Die Redner bei der Gedenkfeier waren sich einig, dass die Erinnerung an die Kriege und die vielen Opfer nicht in Vergessenheit geraten dürfe. Gerade in der heutigen Zeit sei sie ein wichtiges Mahnmal gegen Nationalismus und Diskriminierung. Foto: Adrian Brosch
Walldürn. (adb) Der Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaften wurde am Sonntag bei der Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertags auf dem Friedhof gedacht. Mit getragenen Klängen untermalten die von Meikel Dörr dirigierte Odenwälder Trachtenkapelle und der gemischte Chor des Männergesangvereins "Frohsinn" unter Leitung von Michael Wüst musikalisch den Vormittag. Nach dem Einzug zum Kriegerdenkmal stimmte Hauptmann Thomas Kaiser mit dem Gedicht "Wenn jeder eine Blume pflanzt" von Peter Härtling sowie tiefsinnigen Gedankengängen zum Volkstrauertag auf den Hintergrund der Veranstaltung ein.
Als Kommandeur des Logistikbataillon 461 erinnerte Oberstleutnant Christoph Werle in seiner Gedenkansprache an das im Zeichen zweier Kriege stehende Jahr 2018: Vor 400 Jahren begann der 30-jährige Krieg, während vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg endete. "Die Kriege hinterließen Tod, Trauer und tiefe Wunden in den Seelen der Menschen", erklärte er.
Dass man seit 73 Jahren die längste kriegsfreie Zeit auf deutschem Boden genieße, sei ein großes Geschenk. "Nur Versöhnung, Kooperation und Anerkennung können diesen Frieden dauerhaft währen lassen", hielt Werle fest und blickte auf die Gründung des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge zurück, der Hinterbliebenen seinerzeit einen Ort der Trauer schenkte.
Den Volkstrauertag bezeichnete er als "Tag der stillen Einkehr", den man auch zur "Immunisierung gegen diskriminierende Parolen" nutzen möge - zeichne sich doch aktuell eine Renaissance des Nationalismus’ ab. "Solche Entwicklungen begünstigen Kriege", mahnte er an. Umso wichtiger sei der Volkstrauertag, um sich mit dem Leid der Opfer von Kriegen und politischer wie religiöser Verfolgung auseinanderzusetzen und den hohen Wert demokratischer Ideale auf ein Neues achten zu lernen.
Nachdem die Chorsänger das Werk "Dona nobis pacem" vorgetragen hatten, wartete Pfarrer Karl Kreß mit ähnlich eindrücklichen Worten auf. Im Namen beider Kirchengemeinden sowie der evangelischen und katholischen Militärseelsorge kam der Geistliche zu einem nachdenklich stimmenden Fazit. "Deutschland beginnt, die Kriege und die unfassbaren Opferzahlen zu vergessen", hielt Kreß angesichts jährlich sinkender Besucherzahlen und des geringen Interesses junger Mitbürger am Volkstrauertag fest. Gerade Kinder würden den Volkstrauertag und seine Bedeutung oft nur noch peripher kennen - wenn überhaupt. "Dabei ist es eine Schuld, die nie vergessen werden darf", betonte Kreß und stellte auf eloquente und zu Herzen gehende Weise die "modernen Rattenfänger" an den Pranger, durch die Ideen zu Ideologien und Menschen gegeneinander aufgehetzt werden. "Wir können vieles vergeben, aber nicht vergessen", erklärte er und ermutigte dazu, den von Jesus vorgezeichneten Weg der Liebe und des Verständnisses miteinander zu beschreiten.
Unter Trommelwirbel wurden schließlich an der Gedenkstätte die Kränze des VdK und Sozialverbands Deutschland, des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Stadt Walldürn und des Bundeswehrstandortes zu Ehren der in beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten niedergelegt.
Nach einem weiteren Choral der Odenwälder Trachtenkapelle hielt Bürgermeisterstellvertreter Theo Staudenmaier in seiner Ansprache zum Gedenken für die Verstorbenen aus allen Kriegen sowie aus Terror, Vertreibung und Folter an. "Der Volkstrauertag versteht sich nicht als langweilige und eingestaubte Tradition, sondern als unverändert wichtige Mahnung und Herausforderung zugleich", sagte Staudenmaier und verwies einmal mehr auf Vergangenes, das sich nie wiederholen dürfe: "Die leidvollen Erfahrungen aus sämtlichen Kriegen verpflichten uns dazu, alles auf den Frieden zu setzen", erklärte er.
Bevor die gemeinsam angestimmte Nationalhymne die Feier beendete, dankte Staudenmaier allen Mitwirkenden.