Tobias Soldner und Ekkehard Leytz informierten über die Ausstellungen. Foto: Nolten-Casado
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Ein schwarz-rot-goldenes Banner über dem Eingang lädt bereits seit vergangenem Samstag zur Ausstellung "Voll der Osten – Leben in der DDR" ins Rathaus ein. Zeitgleich zeigt eine Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus am Leopoldsplatz den Weg "Von der friedlichen Revolution zur deutschen Einheit".
Als Mosaiksteine der Veranstaltungsreihe "Eberbach SteinReich" wollen sie anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls ein paar Schlaglichter auf das Leben in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) werfen und von den Umständen berichten, die letztlich zur Wiedererlangung der deutschen Einheit führten.
Eberbachs Kulturamtsleiter Tobias Soldner und der evangelische Dekan Ekkehard Leytz hatten sich am Samstagmorgen ob der räumlichen Nähe der beiden Ausstellungen gemeinsam eine Stunde lang vor dem Rathaus platziert, um Marktbesucher auf selbige aufmerksam zu machen und eventuelle Fragen dazu zu beantworten.
"Ich war damals vor 30 Jahren selbst dabei", denkt Soldner an die Ereignisse des 9. November 1989 zurück. Er lebte damals in Berlin. Leytz verweist auf die entscheidende Rolle der evangelischen Kirche an der friedlichen Revolution, die zum Ende der DDR führte. "Die Kirche war mutig genug, ihre Räume zum Beispiel für die Leipziger Friedensgebete zu öffnen." "Und", so erinnert sich Leytz, "die Teilnehmer an den Friedensdemos kamen mit Kerzen aus den Kirchen: mit sanftem Licht – nicht mit Fackeln."
Im Eberbacher Rathausfoyer sind Ansichten des DDR-Alltags zu sehen. Foto: Nolten-Casado
Bis 20. Dezember ist die Ausstellung im Rathaus-Foyer mit Bildern des Fotografen Harald Hauswald zu sehen. In den achtziger Jahren zog er durch Ostberlin und fotografierte, was ihm vor die Linse kam: Szenen aus dem Alltag jener Zeit wollen dem Betrachter auf 20 Tafeln "ungeschminkte DDR-Realität" vor Augen führen.
"Sehnsucht" ist eine Tafel überschrieben, die sich mit den Sehnsüchten der Menschen nach Reisefreiheit auseinandersetzt. "Traurigkeit" spiegelt das "Altersgrau" der Häuserfassaden wider, das "Schmutziggrau" der Schaufenster oder das "Betongrau" der Mauer, die den Staat umgab.
Die "Rebellion", die langsam in den Köpfen vieler erwachte, die "Einsamkeit" alter Menschen oder das Thema "Macht" werden angesprochen. Aber auch "Heiterkeit" findet ihren Ausdruck auf einer Tafel – als "Balancierstange über dem Abgrund der Resignation". "Gemeinschaft", "Kindheit", "Jugend", "Flucht"… sind andere überschrieben. Die Texte auf den Bildtafeln hat der Historiker und Buchautor Stefan Wolle verfasst. Er ist wie Fotograf Harald Hauswald in der DDR aufgewachsen.
Die Ausstellungstafeln verlinken mit QR-Codes zu kurzen Videointerviews im Internet, in denen der Fotograf darüber berichtet, wie und in welchem Kontext das jeweils zentrale Foto der Tafel entstanden ist.
Noch bis zum 30. November wirft die Ausstellung im Foyer des Evangelischen Gemeindehauses Schlaglichter auf die Jahre 1989/90. Diese Ausstellung ist von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer herausgegeben worden.
Im evangelischen Gemeindehaus ist der Weg von der friedlichen Revolution zur deutschen Einheit ausgestellt. Foto: Nolten-Casado
Auf 20 ebenfalls mit QR-Codes versehenen Plakaten wird dabei unter Titeln wie "Scheinstabilität", "Aufbruch, "Mauerfall" oder letztlich "Vereint" in Bild und Text an den Protest gegen die Fälschung der DDR-Kommunalwahlen erinnert, an die Fluchtbewegung im Sommer und an die Massenproteste im Herbst, die die SED-Diktatur schließlich in die Knie zwangen.
Zwei der Plakate rahmen dabei die im Gemeindehaus aufgestellte Gesetzestafel der in der Pogromnacht des 9. November 1938 niedergebrannten Eberbacher Synagoge ein: unbeabsichtigte Symbolik zum mit Trauer und Jubel gleichermaßen besetzten "deutschen Schicksalsdatum 9. November".
Info: Die Ausstellung "Voll der Osten" ist zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen. "Von der Friedlichen Revolution zur deutschen Einheit" kann zu den Öffnungszeiten des evangelischen Gemeindebüros oder bei Veranstaltungen im Gemeindehaus besucht werden. Schulklassen nach Voranmeldung.