Der Ausbau der Windkraft ist ins Stocken geraten, weshalb Bund und Länder Genehmigungsverfahren vereinfachen möchten. Davor warnen vielerorts Bürgerinitiativen, darunter auch die BGN in Hardheim. Foto: Rüdiger Busch
Hardheim/Walldürn. (rüb) Die Bundes- und die Landesregierung wollen den Ausbau der Windkraft mit Nachdruck vorantreiben und dabei Hürden auf dem Genehmigungsweg - wie beispielsweise strenge Artenschutzvorgaben - beiseiteräumen, wie vor Kurzem beim Windkraftgipfel mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) deutlich wurde. Bei den entsprechenden Bürgerinitiativen vor Ort wird dies naturgemäß kritisch gesehen.
Wir haben bei der Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz (BGN) nachgefragt, die sich seit Jahren gegen den geplanten Bau des Windparks "Kornberg" auf den Gemarkungen Hardheim und Höpfingen wehrt. Vorsitzender Dieter Popp stand uns Rede und Antwort.
Die Politik ist sich einig: Der lahmende Windkraftausbau auf dem Land soll angekurbelt werden. Der grüne Umweltminister Franz Untersteller möchte hierbei beim Artenschutz ansetzen, der oftmals Projekte verhindert. Was sagen Sie dazu?
Dieter Popp: Das zeigt uns eines: Der Ausbau der Windkraft geht massiv gegen den Natur- und den Artenschutz und voll zu Lasten des ländlichen Raumes. Für mich ist das Ganze nicht zu verstehen: Noch vor 30 Jahren haben sich die Grünen an Bäume ketten lassen, um zu verhindern, dass sie gefällt werden, und heute opfern sie hochwertigen Wald und somit auch CO2-Speicher für die Windkraft und sprechen dabei von "grünem Strom". Das ist ein Hohn.
"Für Windräder sollen keine Bäume mehr gefällt werden", hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner kürzlich gefordert. Damit liegt sie mit Ihnen auf einer Wellenlänge, oder?
Ja, das wäre angesichts des besorgniserregenden Zustands unseres Waldes nur zu begrüßen. Es geht ja nicht nur um die Fläche, die für den Bau eines Windrads gerodet werden muss (durchschnittlich rund 1 Hektar inklusive Wegeführung, Anm. d. Red.), sondern auch um Dürreschäden an den durch die Rodung neu geschaffenen Waldrändern. Dieses Phänomen war in diesem Sommer leider häufig zu beobachten.
Wie bewerten Sie das Klimaschutzprogramm der Großen Koalition?
Dass in Sachen CO2-Ausstoß etwas getan werden muss, steht für uns außer Frage. Dies muss aber weltweit passieren! Ebenso halten wir die Ansätze für falsch: Die Dieseldiskussion beispielsweise besitzt das Potenzial, unser Land wirtschaftlich zu ruinieren. Viel wichtiger wäre es, auf den Ausstoß alter Frachter, Tanker und Kreuzfahrtschiffe oder auf die Kohleverstromung zu blicken. Windkraft ist so lange keine Alternative, wie sie nicht grundlastfähig ist. Er wenn es gelingt, den Strom aus der Windkraft vernünftig zu speichern, würde es anders aussehen.
Bis dahin ist nach meiner Meinung jeder, der für Windkraft ist, automatisch dafür, dass in Windflauten Atomstrom von unseren Nachbarn importiert werden darf. Das muss jedem klar sein. Statt Millionen in die Windkraft zu buttern, sollten wir das Geld lieber für die Entwicklung neuer Möglichkeiten der Energieerzeugung ausgeben. Und vor allem müssen wir über Landesgrenzen hinweg blicken: Wir brauchen erst ein vernünftiges europaweites Konzept, dann können wir an die Umsetzung gehen - alles andere endet im Fiasko.
Im Frühjahr wurde der neue Windatlas vorgestellt, der deutlich mehr Potenzial für Windenergie in Baden-Württemberg ausweist ...
Ja, aber nur auf dem Papier. Auch daran sieht man, dass es nur darum geht, den politischen Willen durchzudrücken. Es weht ja nicht plötzlich mehr Wind im Land. Allein im Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbands Hardheim-Walldürn könnten laut neuem Windatlas von Umweltminister Untersteller 108 Anlagen gebaut werden! Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies im Sinne unserer Mitbürger ist.
Von der großen Politik zur Situation vor Ort. Gibt es in Sachen Artenschutz am "Kornberg" etwas Neues?
Neben Uhu, Wespenbussard und Rotmilan wurde in den letzten Monaten auch der Schwarzstorch in dem Gebiet sehr häufig gesichtet. Uns ist auf Hardheimer Gemarkung ein Horst des Schwarzstorchs bekannt.
Apropos Schwarzstorch: Dessen Nachweis hatte zunächst zum Aus für den Windpark "Welscheberg" bei Hainstadt geführt, ehe das Verwaltungsgericht die Entscheidung des Landratsamts aufgehoben hat ...
Wir sind durch persönliche Kontakte über die Situation in Hainstadt gut im Bilde und begrüßen es natürlich, dass das Landratsamt weiterhin zu seiner ablehnenden Haltung steht und in die Berufung geht. Interessant ist, dass Kläger - die Firma Abo-Wind - und Beklagter - das Land, also die grün-geführte Landesregierung - das Gleiche wollen: den Ausbau der Windkraft. Nachtigall, ick hör Dir trapsen ... Bei Zeag handelt es sich genau wie bei Abo-Wind um ein Wirtschaftsunternehmen, welches Profit machen muss. Deshalb werden die Bürger mit dem Projekt am "Kornberg" übergangen. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Zeag auch am "Kornberg" den Klageweg bestreiten wird.
Was sagen Sie dazu, dass die Zeag sich schon um Ausgleichsmaßnahmen für den "Kornberg" kümmert?
Das spiegelt die bisherige Vorgehensweise wider: Hinter dem Rücken der Bevölkerung wird das Projekt vorangetrieben. Dass es auch anders gehen kann, zeigt das Bürgerwindprojekt in Hettingen. Dort wurde mit 2400 Meter Abstand zur Wohnbebauung an den Schutz und die Gesundheit der Bürger gedacht.
In Sachen Flugsicherheit hat sich Dr. Kassera erneut zu Wort gemeldet. Ist Ihnen sein Schreiben bekannt?
Ja, seine gutachterliche Stellungnahme mit Schreiben vom 13. August dürfte inzwischen ja auch den Mitgliedern der Verbandsversammlung bekannt sein, da er den GVV um Weitergabe gebeten hat. Beim Blick auf seine Untersuchungsergebnisse wäre es geradezu verantwortungslos, den Windpark zu bauen und Menschenleben zu gefährden. Wir sind deshalb froh, dass der Walldürner Gemeinderat bei seiner ablehnenden Haltung zum geplanten Windpark am "Kornberg" bleibt.
Mit Blick auf den neuen Windatlas von Untersteller sind wir froh und auch etwas stolz, den geplanten Windpark am "Kornberg" bis jetzt verhindert zu haben. Auch sind wir weiterhin voll entschlossen, unsere Heimat und deren Bürger vor solch verantwortungslosen Projekten zu schützen.