Am Mittwoch gab es in der Central-Apotheke keine FFP2-Maske. Am Vortag hatten Berechtigte mehr als 2000 Stück abgeholt. Foto: Janek Mayer
Walldürn. (jam/dpa) Die von der Regierung beschlossene Verteilung kostenloser FFP2-Atemschutzmasken ist angelaufen – und zwar "erwartungsgemäß chaotisch", wie die pharmazeutisch-technische Assistentin Stephanie Reuter gegenüber der RNZ berichtet. In der Central-Apotheke im Herzen Walldürns waren die ersten 2000+ Masken bereits am Dienstag – dem ersten Tag der Ausgabe – vergriffen. Eine Nachbestellung mit weiteren 10.000 Stück soll noch diese Woche eintreffen.
Stephanie Reuter, die Ehefrau des Apothekeninhabers Jan Reuter, findet es gut und richtig, dass die Regierung mit der Verteilung der drei kostenlosen Masken Risikopatienten besser schützt, bezeichnet die Aktion aber als "Schnellschuss". Denn zunächst einmal müssen die Apotheken in Vorkasse treten und sich selbst darum bemühen, die besonderen Masken zu beschaffen, die einen besseren Schutz vor Infektionen bieten als einfache Mund-Nasen-Bedeckungen. Die Bundesmittel dafür, knapp eine halbe Milliarde Euro, werden erst später über einen Fond an die Apotheken weitergeleitet. Wie viele Masken eine Apotheke bestellt, ist also zunächst einmal mit einem gewissen Risiko behaftet.
Dass viele Berechtigte gleich am ersten Tag versuchen würden, ihre drei kostenlosen FFP2-Masken zu ergattern, war vorhersehbar. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hatte Patienten zwar im Vorfeld um Geduld gebeten und appelliert, dass Berechtigte nicht am ersten Tag die Apotheken stürmen sollten – genützt hat das aber deutschlandweit wenig. "Viele Leute kamen nur für die Masken", berichtet PTA Reuter über den Run auf die Central-Apotheke am Dienstag. Damit die Maskenausgabe den normalen Betrieb nicht behindert, mussten sie und ihr Team eine eigene Station einrichten.
Neben dem logistischen Problem bemängelt Stephanie Reuter, dass sich gar nicht überprüfen lasse, ob Leute das kostenlose Angebot ausnutzen. "Wir kennen die meisten Kunden, die zu uns kommen. Aber wir können nicht verhindern, dass Personen auch noch nach Buchen in die Apotheke gehen, um weitere Masken abzuholen." Die Walldürner Central-Apotheke appelliert also – wie alle anderen – an die Solidarität der Berechtigten.
Dazu gehören nicht nur alle Menschen ab 60 Jahren, sondern auch Jüngere mit Vorerkrankungen wie zum Beispiel Asthma, Demenz, Diabetes oder chronischer Herz- oder Niereninsuffizienz. Schlaganfall- und Krebspatienten sowie Risikoschwangere und Menschen mit Trisomie 21 sind ebenfalls berechtigt, sich bis 6. Januar ihre drei kostenlosen FFP2-Masken in der Apotheke abzuholen. Im neuen Jahr soll es für diese Personen zwei weitere Pakete mit jeweils sechs FFP2-Masken geben. Die Krankenkassen schicken ihren Versicherten dazu fälschungssichere Coupons zu, die sich mit einer Eigenbeteiligung von zwei Euro in der Apotheke einlösen lassen.
Die eher chaotische erste Ausgabe seit Dienstag geht auf den Plan von Gesundheitsminister Jens Spahn zurück, Risikopatienten noch in der Vorweihnachtszeit mit einem Vorrat an FFP-2-Masken auszustatten. Spahn betont allerdings: "FFP2-Masken bieten keinen 100-prozentigen Schutz vor dem Coronavirus. Sie sind kein Freifahrtschein dafür, unachtsam zu sein. Aber sie senken das Risiko erheblich."
Inwieweit die Aktion mit zunächst drei und später weiteren zwölf FFP2-Masken Risikopatienten tatsächlich durch den Winter helfen kann, wird noch diskutiert. Denn: Offiziell – also zumindest im Rahmen des Arbeitsschutzes, wo FFP2-Masken gewöhnlich eingesetzt werden – sollen die FFP2-Einwegmasken nach einer Schicht von maximal acht Stunden oder bei Durchfeuchtung entsorgt werden. Das Robert-Koch-Institut schreibt sogar: "FFP2-Masken [sollten] grundsätzlich nicht mehrfach verwendet werden, da es sich in der Regel um Einmalprodukte handelt."
Weil die Berechtigten die Masken in ihrem Alltag aber wohl selten acht Stunden am Stück tragen, sondern eher jeweils für kurze Zeit im Supermarkt oder beim Tanken, werden viele Menschen sie vermutlich wiederverwenden. In diesem Fall sollte man die Masken zwischen den Trage-Intervallen so lagern, dass sie gut trocknen und keine Gegenstände kontaminieren. "Bewahren Sie wiederverwendbare Mund-Nasen-Bedeckungen vorübergehend in einem separaten Beutel auf", rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und ergänzt: "Zu Hause können Sie die Mund-Nasen-Bedeckung auch zum Trocknen aufhängen." Die FFP2-Masken lassen sich aber – im Gegensatz zu wiederverwendbaren Mund-Nasen-Bedeckungen – weder im Backofen noch in der Mikrowelle sterilisieren.
Die 15 Masken der Bundesregierung helfen Risikopatienten also nicht, um jeden Tag geschützt unter Leute zu gehen. Das bestätigt auch Apothekerin Stephanie Reuter: "Die oberste Priorität ist weiterhin: zuhause bleiben und Kontakte vermeiden."