Viele Familien nutzten das gute Wetter für einen Besuch im Maislabyrinth von Walldürn. An den 13 Fragen, die im ganzen Labyrinth verteilt waren, konnte man sich schon mal die Zähne ausbeißen. Fotos: Jana Schnetz
Walldürn. (jasch) Das Erste, was ich wissen will, als ich auf dem Hof der Familie Stolz eintreffe, ist: Wie kommt das Muster in den Mais? Eine wichtige Frage, die ich klären möchte, bevor ich selbst hineingehe. Monika Stolz erklärt mir: "Ich denke mir ein Thema aus und zeichne das Bild auf. Dann unterteile ich das Maisfeld mit Schnüren immer in zehn auf zehn Meter und laufe die Quadrate maßstabsgetreu entsprechend meiner Vorlage ab. Dabei muss man auf die Proportionen aufpassen und dass man keine Sackgassen zieht, wo keine sein sollen." Dieses Jahr zeigt die Fläche eine Biene, die auf einer Blumenwiese fliegt. Andere Themen waren schon "vom Kalb zur Kuh", "Getreide", "Bauernhoftiere" oder "Zuckerrübe". Ihre Muster hätten immer mit der Landwirtschaft zu tun. Mittlerweile gibt es das Maislabyrinth in Walldürn seit zwölf Jahren.
Wer erfolgreich den Ausgang aus dem Labyrinth gefunden hat, kann im Hof der Familie Stolz bei Kaffee und Kuchen noch ein wenig entspannen.Die Landwirtin hackt den Mais per Hand heraus, wenn er gerade 20 Zentimeter hoch ist. Das geschieht Mitte Mai. Die kleinen Maispflanzen werden gehäckselt und dann als Futter oder als Biomasse für die Biogasanlage verwendet. Das Labyrinth ist auf 1,3 Hektar angelegt. Die Fläche wird doppelt eingesät, damit es dicht genug ist. Eine ziemlich zeitintensive Angelegenheit also.
Nach unserem kurzen Gespräch kann ich es kaum erwarten, selbst hineinzugehen. "Ja, das macht Spaß!", ruft sie mir noch hinterher und "Vergessen sie nicht, ihr Quiz zu machen!" Sie verschwindet hinter die Kuchentheke, um Besucher zu bedienen und ich mit dem Quiz und der Karte ins Maislabyrinth. Gleich als Erstes fällt mir auf, wie ruhig es auf einmal wird. Die mindestens zwei Meter hohen Maispflanzen ersticken die Geräuschkulisse und überragen mich um einiges. Tatsächlich sehe ich links und rechts von mir nichts außer Mais. Eigentlich beruhigend, wie der Wind durch die Blätter weht, aber auch ein bisschen unheimlich.
Es geht aber noch unheimlicher: Jedes Jahr veranstaltet Monika Stolz am dritten Oktober das Kürbisfest. Ihre Mitarbeiter verstecken sich dann zwischen den Maispflanzen des Grusellabyrinths und erschrecken diejenigen, die sich bei völliger Dunkelheit hineintrauen. Das sei immer sehr beliebt.
Informationstafeln am Feldrand komplettierten das diesjährige Thema „Bienen“.Mir genügt es, den Weg bei Tageslicht zu finden. Schon nach der zweiten oder dritten Abbiegung weiß ich nicht mehr, wo ich hergekommen bin. Genauso wenig habe ich eine Ahnung, wohin ich laufen soll. Ich habe es geschafft, mich zu verirren. Aber noch bin ich zuversichtlich, den Ausgang schnell zu finden.
Mir begegnen andere Besucher – Familien, Jugendliche, Kinder mit ihren Großeltern. Ich bin erleichtert, dass sich in ihren Gesichtern die gleiche Verwirrung spiegelt. Ich schaue auf die Karte, die jeder erhält, bevor er ins Labyrinth geht. Vielleicht bringt’s ja was. Zumindest den Eingang kann ich verorten, aber wo ich tatsächlich stehe, ist reine Vermutung. Sätze wie "Hä, hier waren wir doch schon!", "Das ist nicht der richtige Weg, wir müssen da lang!" oder "Halt! Nicht so schnell" höre ich quasi an jeder Abzweigung. Kurz darauf biegen abgehetzt aussehende Eltern um die Ecke – dicht auf den Fersen ihrer Kinder, die die Wege lachend entlangrennen. Teilweise laufe ich ihnen hinterher, teilweise gehe ich einen anderen Weg.
Wegen Corona war es nicht möglich, das Maislabyrinth so zu betreiben wie immer. Monika Stolz brachte an den Abzweigungen die kleinen Hinweisschilder "Verbot der Einfahrt" oder "Einbahnstraße" an, damit die Besucher nicht in Sackgassen laufen und sich kreuzen. Eigentlich habe sie in diesem Jahr das Maislabyrinth leichter gemacht, bekennt sie.
Verwirrung ausdrücklich erwünschtIch gehe die Wege, die mit "Einbahnstraße" gekennzeichnet sind, und komme an den Quizstationen vorbei, die Monika Stolz aufgestellt hat. Ich nehme das als Anhaltspunkt, nicht völlig abseits der Spur zu sein, und freue mich über diesen Etappensieg. Die 13 Fragen drehen sich rund um die Biene, das Thema des diesjährigen Maislabyrinths. Als kleiner Tipp sind am Feldrand Informationstafeln aufgestellt, auf denen alle Antworten zu finden sind. Am Ende ergibt sich ein Lösungswort, mit dem man an einem Gewinnspiel mitmachen kann.
Weil ich plötzlich anfange, die Fragestationen zu suchen, verlaufe ich mich völlig und komme an der immer gleichen Abzweigung vorbei. Einen Großvater, der gerade mit seinen Enkeln vorbeikommt, frage ich nach dem Weg: "Entschuldigung, wissen Sie, wie ich zum Ausgang komme?" "Ja, das ist gar nicht so schwer", legt er los. "Wir sind gerade am Rand. Sehen Sie die Biogasanlage dort hinten? Wenn sie jetzt den Weg entlanggehen und sich rechts halten, kommen sie an den Ausgang. Oder sehen Sie die Bäume dahinten? In dieser Richtung liegt der Bauernhof, da können Sie auch langgehen. Oder Sie orientieren sich am Sonnenstand." Der Mann scheint sich öfters in Maislabyrinthen aufzuhalten, oder er ist ein Orientierungstalent. Ich hätte auch mal auf die Idee kommen können, mich umzusehen, bevor ich durch den Eingang gehe. Sei’s drum. Ich folge seinen Anweisungen und stehe tatsächlich kurz darauf am Ausgang. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Gefängnisinsasse, der seine Freiheit zurückerlangt hat.
Und ja, um auf Monika Stolz’ Satz zurückzukommen: Es hat Spaß gemacht. Wer dann noch Energie hat, kann im Hof Kuchen essen, in eine Strohhöhle krabbeln oder einfach nur den Kühen beim Fressen zusehen.