "erst das Menschliche, dann das Kirchliche" kann er einen "Sterbesegen" erteilen, ein kleines Ritual mit Gebet und Berührungen an Stirn und Händen des Kranken, an dem er auch anwesende Familienangehörige beteiligt. Szendzielorz berichtet von den unterschiedlichen Begegnungen bei seinen Krankenbesuchen: "Da erlebe ich Menschen, die tief im Glauben verwurzelt sind.
Andere dagegen haben mit Kirche und Liturgie wenig am Hut." Bei Letzteren seien es oft die Stationsschwestern, die den Kontakt herstellten. "Da ist das seelsorgliche Gespräch das A und O", sagt Szendzielorz. "Wenn sich dann ein Raum eröffnet, wo zwischen mir und dem Patienten eine Atmosphäre des Vertrauens entsteht, dann ergibt sich am Schluss manchmal der Wunsch: ‚Bitte segnen Sie mich‘ oder ‚beten Sie mit mir, ich habe so lange nicht mehr gebetet‘. Das ist das Schönste: wenn es von den Menschen selbst kommt." Doch aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen in Altenheimen und Krankenhaus hat sich auch für die Seelsorger Vieles verändert. Zeitweilige Besuchsverbote machen das "von Zimmer zu Zimmer" gehen unmöglich. Präsenzgottesdienste sind in den Altenheimen seit Monaten Tabu. Immerhin boten Live-Streams aus der katholischen Kirche und von Diakon Habel eigens erstellte wöchentliche Video-Andachten den Heimbewohnern bislang einen kleinen Ersatz.
Doch ist zurzeit auch das gemeinsame Mitfeiern am Bildschirm nicht möglich. Kontakt zu den Heimbewohnern per Telefon oder E-Mail sei kaum möglich, berichten die beiden Diakone: zum einen aufgrund fehlender technischer Ausstattung der Senioren, zum anderen aber auch, "weil die meisten ein gewisses Handicap haben".
Ein Päckchen oder ein Geburtstagsgruß seitens der Kirchengemeinde muss da als Zeichen der Verbundenheit genügen. Die Folgen sind "Vereinsamung und eine große Traurigkeit", weiß Szendzielorz.
Eine Ausnahme vom Besuchsverbot in Altenheimen und Krankenhaus aber gibt es für die Seelsorger: Der Zutritt zu Sterbenden wird ihnen auch in Coronazeiten gewährt – sogar auf Isolier- und Intensivstation. Neben den üblichen Regularien am Eingang ist dann das Anlegen der kompletten Schutzkleidung erforderlich. Natürlich empfinde man da auch eine gewisse Angst vor Ansteckung, bekennt Szendzielorz. "Aber mit Abstand und Vorsicht wird schon nichts passieren", ist er guten Mutes.
Hans-Jürgen Habel setzt nun all seine Hoffnung auf die Impfungen: "Wenn die Heime durchgeimpft sind, werden hoffentlich bald auch die Besuchsregeln gelockert." "Damit die dort lebenden Menschen aus der Isolation herauskommen, sich wieder in ihren Aufenthaltsräumen treffen und gemeinsam Gottesdienst feiern können", wünscht sich Joachim Szendzielorz. Bis dahin schließe er sie in sein Gebet ein, versichert der Diakon. "Ich hoffe, dass sie spüren, dass ich an sie denke."